2188 - Gekapert
mitgeteilt, dass sie das Ansorja-System erreicht hatten. Und er hatte sie in die Zentrale gebeten.
Dort war inzwischen ein eigener, erhöhter Platz für sie geschaffen worden. Nicht ganz so prominent wie die Missionsstationen der Kommandantin und der Expeditionsleitung, aber immerhin.
Normalerweise hätte Curcaryen in einem solchen Fall sofort schärfstens protestiert und garantiert keine Ruhe gegeben, bis der Platz des Oberbefehlshabers an ihn abgetreten worden wäre.
So aber nahm er die Geste, die möglicherweise versöhnlich gemeint war und dennoch einen Eklat darstellte, ohne jeglichen Kommentar hin. Ebenso ruhig, für seine Verhältnisse nachgerade apathisch, verfolgte er die Darstellungen auf den Holoschirmen.Und genau das behagte Anyante ganz und gar nicht.
Was ihr Mann solcherart in sich hineinfraß, kam unweigerlich irgendwann wieder aus ihm heraus - und dann meist explosionsartig.
Ansorja war eine gelbprangefarbene KOV-Sonne, Tulacame 2 der erste von acht Planeten.
Die Zwei im Namen bezog sich, wie Tek inzwischen wusste, nicht auf die Position im System, sondern darauf, dass es sich bei dieser Welt um das zweite Tulacame, die zweite Heimat der Algorrian, handelte.
Das System, in das sie nun mit Unterlichtgeschwindigkeit einflogen, präsentierte sich vollständig verlassen.
Keinerlei Wachposten wurden angemessen, keine Sonden, rein gar nichts.
Nur die Sonne Ansorja, die acht Planeten - und die Station im Orbit von Tulacame 2.
STASIS 01!
Eine weitere technische Meisterleistung der Algorrian.
Aus den Erinnerungen Varantirs und Anyantes war Tekener das vorläufig letzte Kapitel in der Geschichte dieses erstaunlichen Volkes bekannt.
Nachdem sie die Brücke in die Unendlichkeit konstruiert haben und diese fehlerfrei funktioniert, stellen sich bei den Algorrian erste Anzeichen einer gewissen Dekadenz ein. Rasch wird den führenden Geistern jener Epoche klar: Solange ihr Volk keine Aufgabe hat, die es bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeitfordert, ist der Niedergang nicht dauerhaft aufzuhalten.
Denn die Algorrian waren ein altes, reifes Volk; reif genug, um von der kosmischen Bühne abzutreten.
Jahrhunderttausende dauernde Phasen relativer Ereignisjosigkeit würden sie letztlich in völliger Bedeutungslosigkeit versinken lassen.
Also entwickeln sie eine kühne Idee: Wenn sich der Niedergang nicht aufhalten lässt - dann vielleicht die Zeit selbst?
Und sie begannen, eine Stasisvorrichtung zu bauen. Eine Maschine, geeignet, einen ganzen Planeten und ein ganzes Volk in Zeitlosigkeit zu versetzen!
Mögest du nur in interessanten Zeiten leben, dachte Tek: Die Algorrian haben den alten chinesischen Fluch erfüllt.
Auf diese Weise übersprangen Le Anyante und Curcaryen Varantir zwischen zwei Inkarnationen nicht weniger als vierzehneinhalb Millionen Jahre. In dieser Zeit waren ihre Artgenossen nur einige wenige Male für kurze Einsätze aus der Stasis erwacht.
Nach der Erledigung ihres letzten großen Auftrages für THOREGON kündigen die Algorrian der Superintelligenz den Dienst auf. Mit THOREGONS Streben, ein eigenes Kosmonukleotid zu erschaffen und sich so auf die Stufe der Kosmokraten zu erheben, wollen sie nichts zu tun haben. Denn auch von diesen haben sie sich losgesagt: Freilich ließen sie sich ein Hintertürchen offen. Sie hofften ja inständig, dass ihre Superintelligenz in ferner Zukunft einen Sinneswandel vollziehen würde.
Daher verlassen sie den Sternhaufen nicht. Nicht räumlich; doch gewissermaßen in der vierten Dimension: Sie setzen STASIS 01 abermals in Betrieb. Und Varantir verändert die Programmierung dahin gehend, dass niemand außer ihm die Zeitstation abschalten kann.
Nur zweitausend Freiwillige blieben als Wachmannschaft zurück, begaben sich in einem kleinen Raumschiff nach Arth Chichath und gründeten Aldarimme. Unter ihnen waren auch Le Anyante und Curcaryen Varantir.
Und jetzt, nach all der Zeit, kehren sie wieder heim... Als die ersten Bilder von Tulacame 2 holografisch dargestellt wurden, hätte Curcaryen beinahe die Zurückhaltung verloren, die er sich selbst auferlegt hatte.
Denn die Bilder waren falsch. „Was ist los? Sind eure Erfassungsgeräte schadhaft?", sprach in diesem Moment Le Anyante aus, was auch ihm auf der Zunge lag. „Oder könnt ihr sie bloß nicht richtig bedienen?"
Tekener wechselte kurz, in seinem quäkend klingenden Idiom, einige Worte mit dem Zweibeiner, der die Ortungsabteilung befehligte. Dann meinte er, zu den Algorrian gewandt:
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