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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zuweilen derart in die Zügel der Regierung ein, als hätte sich jedermann, vom Ustad an bis zum kleinsten Pferdehüter herab, als ihren ‚Tifl‘ zu betrachten. Wir aber sind damit gern einverstanden. Sie hat ein eigenes Gefühl für den rechten Augenblick.“
    Diese seine letzteren Worte interessierten mich. Auch ich lernte während unsers Aufenthaltes im ‚hohen Haus‘ Pekala von dieser Seite kennen. Es gibt glücklicherweise nicht wenige solcher Leute. Wohl dem Menschen und wohl auch seiner Umgebung, der, wie der Peder sich ausdrückte, ‚ein eigenes Gefühl für den rechten Augenblick‘ besitzt! Aber was heißt das? Sind diese Worte der richtige, treffende Ausdruck für das, was sie eigentlich sagen sollen? Nein! Man bedient sich hierfür oft auch des Ausdruckes Instinkt; man sagt, daß derartige Personen instinktiv handeln. Aber was ist Instinkt? Naturtrieb! Was versteht man unter Natur? Man spricht auch von einer ‚geistigen Natur‘. Was heißt ‚natürlich‘? Körperliches, Geistiges, Seelisches kann ‚natürlich‘ sein! War es eine Folge des Instinkts, des Naturtriebs, daß Pekala grad in dem Augenblick bei uns erschien und dem Ereignis eine so unerwartete Wendung gab, an welchem wir mit den drei Personen auf ‚dem toten Punkt‘ standen? Gewiß nicht! Sie befand sich in ihrer Küche und wußte gar nicht, was hier bei uns getan oder gesprochen wurde. Mancher bringt die Ahnung mit dem Instinkt in Verbindung. Hatte Pekala etwas geahnt? Nein! Auch pflegt man instinktiv und unwillkürlich gleichzustellen. Hatte Pekala die Küche unwillkürlich verlassen? War ihre Strafrede eine unwillkürliche Mitteilung? Auch nicht! Man beobachte die Personen, welche jenes ‚Gefühl für den rechten Augenblick‘ besitzen! Man wird da oft von seinem Sinn, von Zartgefühl, von Takt und dergleichen sprechen; man wird das, was sie tun, ihrer besonderen Einsicht, ihrer Unterscheidungsgabe, ihrer Scharfsichtigkeit zuschreiben; aber alle diese Ausdrücke sind unzureichend, und selbst wenn man das, was sie bedeuten, addieren könnte und dann die Summe prüfte, so würde man finden, daß dieses Exempel ein ganz falsches sei.
    Turenne sagte einst zu einem seiner Generäle: „Ihr kommandiert nicht, sondern ihr werdet kommandiert!“ Ist die Ahnung für den ‚rechten Augenblick‘ eine Tätigkeit von mir, oder wird sie mir gegeben? Ist es richtig, zu sagen, daß ich ahne, oder habe ich zu sagen, daß mir diese Ahnung irgendwoher komme? Ich handle unwillkürlich, also ohne Willkür, ohne Willen. Der Antrieb kommt nicht von mir. Von wem sonst? Jedenfalls von einer Seite, auf welcher es größere Einsicht gibt, als ich besitze! Und diese außer mir existierende und auf mich wirkende größere Klugheit soll ich als einen in mir vorhandenen Naturtrieb bezeichnen? Nein! Wer aber ist der Turenne, der mich im ‚rechten Augenblick‘ vorwärts kommandiert? Wie schaut er aus? Wo ist der erhabene Punkt, von welchem aus er, was ich denke, will und tue, dirigiert? Ist er jenes für uns leider noch so außerordentliche unbekannte Wesen, welches wir die ‚Seele‘ nennen? Wenn diese Seele sowohl in uns als auch außerhalb von uns in der Weise tätig ist, daß beide Arten dieser Tätigkeit in innigem Zusammenhange miteinander stehen, so ist es erklärlich, warum wir die uns von außen her gegebene ‚Ahnung‘ für eine innere Tätigkeit von uns selbst halten. Und es gilt hierbei, der Wahrheit gemäß zuzugeben, daß der Turenne da draußen unendlich mehr überschaut, als unser schwacher, blöder Blick erfassen kann. Das sind nicht etwa metaphysische Schlüsse, sondern sie gründen sich auf täglich sich wiederholende Vorkommnisse im Innern meiner vor aller Augen existierenden Persönlichkeit. Wer nicht gelernt hat, die Vorgänge seines inneren Lebens ebenso unausgesetzt wie scharf und unbefangen zu beobachten und zu vergleichen, dem wird es allerdings bequemlich sein, sehr vieles, was er nicht zu begreifen versteht, ganz einfach postlagernd nach dem Reich des Übersinnlichen zu adressieren, damit er, der physisch gern Bequeme, hinter seinem eigenen Schalter ruhig schlafen könne. –
    Als der Peder sich entfernt hatte, holte Tifl für Hanneh, Kara und mich ein niedriges Serir (Tischchen) und brachte uns dann die von Pekala so energisch verteidigte Frenk maidanosu-Suppe, welche wir zusammen aßen. Dann ging ich schlafen, denn der heutige lange Aufenthalt in der ozonreichen, freien Luft hatte mich ermüdet.
    Als ich am nächsten Morgen

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