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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einen solchen Schreck einzujagen, daß sie sich in alles fügten, was man von ihnen verlangen wollte. Hierzu stimmte der Umstand ganz besonders, daß man nicht die geringste Vorbereitung zum Widerstand bemerkte, sondern nur einige Personen sah, welche auf der Treppe saßen und auch ganz ruhig sitzen blieben. Außerdem stand nur Tifl noch unten an den Stufen.
    Die Kavalleristen ritten in einer geraden Reihe auf und bildeten dann gegen die Treppe Front. Die Offiziere kamen bis nahe an dieselben hin und stiegen da von ihren Pferden. Als hierbei der Oberleutnant ‚das Kind‘ erblickte, rief er, sich an den Rittmeister wendend, aus:
    „Da steht der lange Kerl, der Halunke, der mit dabei war! Soll ich ihm Fesseln anlegen lassen?“
    Der Angeredete warf einen Blick auf Tifl und auf dessen Umgebung und antwortete dann in verächtlichem Tone:
    „Fesseln? Wie überflüssig! Wir haben ja das ganze Haus mit allem, was da wohnt, in unserer Gewalt!“
    „Und da – da –“, fuhr der Oberleutnant fort, indem er auf Kara zeigte, „da neben dem Weib sitzt auch der andere, der bei dem Langen war!“
    „Laß ihn sitzen! Auch er ist unser. Du siehst ja, daß sich die Kerle vor Angst gar nicht zu regen wagen. Wenden wir uns zunächst an den Alten da!“
    Er meinte den Peder. Er trat bis an die letzte Stufe heran und richtete die Frage an ihn:
    „Du bist ein Dschamiki?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte, ohne aufzustehen.
    „In diesem Haus wohnt der Mann, den ihr den Ustad zu nennen pflegt?“
    „Ja.“
    „Hole ihn!“
    „Das ist unnötig.“
    „Warum?“
    „Er wird nicht kommen.“
    „Ich befehle es ihm!“
    „Du – – – du – – –?“
    Dieser Frage wurde ein so ganz eigenartiger Ton gegeben, daß der Rittmeister darauf verzichtete, seinem ‚Befehl‘ Nachdruck zu verleihen. Er fuhr vielmehr, sich zu erkundigen, fort:
    „Es gibt hier einen alten Schech el Beled (Oberhaupt des Dorfes), welcher Peder genannt wird?“
    „Ja. Aber er ist nicht bloß Schech el Beled.“
    „Was noch?“
    „Er läßt sich nur von den Bewohnern dieses Gebietes Peder nennen, weil er sich als den Vater dieser seiner Kinder betrachtet. Für jeden Fremden aber, also auch für dich, ist er Schir Alamek Ben Abd el Fadl Ibn ilucht Marah Durimeh (Schir Alamek, Sohn des Abd el Fadl, des Schwestersohnes von Marah Durimeh), der Scheik der Dschamikun vom freien Volk der Bachtijaren.“
    Als ich das hörte, erstaunte ich, denn ich hatte nicht ahnen können, daß er ein Großneffe meiner herrlichen Marah Durimeh sei. Warum hatte er mir das nicht gesagt? Auf den Rittmeister machte diese Mitteilung freilich einen ganz anderen Eindruck. Er rief lachend aus:
    „Welch ein Name! Wer kennt Abd el Fadl, und wer kennt diese Marah Durimeh! Ich kenne nicht einmal diesen Schir Alamek! Kann ein Löwe der Sohn der Güte sein? Lächerlich!“
    Abd el Fadl heißt nämlich ‚Diener der Güte‘. Schir heißt Löwe und ist in jenen Gegenden ein Ehrentitel, den man sich durch bewiesene Furchtlosigkeit erwirbt. Der Offizier fuhr fort:
    „Ich habe mit dem Besitzer dieses langen Namens zu sprechen. Rufe ihn!“
    „Auch das ist unnötig“, antwortete der Peder.
    „Warum?“
    „Ich bin es.“
    „Ah! Du?“
    Er betrachtete ihn in zudringlich übelwollender Weise und fügte dann in befehlendem Tone hinzu:
    „Steh auf! Ich komme im Namen des Schah-in-Schah. Man hat mich nicht sitzend zu empfangen!“
    „Nimm diesen deinen Wunsch zurück!“
    „Es ist kein Wunsch, sondern ein Befehl!“
    „Hier hat niemand zu befehlen, als nur ich allein! Und so befehle ich dir, mir zu beweisen, daß du im Namen des Schah-in-Schah zu uns gekommen bist!“
    „Ich bin sein Offizier!“
    „Das ist kein Beweis. Hast du eine Schrift, von der eigenen Hand des Beherrschers unterzeichnet?“
    Da schlug der Offizier an seinen Degen und rief:
    „Ich brauche keine Schrift von ihm! Ich schreibe meine Befehle selbst, und dieser Säbel hier ist meine Feder. Paß auf, was gleich geschehen wird!“
    Er drehte sich nach seinen Leuten um und gab ihnen den Befehl zum Absitzen. Sie gehorchten. Nun ließ er sie zu Fuß so weit vorrücken, daß ihre Linie ihn beinahe erreichte. Es war also zwischen ihnen und ihren Pferden ein Zwischenraum entstanden. Jetzt wandte er sich dem Peder wieder zu und sprach zu ihm weiter:
    „Du siehst, welchen Nachdruck ich meinen Befehlen geben kann. Weißt du, warum wir kommen?“
    „Ja.“
    „Steh auf, sage ich! Man hat sich zu erheben, wenn ich

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