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219 - Kaiserdämmerung

219 - Kaiserdämmerung

Titel: 219 - Kaiserdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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gesorgt, dass von dem Luftschiff nicht viel übrig blieb. Er selbst hatte wie durch ein Wunder überlebt, allerdings hatte es ihn am Kopf erwischt.
    Die Verletzung schmerzte und ließ ihn ständig ohnmächtig werden. Aber auch ohne sie war die Überlebenschance gering. Schließlich musste er zu Fuß und ohne Wasser die Wüste durchqueren. Die Sonne brannte ihm die Haut von den Knochen und die Erinnerung aus dem Schädel. Dunkel erinnerte er sich an einem Ritt quer über einem Kamshaa-Rücken und an das Spiel einer Flöte. Hatten ihn Wüstennomaden gefunden und am Rande der Wüste abgelegt, wo Member ihn dann dank ihres Flötenspiels fand?
    Welch ein Glück, dass gerade er mich gefunden hat, dachte Victorius und erhob sich. Er schulterte sein Reisegepäck und trat nach draußen. Ich werde ihn vermissen! Und nicht nur ihn würde er vermissen. Auch Titana, seine Zwergfledermaus, deren Tod ihm wieder schmerzhaft vor Augen stand. Und Rulfan und Matthew Drax: Er wagte kaum zu hoffen, dass seine einstigen Gefährten die Schlacht am Uluru überlebt hatten.
    Während er so seinen Gedanken nachhing, tauchte Member neben ihm auf. »Ich habe hier noch ein Geschenk für dich!« Feierlich überreichte er ihm ein Wildlederholster mit eingearbeitetem Karabinerhaken.
    Mindestens ebenso feierlich nahm Victorius das Holster entgegen. Es war so lang wie die Elle seines Armes und enthielt einen Kampfstock, der dreifach gefaltet war. Durch die einzelnen Glieder führte eine Kette. In den vergangenen Tagen hatten sie nur noch mit dieser Waffe trainiert, deren Technik der Prinz schnell begriffen hatte. Je nach Situation war es von Vorteil, mit zergliedertem Stock zu kämpfen oder ihn als Ganzes zu nutzen.
    »In dir steckt ein großer Stockkämpfer! Vergiss das nicht!«
    Victorius hatte plötzlich das Gefühl, ein Kloß stecke in seinem Hals. Also nickte er nur stumm und klinkte den Karabinerhaken an seinem Gürtel fest. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg hinunter zum Steg.
    Der Eremit hatte von den Leuten an seinen nächtlichen Feuern erfahren, dass die Wolkenstadt Wimereux am südwestlichen Ufer des Victoriasees verankert lag. Was sie ihm sonst noch erzählt hatten, wollte er Victorius nicht verraten. »Mache dir selbst ein Bild von der Situation! Das hilft dir, die richtigen Entscheidungen zu treffen!«, sagte er nur.
    Als sie beim Boot angelangt waren, umarmten sich die Männer. »Bis bald, Söhnchen!«, verabschiedete sich Member.
    »Bis bald, Väterchen!« Victorius sprang in das Boot. Ohne sich noch einmal nach dem Alten umzusehen, ruderte er los.
    Member stand noch lange am Ufer. »Verfluchte Sehergabe«, murmelte er düster. »Ich will nicht, dass der Junge stirbt!«
    ***
    4. Mai 2524, Wimereux-à-l’Hauteur
    Stiefelabsätze klapperten über den Nussschalenbelag der kleinen Gassen im Außenring der Stadt. Angeführt von Polizeioffizier Rechilje erreichte ein Trupp Gardisten die Hütten, die an die Palisaden hinter dem Heilerhaus grenzten. Die Männer verteilten sich vor drei der Behausungen. Ihre Fäuste und Stiefel droschen gegen Türen und Fenster. »Im Namen des Prinzen, aufmachen!«
    Zögernd kam man drinnen der Aufforderung nach. Schummrige Lichtstreifen fielen durch Fenster- und Türspalten.
    Zum Teil ängstlich, zum Teil ärgerlich begegneten die Bewohner den wartenden Uniformierten. Bevor sie ihre Fragen nach dem Anlass der nächtlichen Störung stellen konnten, wurden sie auf die Gasse gezerrt. »Ihr werdet beschuldigt, Brandstiftern und Aufrührern Unterschlupf zu gewähren!« Rechilje wanderte mit nach hinten verschränkten Armen vor den am Boden Kauernden auf und ab. »Kooperiert ihr, so wird der Prinz das bei eurer Verhandlung berücksichtigen!« Abwartend blieb er stehen.
    Ein Dutzend Leute starrten ihn entgeistert an. »Was redet Ihr da? Wir verstecken hier keine Verbrecher!«, rief ein alter Mann. »Wir sind einfache Menschen, die in eurer Tuchfabrik arbeiten.«
    Rechilje gab den Uniformierten mit einer Kopfbewegung Zeichen, die Hütten zu durchsuchen. Während die Gardisten in den Häusern wüteten, wuchs das Entsetzen unter den Arbeitern. »Zerstört doch nicht das Wenige, das wir haben!«, weinte eine Frau. Eine andere spukte dem Polizeioffizier vor die Füße. »Ihr solltet euch schämen und mit euch der Prinz!« Rechilje holte aus und schlug ihr ins Gesicht. Daraufhin stürzte sich der Mann neben ihr auf den Offizier. »Wag es noch einmal, meine Frau anzurühren!«
    Rechilje zog seinen Säbel und setzte ihn

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