21st Century Thrill - Mind Games
Schlimmer konnte es nicht kommen.
„Er ist so komisch in letzter Zeit. Du pennst ja nicht hier. Aber ich höre ihn nachts Selbstgespräche führen. Manchmal lacht er im Schlaf. Das ist dermaßen unheimlich!“
„Pfff!“ Val zischte wie eine Dampflok. „Er hat wahrscheinlich Albträume. Die hätte ich auch an seiner Stelle.“
„Ist ja klar, dass du zu ihm hältst!“
„Du etwa nicht?“
„Doch, schon“, wand sich Jon.
Schleimer, dachte Kris.
„Ich habe bloß Bedenken, weil … na ja, die Recherchen, die mein Vater gemacht hat …“
„Dir geht es überhaupt nicht um deinen Vater oder seinen Journalistenjob! Du schiebst schlicht und einfach Panik!“
Ein heißes Gefühl schwappte durch Kris’ Körper. Val hielt zu ihm, sie kämpfte für ihn. Das war mehr, als er verlangen konnte, so viel stand fest.
„Ich habe keine Angst, Val, aber wir können doch gar nichts machen. Glaubst du, Glinkas Typen, wenn sie das gestern Nacht waren, werden uns ab heute in Ruhe lassen? Wahrscheinlich observieren die uns sogar. Und dann stellst du auch noch ganz öffentlich ins Netz, wofür wir uns interessieren, und forderst Leute auf, sich zu melden! Auf diese Weise sind die Pharmaheinis doch bestens informiert über uns! Die lachen sich kaputt, weil sie sich gar nicht mehr anstrengen müssen, uns auf die Schliche zu kommen!“
„Quatsch keinen Mist!“
„Mensch, Val!“ Jons Stimme wurde leiser und eindringlicher. Kris stand auf und tappte lautlos zur Tür. „Denk mal nach! Du warst auf Kris’ Rechner. Hast dort irgendjemand anderen rumfuhrwerken sehen. Und bist ziemlich erschrocken, als du bemerkt hast, dass dieser andere mitbekommen hat, dass du auch da warst.“
„Das sind virtuelle Schlachtfelder, Jon. Davon verstehst du nichts“, entgegnete Val kühl.
„Dann erklär’s mir!“
„Die wissen, dass jemand auf Kris’ Platte war. Aber nicht, wer!“
„Das glaubst du ja wohl selbst nicht.“
Kris hörte, wie ein Stuhl mit Elan gegen den Tisch geschoben wurde.
„Die Typen haben Kris’ Rechner. Sie setzen einen Superexperten an den Kasten. Der kriegt in null Komma nix raus, zu welcher IP-Adresse deine Spur führt.“
„So schlau bin ich schon, meine Spuren zu verwischen“, erwiderte Val, aber ihre Stimme klang um eine Nuance weniger selbstsicher.
„Ich glaub’s nicht! Du hast meinen Vater doch gehört! Leute, die solche Drogen entwickeln, müssen extrem vorsichtig operieren. Die lassen sich nicht von Valeska Gerber aus Friedrichshain aushebeln. Da müssen ganz andere kommen!“
Das würde schiefgehen. Kris ahnte den Wutausbruch voraus. Val hasste ihren vollen Namen. Valeska. Selbst in der Schule hatte sie durchgesetzt, dass die Lehrer sie Val nannten.
Er behielt recht. Sie explodierte.
„Ihr Jungs seid alle gleich! Zieht den Schwanz ein, wenn’s drauf ankommt. Aber ich halte zu Aki! Ich kann sie nicht im Stich lassen. Selbst, wenn ich Angst hätte. Aber ich habe keine Angst. Klar?“
Ihre Stimme kam gefährlich nahe. Mit einem Hechtsprung landete Kris auf dem Sofa und zog sich die Decke übers Gesicht.
„Jetzt warte doch mal!“ Jon schien endgültig alle Hoffnung aufgegeben zu haben, Val zurückzuhalten. Kris hörte schnelle Schritte, dann klappte die Wohnungstür.
Er gähnte laut und machte ein bisschen Lärm, bevor er auf den Flur trat. „Was’n los?“, spielte er den Langschläfer.
„Ach, nichts“, gab Jon zurück. Ohne Kris’ fragenden Blick zu erwidern, ging er schnurstracks in sein Zimmer und knallte die Tür zu. Kris starrte ein paar Sekunden auf das Beatsteaks-Poster vor seiner Nase, zuckte die Achseln und trabte ins Bad.
Unter der Dusche legte er sich seine Situation zurecht: Er konnte bei Jon bleiben, aber im Gegenzug musste er Val ausblenden. Wenn er sich mit Val solidarisierte, würde Jon ihn rausschmeißen. Allerdings gab es keinen anderen Ort, an den er gehen konnte. Allenfalls auf das Boot zurück. Kris ließ kaltes Wasser laufen und hielt die Dusche über seinen Kopf. Vielleicht wäre das sogar besonders schlau. Wahrscheinlich rechneten ihre Verfolger damit am allerwenigsten. Aber was sollte er weiter tun? Außerdem brauchte er die Unterstützung von Herrn Lasky, um bei der Polizei einen Fuß in der Tür zu haben.
Kris drehte das Wasser aus. Er kam immer mit allen gut aus. Selbst mit seinen Lehrern. Er ließ die anderen in Ruhe, und im Gegenzug ging niemand ihm auf den Geist. Letztlich hatte er was von einem Langweiler. Aber nun war alles anders. Zwar
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