2186 - Der neue Souverän
verantwortlich. Wir haben beschlossen, eure Körper und Gehirne zu rekonstruieren. Ihr habt eure Rolle als genetische Lieferanten erfüllt. Nun werden wir wieder lebendige Wesen aus euch machen - sofern uns das überhaupt möglich ist ..."
War diese Ewigkeit eine, weil er nicht enden wollende Qualen litt, oder verstrich wirklich so viel Zeit? Er litt Schmerzen, wenn er einen Arm bewegte, ein Bein, den Kopf. Etwas stimmte mit seinem Körper nicht. Wenn er mit dem rechten Bein einen Schritt tat, pochte der Fuß, weil sein Gelenk nicht richtig saß und das linke Bein viel länger war. Den rechten Arm konnte er gar nicht bewegen, den linken nur halb heben. Den Kopf konnte er weder zur Seite drehen noch heben. Und, jede Bewegung rief brennende Pein in seinem Torso hervor. Seinen Gefährten ging es kaum besser.
Sie bewegten sich abgehackt und unbeholfen, und auch ihre Gliedmaßen waren nicht gleich lang.
Wenigstens waren die Genetiker von Kaaf nett zu ihnen. Er kannte sie nicht, wünschte, er könnte sich erinnern, wie er zu ihnen gestoßen war, aber sie versorgten sie, gaben ihnen Nahrung und Unterkunft und jede erdenkliche Hilfe. Zum Beispiel stellten sie ihnen Begleiter zur Verfügung. Es waren kalte, metallene Wesen, deren Gliedmaßen nur aus Knochen zu bestehen schienen und die sich genauso ruckartig bewegten wie sie selbst. Nach einer Ewigkeit ging es ihm wieder besser, hatte er wieder eine gewisse Bewegungsfähigkeit erlangt. Die kalten Wesen halfen ihm, längere Strecken zurückzulegen. Sie führten ihn und die anderen durch eine seltsame Umgebung. Kleine Katarakte aus Wüstensand ergossen sich in tiefe Gruben, in denen die Insektenwesen schwammen und tauchten. Glatte Kiesel türmten sich zu Obelisken auf, die lang gezogene Schatten warfen. Blattlose, tote Bäume säumten Wege, die von Schotter aus winzigen, spitzen Steinen bedeckt waren.
„Was ist das für eine skurrile Landschaft?", fragte er. „Ein Park, der das Genetische Kaafix umgibt."Die Auskunft half ihm nicht weiter. Er wusste weder, was ein Park, noch, was ein Genetisches Kaafix war. Ihm wurde erneut klar, dass er große Teile seines Gedächtnisses verloren hatte. Die Spaziergänge wollten kein Ende nehmen und die Schmerzen, die sie ihm bereiteten, ebenfalls nicht. Er verspürte nur einen einzigen Trost und den auch nur in gewisser Weise: Coronas Gegenwart. Sobald er sie sah, wurde er tief in seinem Inneren berührt. Irgendwann war er davon überzeugt, dass dieses Gefühl für sie am stärksten auf das Wesen seiner Persönlichkeit hinwies.
Diese Liebe schien fast das Einzige zu sein, was ihm geblieben war.
Dies - und diffuse Träume, denen er sich hingab, wenn er sich zur Ruhe betten durfte. Träume von einer Heimat, deren Namen er nicht festhalten konnte ... Der wie L’Erics klang oder zumindest so ähnlich. Manchmal schaute Superb-Genetiker 17 nach ihm und begleitete ihn auf seinen Streifzügen durch das Kaafix und den Park. Er beantwortete seine Fragen, aber diese Antworten warfen immer wieder neue Fragen auf - falls er sie überhaupt verstand und mit ihnen etwas anfangen konnte. Eines Tages entdeckte er in einem Reagenztank eine große schwarze, formlose Masse, umgeben von einer Atmosphäre aus Wasserstoff. „Was ist das?", fragte er. „Ist das so etwas, wie ich es bin?"
„Wie du' es warst", antwortete Superb-Genetiker
17.
„Mit diesem Wesen haben wir seit langer Zeit experimentiert. Die Versuche führten jedoch zu keinem greifbaren Ergebnis. Nun ist es wertlos für uns."
„Wertlos", wiederholte er kalt. „Warum vernichtet ihr es dann nicht?" Das Insektenwesen antwortete nicht darauf. Doch der Anblick des Geschöpfs schien etwas in ihm auszulösen. Ganz kurz huschte der Name des Wesens durch sein Bewusstsein. Grek. Aber dann hatte er ihn schon wieder vergessen. Andere Dinge blieben. Er behielt alles, was er neu lernte, konnte sich aber an kaum etwas von dem erinnern, was gewesen war, bevor die Roboter die Spaziergänge durch den Park des Genetischen Kaafix mit ihnen begonnen hatten.
„Seltsam", meinte Superb-Genetiker 17 dazu. „Eure Geistesgaben kommen wieder, nur nicht das Gedächtnis." Dann wurde seine zischende Stimme wieder hart. „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber zufrieden können wir mit dem Erreichten nicht sein." Daraufhin bemühte er sich mit aller Gewalt, wieder zu finden, was er verloren hatte. Tag für Tag focht er einen schweren Kampf mit sich selbst aus. Das Wissen existierte noch irgendwo, er spürte
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