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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wir haben an Wichtigeres als an deinen Frenk maidanosu zu denken!“
    „Wichtigeres? Du scherzt, o Peder! Mein Kerbel wurde gepflückt, noch ehe an die Soldaten zu denken war; er geht ihnen also vor! Er muß gereinigt, gewaschen, geschnitten, gewiegt und gekocht werden; sie aber bleiben, wie sie sind; er geht ihnen also vor! Wenn er zu lange in der Hitze steht, so verdirbt er, weil er seinen Wohlgeschmack verliert; an den Soldaten aber ist überhaupt nichts mehr zu verderben; er geht ihnen also vor. Tifl hat gewußt, daß es Kerbelsuppe gibt; Kara Ben Nemsi hat es gewußt; Kara Ben Halef hat es erfahren; Hanneh, seiner Mutter, habe ich es sagen lassen; durch das ganze Haus ist diese beglückende Nachricht gegangen, und nun sie, die heiß Ersehnte und wunderbar Gelungene fertig ist, bin ich allein anwesend, um ihren Triumph zu feiern, während ihr die Schande angetan wird, die Verachtung aller Abwesenden zu erfahren. Ich bin entrüstet, o Peder! Ich habe nicht verdient, daß ich grad so entwaffnet und grad so verächtlich behandelt werde wie diese drei jammervollen Sklaven des Muhassil, welche so weinerlich vor dir stehen, als ob der letzte Rest ihres Mutes im Begriff steht, vor lauter Herzensangst grad so wie meine Kerbelsuppe aus dem Topf herauszulaufen! So! Das war es, was ich dir sagen wollte. Und nun entscheide du jetzt, wer wichtiger ist, mein Frenk maidanosu oder sie!“
    Die verächtliche Handbewegung, welche sie den Offizieren hinüberwarf, konnte gar nicht geringschätzender sein. Sie schickte ihnen noch einen, ihrer Ansicht nach vollständig vernichtenden Blick zu, ließ dann die Augenlieder entrüstet niederfallen und wendete sich hierauf in einer Weise von ihnen ab, als ob diese Leute gar nicht mehr für sie vorhanden seien.
    Vorhin hatte der Peder über Pekala gelächelt; jetzt aber war sein Gesicht sehr ernst geworden. Hatte er etwa das gleiche Gefühl mit mir?
    Er war jedenfalls geneigt gewesen, die drei Perser als Offiziere zu behandeln. Grad als Pekala erschien, hatte er im Begriff gestanden, eine mehr oder weniger eingehende Aussprache mit ihnen herbeizuführen. Aber waren sie das wert? Gab es bei ihnen überhaupt eine ethische Frage, an welche er anzuknüpfen, auf welche er einzugehen, die er mit ihnen zu behandeln hatte? Ich gestehe, daß ich selbst auch ebensowenig wie er hieran gedacht hatte. Da wurde diese geistig einfache und bescheidene ‚Festjungfrau‘ von der Sorge um ihren gefährdeten Frenk maidanosu herbeigeführt, um uns in ihrer drastischen Weise die ‚Herren Offiziere‘ derart wahrheitsgetreu zu zeichnen, daß wir uns der Wirkung ihrer Strafrede nicht entziehen konnten. Der Peder stand auf und rief einige Namen über den Platz hinüber. Die genannten Dschamikun kamen herbei.
    „Führt diese drei Männer auch fort!“ gebot er ihnen.
    „Wohin?“ fragte der Rittmeister.
    „Zu euren Leuten.“
    „Zu ihnen? – Wir sind Offiziere!“
    „Ja; ihnen in allem Bösen voran! Fort mit euch!“
    „Du wolltest uns ja gehen lassen!“
    „Ihr seid aber nicht gegangen. Fort!“
    Um nicht von den Fäusten der Dschamikun zum Gehorsam gezwungen zu werden, ergaben sie sich in das Unvermeidliche und schritten unter deren Verdeckung dem mehrfach erwähnten Tore zu.
    „Nun, Pekala?“ fragte der Peder, indem sein früheres Lächeln wiederkehrte.
    „O mein guter, guter Peder!“ antwortete sie.
    „Bist du zufriedengestellt?“
    „Grad so sehr, wie ich dich und euch alle zufriedenstellen werde. Ich danke dir! Die Kerbelsuppe wartet nur noch auf den letzten, verklärenden Guß des kochenden Wassers. Ich eile, ihn ihr beizubringen!“
    Schon wollte sie fort. Da kam ihr ein Gedanke. Sie sprang mehr, als sie stieg, die Stufen zu mir herauf, neigte sich mir mit wichtiger Miene zu und fragte:
    „Gibst du mir nun recht, Effendi?“
    „Worin?“ fragte ich.
    „Daß die Männer alle noch der Erziehung bedürfen?“
    „Hm!“
    „Sogar – – – aber das sage ich ganz leise, und du verschweigst es ihm – – – sogar zuweilen auch unser Peder?“
    „Hm!“
    „Du sollst nicht bloß brummen, sondern mir eine deutliche Antwort geben!“
    „Wenn dein Frenk maidanosu gut ist, bekommst du sie, sonst aber nicht.“
    „So ist sie mir gewiß. Ich fliege nach meiner Küche!“
    Und sie flog! Ihre helle Gestalt schien den Boden nicht zu berühren, und die weißen Falten ihres Gewandes wehten wie Hügel hinter ihr.
    „Ihr werdet sie schon noch kennen lernen“, scherzte der Peder. „Sie greift

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