21st Century Thrill - Mind Games
Ähnliches, in Moskau, in einer Musicalaufführung!“, rief Jon.
„Genau. Darüber habe ich geschrieben. Tschetschenische Kämpfer haben 2002 das Moskauer Dubrowka-Theater in ihre Gewalt gebracht und die Zuschauer und Schauspieler als Geiseln genommen. Nach Tagen hat die russische Miliz Giftgas über die Lüftung ins Theater eingeleitet. Die Menschen wurden bewusstlos. Spezialeinheiten stürmten das Theater. Die Geiselnehmer wurden mit Kopfschuss getötet.“
„Brutal!“, kam es von Val. „Aber vermutlich war es die einzige Chance, die Gangster daran zu hindern, ihre Bomben hochgehen zu lassen?“
„Das ist die offizielle Version“, bestätigte Herr Lasky. „Hätten die Kämpfer mitbekommen, dass das Gebäude gestürmt wird, wären sie wahrscheinlich imstande gewesen, ihren Sprengstoff zu zünden und Hunderte Unschuldige mit in den Tod zu reißen.“
„Und die Geiseln?“, fragte Kris.
„Das Gas hatte Nebenwirkungen. Viele von den befreiten Geiseln kämpfen mit gesundheitlichen Problemen. Über 100 sind an dem Gas gestorben.“
„Musst du deshalb demnächst nach Russland? Um mehr über die Opfer rauszufinden?“, fragte Jon.
„Ich will wissen, wer diese Calmative entwickelt, wer sie in Auftrag gibt, sie schließlich kauft und in wessen Namen. Eine der Spuren führt nach Russland.“
„Regierungen vielleicht“, meldete Val sich zu Wort.
„Das ist anzunehmen, aber natürlich geht kein Regierungschef ins Internet und bestellt per Mausklick ein paar Hektoliter irgendeiner psychoaktiven Substanz. Solche Geschäfte werden im Schatten abgewickelt. Medien und Menschenrechtsorganisationen könnten Wind davon bekommen. Wir haben es mit einer höchst zweifelhaften Sache zu tun: Mag sein, dass die Polizei bei außerordentlichen Gewaltverbrechen so vorgehen muss, um Unschuldige zu schützen. Wie damals in Moskau. Aber das wahre Anwendungsgebiet solcher nicht-tödlichen Waffen liegt woanders.“
Kris trank seine Cola aus. „Sie meinen, in Ländern, wo es mit den Menschenrechten sowieso nicht weit her ist?“
„Jep!“ Herr Lasky nickte. „Mal was vom Age of Chaos gehört?“
„Habe ich!“ Jons Hand schnellte hoch. „Wir befinden uns an der Schwelle zu einem Zeitalter von Konflikten und Kriegen, in denen die Fronten verschwimmen. Nicht eine Armee gegen eine andere Armee, sondern Terroristen gegen Staaten, Staaten gegen Bürger, Diktatoren gegen Völker, Warlords gegen Zivilisten.“
„Richtig, Jon. Nur: Die Schwelle haben wir längst überschritten. Kriege werden medial ausgeschlachtet. Im Fernsehen und Internet bist du live dabei, wenn ein amerikanischer Kampfjet in Libyen abstürzt. Über Facebook und Twitter kann sich jeder mit Demonstranten in anderen Ländern vernetzen und an vorderster Front mitkriegen, was los ist. Meistens bleibt allein militärische Gewalt, um solche Konflikte unter den Teppich zu kehren. Weil den Despoten der Wille fehlt, Macht abzugeben.“
„Nicht-tödliche Waffen“, murmelte Kris. „Das klingt so harmlos.“
„Was es natürlich nicht ist!“ Herr Lasky sah ein paar Sekunden angespannt durch das Fenster auf die Straße hinaus. „Wer die Substanzen abbekommt, schläft ja nicht einfach ein und wacht nach drei Stunden relaxt wieder auf. Stellt euch eine Demo mit Zehntausenden Leuten vor: Das erste Problem besteht darin, wie man ihnen die Droge verabreicht. Es gibt folgende Möglichkeiten.“ Jons Vater zählte sie an den Fingern ab. „Über die Haut und die Atemwege. Das Zeug muss also versprüht werden, zum Beispiel aus Flugzeugen, und zwar in hohen Dosen, damit auch wirklich genug davon dort ankommt, wo es hin soll.“
„Dabei weht die Hälfte in eine andere Richtung und manipuliert unbeteiligte Leute!“, wandte Jon ein.
„Kann passieren. Es gibt weiterhin Sprühsysteme am Boden, die funktionieren ähnlich wie ein Nasenspray. Das Mittel wird ausgesprüht und von den Demonstranten eingeatmet. Die Trinkwasserversorgung ist ebenfalls anfällig. Außerdem arbeiten die Labore an Gummigeschossen, die mit der Droge gefüllt sind. Bei einem Aufstand könnte entweder wahllos in die Menge geschossen werden, oder aber die Armee sucht sich gezielt Leute aus, die an zentralen Stellen die Demonstranten aufstacheln.“
„Was sind das für Drogen?“, fragte Kris.
„Opiate, Valium. Drogen, die beruhigen, die Aktivitäten des Zentralnervensystems verlangsamen und erst mal die Tatkraft der Demonstranten ausschalten. Außerdem habe ich von Substanzen erfahren, die Panik
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