2174 - Anguelas letzter Tag
anfangen konnte nachzudenken. Mit demselben Atemzug verwandelte sich die Zentrale des AGLAZARS in ein Chaos aus Thermofeuer. Schreiende Eltanen torkelten über das Podest in der Mitte, lebendige Zielscheiben, den Schützen vor die Strahler. Fünfzig Eltanen starben mit dem ersten Feuerschlag.
Die Valenter kamen nicht herein. Das mussten sie nicht, erkannte er, weil sie ihr Ziel von außen leicht erreichen konnten. VAIA hilf! Ein Haufen Leichen begrub das Podest in der Zentralemitte, ganz unten Agehr und die Kommandantin. Medoroboter explodierten in der Luft, Splitter flogen und rissen grauenhafte Wunden. Gellender Alarm, der beißende Geruch nach verbranntem Fleisch, eine Gestalt wankte qualmend in Vampuces Richtung und brach als Fackel zusammen. Dann schafften es einige zu den Türen. Die Valenter standen wie ein lebendiges Gitter. Vampuce konnte es nicht sehen, doch er war sicher, dass kein Eltane an ihnen vorbei hinaus gelangte. Nicht gegen Raubtiere in Uniform, mit gebleckten Zähnen und einem röhrenden Gebrüll, das die winselnden Eltanenlaute unter sich erstickte.
Aber sie sorgten für ein Knäuel, das so leicht nicht zu entwirren war. Vampuce wartete mit einer Nervenkraft, über die er selbst nur staunen konnte, exakt diesen Augenblick ab. Die alten Mechanismen waren plötzlich da. Er schnellte sich durch die halbe Zentrale bis zum Wartungsschott an der Funkgalerie. Mit zwei Handgriffen stand das Schott offen. Eine Art Schacht führte in die Tiefe unterhalb der Zentrale. Jo Vampuce rutschte durch die enge Öffnung. Zu eng für klobige Valenter. Er ließ sich fallen, rutschte ein paar Sekunden, prallte mit mäßiger Wucht auf den Grund drei Meter unterhalb des Schlachtfeldes. Kriechend brachte er so viele Meter wie nur möglich zwischen sich und die Tunnelmündung. Die Strahlerschüsse und die Schreie verfolgten ihn, bis er einen quer verlaufenden, für Wartungsrobs geschnittenen Korridor erreichte. Vampuce machte sich klein. Dann verstummte alles wie abgeschnitten. Er härte ein seltsames wimmerndes Geräusch, und er begriff, dass er selbst es war, der nicht aufhören konnte zu weinen.
Jo Vampuce verhielt ausgepumpt, als ein halber Kilometer Kriechgang hinter ihm lag. Eine Art Knotenpunkt erlaubte ihm, sich aufzurichten. Dioden streuten kaltes Licht in den Raum. In einer reflektierenden Fläche erkannte Jo Vampuce sein Spiegelbild; ein mickriger Eltane in zerfetzter brauner Robe. „Wie fühlt man sich als Überlebender?", zischte er zu sich selbst, in hilflosem Zynismus angesichts eines Massakers, das sein Begriffsvermögen überstieg. Die Antwort, gegen sein Spiegelbild geschmettert: „Elend und verflucht!" Er konnte sich verbergen, bis ihm die Kraft ausging, bis er verhungert oder verdurstet war. Bis die Valenter das Wartungsnetz voll Stickstoff pumpten.
Aber das war nicht die Sorte Ende, die er sich erträumte. Selbst wenn Eifage Agehr tausendmal tot war, er wollte den Aufgaben eines Sekretärs gerecht werden.
Vampuce hielt es für seine Pflicht, auf Caldera Bericht zu erstatten. Die mentale Welle, die Meuterei der Valenter. Agehrs Ende. Er musste Anguela Kulalin sprechen - wen sonst, wenn nicht den Verkünder in Person. Fragte sich nur, wie er aus dem AGLAZAR entkommen sollte. Jedenfalls nicht mit einem Versteckspiel im Wartungsnetz. Er musste heraus aus den Schächten.
Vampuce entdeckte neben dem Außenschott eine Art Ablage. Diverses Werkzeug lagerte in offenen Fächern. Der Eltane prüfte, was sich als Waffe verwenden ließ.
Seine Wahl fiel auf einen Mikroschweißer mit einem doppelt fingerlangen Docht. Als er die Schutzmanschette von der Kuppe zog, kam eine nadelfeine Spitze zum Vorschein. Vampuce drückte die Manschette auf die Spitze zurück und steckte das Schweißgerät ein. Vampuce öffnete das Wartungsschott, das von dem Knotenpunkt aus ins Freie führte. Vor ihm lag ein endlos langer Korridor. Niemand in Sichtweite, weder Valenter noch Eltanen. Er taumelte aus der dunklen, engen Wärme in die kühle Atmosphäre hinaus. Ein Sauerstoffschock blies ihm schwarze Flecken vor die Augen.
Von überall tönten Geräusche wie Strahlerschüsse oder tausendfach verzerrte Todesschreie. Vampuce begriff, dass im AGLAZAR gekämpft wurde. Die Valenter hatten nicht gewonnen, noch nicht, aber es war nur eine Frage der Zeit. Valenter kämpften von klein auf. Sie bekamen das Töten in frühester Jugend beigebracht.
Alles drängte Vampuce, seinen Artgenossen beizustehen. Vielleicht konnte er zwei
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