2177 - Das Zirkular
Warteposition.
Immerhin hatte er die Schläfer nun entdeckt. Aber das Rätsel ihres Überlebens war damit noch lange nicht gelöst. In diesem Augenblick materialisierte Elle Ghill neben dem Oxtorner. „Wir müssen fort!", sagte sie hastig, „In kürzester Zeit werden sie unseren Unterschlupf gefunden haben! Ein Glück, dass wir mit den Vorbereitungen für die Evakuierung fast fertig sind, wir nehmen alles mit, was ..."
Dann entdeckte sie die beiden Algorrian. „Heiliger Thoregon!", entfuhr es ihr, und die wächserne Blässe ihrer Knorpel wechselte zu Fahlgrau. Wenn die Fesselfelder ihres Anzugs sie nicht in der Mulde gehalten hätten, wäre sie herausgefallen; Monkey konnte deutlich sehen, wie sie zusammensackte. „Es ist ... doch unmöglich", flüsterte die Mochichi dann tonlos. „Ich ... Nein, ich darf dieses Wort nicht mehr gebrauchen.
Ich sehe es ja selbst. Du hast es geschafft! Wie ist dir das gelungen?" .„Ich bin den Hinweisen des Lamuuni gefolgt, wie ich bereits sagte", versetzte Monkey.
Elle Ghill schwebte näher an die gläsernen Särge heran; der Alarm war völlig vergessen. Andächtig berührte sie eine Scheibe. „Leben sie? Können wir Kontakt mit ihnen aufnehmen?"
„Dem Augenschein nach widerspricht es allen Naturgesetzen, dass sie leben", antwortete Monkey. „Aber der Lamuuni bleibt dabei, dass sie schlafen. Bevor sie materialisiert sind, hatte ich einen mentalen Kontakt, aber ich weiß nicht, ob er technischer Natur war oder ob er von einem der Algorrian kam. Momentan jedenfalls können wir nicht mit ihnen kommunizieren."
„Mysteriös"; murmelte Elle. „Und ein Wunder. Unfassbar. Ich hätte das nie ..." Sie wandte sich Monkey zu. „Ich weiß nicht, welche Götter euch geschickt haben, aber der Zeitpunkt hätte kein besserer sein können. Doch wir sollten später weiter philosophieren, wir werden jeden Moment entdeckt. Wir müssen fort."Sie funkte ihre Artgenossen an. „Zwei von euch kommen umgehend mit acht Math-Patas hierher. Wir haben eine kostbare Fracht."
Zu Monkey gewandt sagte sie: „Lieber verzichten wir auf alles andere. Zwei Math-Patas auf jeder Seite, das müsste reichen zur Stabilität. Und dann... Nein, ich kann es einfach nicht fassen. Wenn ich mir vorstelle, was sie uns zu erzählen haben ..."
Die beiden Mochichi, die direkt vor den bei den Särgen materialisierten, waren ebenfalls sprachlos... „Macht schon!", schnappte Elle. „Zum Gaffen habt ihr später noch Zeit. Wir müssen weg!" Die Mochichi befestigten die Math-Patas an den Seitenwänden, aktivierten das Holodisplay und schlossen jeweils vier Fluggeräte zu einem Verbund zusammen. Sie wurden darauf programmiert, auf Sprachbefehl mit einem bestimmten Kodewort zu folgen. Dann verließen alle die Kammer und schwebten zur Stadt hinunter, wo bereits Alaska und weitere Mochichi auf sie warteten.
9.
Gefunden 26. April 1312 NGZ Die gläsernen Särge sorgten für erhebliches Aufsehen. Die Mochichi scharten sich zusammen und bestaunten die Algorrian. „Sie wirken so lebensecht", bemerkte jemand. „Ganz anders als die Statuen in Ligohu."
„Das liegt daran, dass sie echt sind", kommentierte Elle. „Und nicht nur das, sie leben noch."
„Aber sie wirken wie in Glas gegossen! Wo sind die Lebenserhaltungsmaschinen? Sie können da drin noch nicht einmal atmen!", protestierte ein anderer.
Elle klappte den horizontalen Knorpelwulst auf und zeigte ihre Zähne. „Schluss jetzt!
Die Antworten werden uns die Algorrian selbst geben, sobald wir sie in Sicherheit gebracht haben und sie erwacht sind. Jetzt müssen wir uns vordringlich um die Evakuierung kümmern. Wir ..." Schlagartig wurde es dunkel. Von Osten her flog ein riesiges Gebilde auf die Sonne zu, schob sich davor und verdeckte sie. Das fliegende Objekt kam rasch lautlos näher und nahm dabei bald immer gewaltigere Ausmaße an.
Sein Schatten fiel auf die Wüste Gemb herab, kroch sekundenschnell auf das Gebirge zu, tauchte einen Berg nach dem anderen in Dunkelheit, stanzte das ganze Umland geradezu heraus und verschluckte es, verleibte es sich seiner allumfassenden Finsternis ein. Noch immer war nichts zu hören, der Schall war noch nicht angekommen. Umso gespenstischer war diese Szenerie, als das tiefschwarze Weltraumtraktor-Basisschiff der Kattixu sich langsam herabsenkte. Es bedeckte schon fast den ganzen Himmel, eine manifest gewordene düstere Prophezeiung.
Nichts und niemand konnte sich dem Giganten entgegenstellen. Eine Flucht schien unmöglich.
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