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219 - Kaiserdämmerung

219 - Kaiserdämmerung

Titel: 219 - Kaiserdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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werden würden. Bei jeder Gelegenheit demonstrierten sich Chira und Zarr ihre Feindseligkeit.
    »Wollen beide Subabak sein!«, lächelte Lay. Rulfan grinste. Ja, und ich bin der Herr über Zarrs Seele, dachte er. Jedenfalls hatte der pelzige Griesgram das nach dem Kampf mit den Kuttenträgern behauptet. »Zarrs Seele gehört jetzt Weißhaut. Weil Zarrs Leben gerettet.« Wenigstens würde der Zilverbak ihm jetzt keine Schwierigkeiten mehr machen.
    Zarr machte sich an den Abstieg. Wie ein schwarzer Pfeil schoss Chira knapp an ihm vorbei. »Lupa macht verrückt!«, knurrte Zarr. Lay lachte. Sie schlug ihre Fersen in die Flanken des Kamshaas.
    Rulfan war mit seinen Gedanken schon bei Matthew Drax, der in Wimereux-à-l’Hauteur auf ihn warten wollte. Mehr als einmal hatte er seinen Blutsbruder in den letzten Wochen vermisst. Besonders die Gespräche mit ihm. Er freute sich darauf, ihn wieder zu sehen.
    Die Kaiserstadt lag fast auf dem Weg nach Taraganda. Was Matt wohl sagen würde, wenn er von Rulfans Plan erfuhr, seine Geliebte in ihre Heimat zu begleiten? Eigentlich sollte er ihn doch am besten verstehen können. Schließlich hatte der blonde Mann aus der Vergangenheit den halben Erdball überquert, um zu seiner Aruula zu gelangen. Ob er sie bei der Großen Grube gefunden hatte? Sie und die anderen?
    Bei dem letzten Gedanken kroch ein ungutes Gefühl in ihm hoch. Was, wenn außer Victorius auch Daa’tan und dieses echsenartige Alien bei Aruula waren? Daa’tan hatte Matt beinahe umgebracht! Das wilde Bellen von Chira riss ihn aus seinen Gedanken. Sie hatte den unteren Abschnitt des Hügels erreicht. Zerklüftete Steinriesen und knorrige Bäume flankierten dort den Zugang zur Ebene. Aufgeregt sprang die Lupa vor ihnen auf und ab. Sie schien irgendetwas entdeckt zu haben. Rulfan ließ sich vom Rücken des Kamshaas gleiten. Er überholte Zarr kurz vor den Felsen und folgte Chira über Geröll und Wurzelgeflecht.
    In einer Senke sah er, was die Lupa gefunden hatte: das Wrack einer Roziere! Die Gondel war auseinander gebrochen und von Schutt bedeckt. Der Trägerballon hing zerfetzt an den struppigen Armen von fremdartigen Niedergewächsen. Sein Tuch hatte dieselben Farben wie die PARIS, das Luftschiff, mit dem Prinz Victorius und Aruula unterwegs waren. Rulfan hielt die Luft an. Nein, lass es nicht die PARIS sein. Zögernd kletterte er nach unten. Hinter sich hörte er Lay und Zarr. Chira knurrte leise.
    Der Albino beachtete sie nicht. Unten angekommen, befreite er ein Wrackteil von Schutt und Geröll. Auf einer der zersplitterten Holzplanken glänzte ein goldener Schriftzug: ANTOINETTE, las er. Rulfan atmete auf und dankte dem Himmel, dass es sich nicht um die PARIS handelte. Lay und Zarr waren jetzt bei ihm. »Flugboot!«, meinte der Zilverbak und strich über die goldenen Buchstaben.
    Chira gab ein drohendes Grollen von sich. Diesmal galt es nicht Zarr, sondern den Geräuschen, die plötzlich aus den Trümmern drangen: Ein Kratzen und Seufzen war zu hören. Rulfan konnte kaum glauben, dass in diesem zerstörten Wrack noch jemand am Leben sein sollte.
    Nach einem kurzen Blickwechsel machten sie sich daran, sich zu den Überlebenden vorzuarbeiten. Schließlich hatten sie die Öffnung zu einem Hohlraum freigelegt, der etwa zwei Armlängen unter ihnen lag. Undeutlich sahen sie den Körper einer Frau. Er war eingeklemmt unter verkeilten Holz- und Eisentrümmern.
    Während sich Lay um eine Fackel kümmerte, versuchten Rulfan und Zarr die verkeilten Trümmer zu lockern. Kopfüber hängten sie sich in die Öffnung und tastete nach Holz und Eisen. Mit einem Mal gab die Frau schmatzende Laute von sich. Der Zilverbak legte den Kopf schief und lauschte. »Gruuh, Gruuuuh!«, kam es von unten. Chira fletschte die Zähne.
    Rulfan lief ein kalter Schauer über den Rücken. »Raus da!«, rief er aufgeregt und packte den Zilverbak am Pelz. »Sie ist ein Gruh! Eine Untote!«
    Erschrocken richtete Zarr sich auf. Rulfan hatte ihm und Lay eine Menge über die Hirnfresser erzählt. Misstrauisch beschnüffelte er seine Finger.
    »Wie kommt sie hierher?«, wollte Lay wissen.
    Rulfan zuckte die Schultern. »Keine Ahnung!« Er nahm Lay die Fackel aus der Hand und leuchtete in die Öffnung. Lay und Zarr drängten sich an seine Seite. Gespenstisch tanzte das Licht durch den Hohlraum. Das Erste, was Rulfan deutlich sah, waren die Augen der Frau: Blutunterlaufen glotzten sie aus ihrem eingefallenem Gesicht, von dem graue Hautfetzen hingen. Was von

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