2177 - Das Zirkular
schon sehr lange und habe viel Erfahrung, aber bin ich deswegen gegen Versuchungen gefeit? Mir ist jedes Leben heilig... ja, selbst das der Kattixu, denn wer bin ich, sie zu verurteilen? Ich kenne ihre Motive nicht. Die Helioten scheinen der Feind zu sein. Aber sie will ich aufhalten, nicht auslö schen. Auch sie haben ein Recht auf Leben, und tötete ich sie ohne Not, wäre ich nicht besser als sie.
Eines Tages würde ihm vielleicht nichts anderes übrig bleiben. Aber so weit wollte Alaska es nie kommen lassen. Das Bewusstsein, etwas in der Hinterhand zu haben, einen allerletzten Ausweg, genügte ihm, um nie die Hoffnung aufzugeben. Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft waren, konnte er zu diesem Mittel greifen. Aber nicht vorher.
Alaska nahm den letzten Felsen in Angriff und wollte gerade um die Ecke biegen, als er eine Unruhe bemerkte. Vögel flatterten schnatternd auf, kleinere Tiere huschten davon. Aber nicht seinetwegen, denn ein paar Vögel ließen sich in seiner Nähe nieder. Alaskas Misstrauen war sofort geweckt. Vorsichtig. tastete er sich voran, schaute um die Ecke, dann über den Vorsprung, und da sah er ihn. Am Fuß des Felsens, etwa zehn Meter unter ihm, schlich ein Kattixu herum. Allein.
Alaska spähte angestrengt in die Umgebung, aber er konnte keine weiteren dieser schattenhaften, grünlich leuchtenden Wesen von zwei Metern Größe ausmachen. Der Kattixu wirkte humanoid, aber das hatte nichts zu bedeuten. Ein Verzerrerfeld verbarg seine wahre Gestalt. Das Wesen trug eine schwere, tiefblau metallische Waffe in Händen, deren Konturen keineswegs verschwommen wirkten, sondern greifbar real. Alaska spürte bis zu sich herauf eine gefährlich wirkende, aufwühlende Ausstrahlung, die ihre Wirkung auch auf die Tiere nicht verfehlte. So gesehen hatte es der Kattixu nicht leicht, sich anzuschleichen, Alaska war da eindeutig im Vorteil.
Alaska fragte sich, wieso er allein und zu Fuß hier unterwegs war. Wollte der Kattixu ihn vor allen anderen finden? Immerhin war er ihm schon sehr nahe gekommen. Der Mann mit der Maske griff sich unwillkürlich an den Hals, doch das Tarnkappenband war nicht wie durch ein Wunder wieder aufgetaucht, es lag verloren irgendwo draußen in der Wüste. Der Kattixu schnüffelte eine Weile in den Büschen herum, dann zog er sich plötzlich zurück. Er entschwand Alaskas Blickfeld. Der Mann mit der Maske saß in der Klemme. Ihm blieb keine andere Wahl, als weiterzugehen, andererseits lauerte hier irgendwo der Zeitbrunnenjäger.
Ein Blick zum Himmel sagte Alaska, dass er dringend weiter musste. Der Grund der Schlucht lag bereits im Schatten. Er musste mit den Mochichi Kontakt aufnehmen.
Noch während er den Gedanken zu Ende führte, versank die Sonne hinter einem Grat.
Bald würde die Dämmerung kommen, das Zwielicht, das die Schatten zum Leben erweckte, und schließlich die dunkle, mondlose Nacht. Den Notruf abzusetzen wurde zusehends dringlicher, aber zuerst musste Alaska mehr Abstand zwischen sich und den Kattixu bringen. Mit größter Vorsicht setzte Alaska seinen Marsch fort. Er musste jeden Moment darauf gefasst sein, dass der Kattixu ihn entdeckte. Vielleicht traf ihn auch ein Schuss aus dem Hinterhalt...
Den Kattixu musste die Ungewissheit ebenso quälen. Er konnte nicht wissen, ob Alaska bewaffnet war, über welche Fähigkeiten er verfügte. Der Zeitbrunnenjäger sah den Terraner nicht, aber er musste spüren, dass er sich irgendwo in der Nähe befand. Seine Ortungssysteme hatten ganz offensichtlich Schwierigkeiten, die Spur des Gesuchten aufzunehmen, obwohl Alaska die Tarnkappe nicht mehr trug. Alaska hätte es nicht überrascht: Die Kattixu verfügten zwar übet eine hoch spezialisierte Technik, aber sie schien nicht universell anwendbar. Das lag vielleicht daran, dass die Zeitbrunnenjäger normalerweise nur mit geballter Kraft vorgingen, nicht einzeln wie dieser hier. Ihre Geräte waren möglicherweise nicht empfindlich genug und operierten deshalb nach einem groben Raster: Wer ungefähr hineinpasste, wurde eliminiert, zusammen mit einem Großteil der unmittelbaren Umgebung.
So mussten die beiden Wesen ihren Weg suchen, während sie sich umlauerten, vielleicht sogar umkreisten. Wer würde sich als Erster in die Ebene hinauswagen, ins offene Gelände ohne Deckung? Oder warteten beide den Einbruch der Nacht ab?
Schließlich hatte Alaska das Ende der Felsenregion erreicht. Von hier aus war es nur noch ein kleiner Sprung in die Ebene, und dann hatte er keine
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