2188 - Gekapert
Charaktereigenschäften, die in unserem Kulturkreis als negativ empfunden werden. Wir ordnen uns- lieber unter, fügen uns ein. Nicht irgendwo -denk daran, Tek und ich sind Aktivatorträger, wir gehören einer zahlenmäßig sehr kleinen Elite an. Aber wir sind es gewohnt, Entscheidungen kollektiv zu fällen/ Und wenn es nicht gerade hart auf hart geht, hören wir auch alle anderen an, die glauben, etwas beitragen zu können."
Die Algorrian schüttelte sich. „Das ist mühselig und ineffektiv."
„Nein", sagte Dao gepresst, denn sie lag sehr verdreht und bekam wenig Luft, „dieser Meinung bin ich nicht. Wenn die Zeit zu knapp für Beratungen ist, bestimmt Atlan. Weil er mit Abstand am meisten Erfahrung besitzt. Falls nur noch einer entscheiden kann, dann ist das er. Aber alle, er selbst eingeschlossen, sind sich bewusst, dass er Fehler machen kann und darf. Klar?"
Le Anyante verschränkte ihre vier Arme paarweise, Schnalzte mit der Zunge und kratzte sich am Ohr. „Diese Auffassung untergräbt jede Autorität."
„Mitnichten. Sie stärkt sie. Atlan braucht uns anderen nichts vorzuspielen, genauso wenig wie Fee Kellind oder Tekener. Wir wissen, was wir aneinander haben. Wir schätzen einander, und wir begegnen einander mit Zuneigung und Respekt. So, wie wir gerne auch euch gegenübertreten würden. Wenn ihr das nur zuließet!"
Dao-Lin blickte zu der Algorrian hoch, die näher getreten war und weiterhin mit dem Tivar-Gewehr auf sie zielte. Ihre Handhaltung wirkte verkrampft,, das Tänzeln ihrer vier Beine nervös..
Als erfahrene Exo-Psychologin hütete sich Dao-Lin freilich, solchen Anzeichen vorschnell bestimmte Bedeutungen zuzumessen. „Ich könnte", sagte Anyantewie Dao schien, etwas verhaltener als bisher -, „diesen Atlan niemals als Autoritätsperson anerkennen. Seine Augen tränen in aller Öffentlichkeit! Er flennt pausenlos, wie ein Kleinkind, das die ersten Zähne bekommt. Das ist widerlich. Kein Algorrian würde Befehle von einem greinenden Baby entgegennehmen."
Dao-Lin-H'ay griff sich entgeistert an den Kopf, beschmierte sich dabei mit Blut. Sie lag in einer dunkelroten Lache; offenbar hatte sie sich die Beine an den herumliegenden Scherben aufgeschnitten. Sie spürte nichts davon. Doch das war jetzt zweitrangig. „Das ist es also?", rief sie ungläubig. „Diese winzige Äußerlichkeit? Meine Güte, seid ihr wirklich so verbohrt und selbstbezogen?"
Aber natürlich sind sie das!, gab sie sich in Gedanken selbst die Antwort.
Die Algorrian waren die erklärten Lieblinge der Superintelligenz THOREGON gewesen, als Einzige in deren Natur und Pläne eingeweiht. Sie standen über Jahrmillionen unangefochten an der Spitze der rund vierhundert Völker im Sternhaufen: Erst kamen die Algorrian, dann kam lange nichts - dann ein Heer von für sie gesichtslosen Dienern und Handlangern.
Anyante und Varantir mussten nie mit einem Volk kooperieren, das auch nur annähernd auf ihrer Stufe gestanden hätte. Somit haben sie auch nie gelernt, Fremde anders zu beurteilen als nach ihren eigenen Maßstäben und Gewohnheiten ...„Atlans Augen tränen", erläuterte Dao, „wenn er aufgeregt oder angespannt ist. Das ist bei seinem Volk, den Arkoniden, nun einmal so. Da findet niemand von uns etwas dabei. Umgekehrt gilt es bei uns zum Beispiel als nicht gerade schicklich, sich auch über Duftnoten auszudrücken, wie dies Varantir recht häufig praktiziert. Aber auch darüber sehen wir ganz selbstverständlich hinweg. Es gibt einen Spruch: Andere Sonnen, andere Sitten."
Die Tentakelbarten der Algorrian spielten an ihren Ohrbüscheln. „Er stinkt manchmal ziemlich penetrant, nicht wahr?", fragte sie dann leise. „Zumindest für unsere Verhältnisse."
„Für unsere auch."
Dao-Lin jubilierte innerlich. Das war ein ganz entscheidender Durchbruch.
Jetzt vorsichtig nachsetzen! Diesen ersten Funken von gegenseitigem Verständnis ganz, ganz behutsam nähren, damit er nur ja nicht wieder erlischt...
Doch in diesem Moment verschwand das energetische Gitter um Varantirs Kopf. Sofort stürzte Le Anyante zu ihm und begann seinen Körper mit einer Art Akupressur zu bearbeiten. Ihre Gesprächspartnerin würdigte sie keines Blickes mehr.
Erschöpft ließ Dao ihren Kopf auf den feuchten Boden plumpsen. Verflucht, dachte sie, ich war schon so nahe dran.
Später, nachdem die Paralyse abgeklungen war, Dao die Suite der Algorrian verlassen und ihre Schnittwunden versorgt hatte, rekapitulierte sie mit Tek die Ereignisse. „Eine
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