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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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spreche. Das hörtest du bereits!“
    „Und du hast bereits gehört, daß ich dich warnte, an diesem Wunsch festzuhalten!“
    „Eine Warnung? – Warum?“
    „Sobald ich mich erhebe, hast du dich zu erniedrigen!“
    „Du redest irre!“
    „Irre? Wohlan, so sollst du sehen, wer sich irrt. So lange ich noch sitze, scheinst du der Herr zu sein; sobald ich mich erhebe, bin ich es in der Tat. So war es verabredet. Du willst es haben. Gut, ich tue es!“
    Er richtete sich auf und gab mit dem emporgehobenen Arm ein Zeichen. Was hierauf folgte, ist nicht so schnell zu erzählen, wie es geschah. Die bisher versteckt gewesenen Dschamikun kamen nämlich infolge dieses Winkes von allen Seiten herbei. Sie füllten im Moment den ganzen Zwischenraum zwischen den Reitern und den Pferden aus. Sie warfen sich auf die Ersteren, um sie zu entwaffnen. Sie waren ihnen an Zahl so überlegen, daß Widerstand eine Albernheit gewesen wäre. Auch wirkte die Plötzlichkeit dieses Überfalls so verblüffend, daß den Persern die Waffen entrissen waren, noch ehe sie sich entschlossen hatten, selbst nach ihnen zu greifen. Und das geschah von seiten der Dschamikun ohne allen Lärm, ohne jedes Geschrei, in vorher anbefohlener Schweigsamkeit. Die Kavalleristen freilich waren nicht ebenso still. Sie brüllten und fluchten; sie wollten dreinschlagen, um wenigstens mit den Fäusten nun das Versäumte nachzuholen. Aber bei jedem einzelnen von ihnen standen mehrere Dschamikun, welche die ihm entrissenen Waffen drohend auf ihn richteten. Es gab nur noch eine kleine Weile ein Hin- und Herwogen zusammendrängender Gestalten, einen vereinzelten Ruf, eine zornige Verwünschung; dann trat auf dem Vorplatz eine Ruhe, eine Stille ein, als ob die auf ihm stehende Menge nur aus friedlich gesinnten Menschen bestehe.
    Auch bei uns an der Treppe spielte sich die Szene mit außerordentlicher Schnelligkeit ab. Kaum war der Peder aufgestanden, so sprang Tifl zu den Offizieren heran, riß dem Suari juzbaschysy und dem neben ihm stehenden Mülazim sani die Pistolen aus den Gürteln, richtete eine von ihnen auf sie und rief drohend:
    „Bewegt euch nicht, sonst schieße ich!“
    Kara war zwar in das, was geschehen sollte, nicht eingeweiht, doch begriff er augenblicklich, um was es sich handelte. Er schnellte sich von seiner Mutter weg, die Stufen herunter und auf den Mülazim ewwel, bemächtigte sich seiner Pistole, hielt sie ihm vor die Brust und sagte:
    „Nicht ihr hattet uns, sondern wir haben euch; ich sage es dir! Rühre dich nicht, wenn du nicht willst, daß ich schieße!“
    Die drei vorher so siegesbewußten Offiziere wagten nicht, zu widerstreben. Es war eine Überraschung sondergleichen, welcher sie und alle ihre Untergebenen jetzt verfallen waren. Der Peder stand hoch aufgerichtet an seinem Platz und überschaute den Erfolg.
    „Führt sie ab!“ gebot er mit lauter Stimme. „Es wird keinem etwas geschehen; nur der, welcher sich weigert, wird sofort erschossen!“
    Da setzten sich die untenstehenden Gestalten in Bewegung, hin nach dem alten Tor zu, welches jetzt weit offen stand. Es ging zwar langsam, aber mit ununterbrochener Regelmäßigkeit. Man hatte gehört, daß man an Leib und Leben nichts zu fürchten habe; das beruhigte jedes etwa noch vorhandene Bedenken; man fügte sich. Es verschwand ein Perser nach dem anderen in dem Raum, welchen der Peder vorhin als Gefängnis bezeichnet hatte. Er sah jetzt die drei Offiziere lächelnd an.
    „Schnallt eure Säbel ab, und übergebt sie Tifl!“ gebot er ihnen, indem er auf ‚das Kind‘ deutete.
    Sie gehorchten, ohne ein Wort zu sagen.
    „So!“ sprach er. „Jetzt habt ihr gesehen, was es heißt, wenn man es wagt, von dem Scheik der Dschamikun zu verlangen, sich vor einem unwillkommenen Menschen von seinem Sitz zu erheben. Nun steht ihr so vor mir, wie es sich für solche Leute schickt und ziemt. Ich kann mich also wieder setzen, Kara und Tifl neben mir. Die Eindringlinge aber bleiben stehen!“
    Er ließ sich auf seinen vorigen Sitz nieder. Die beiden Genannten nahmen bei ihm Platz, der bescheidene Tifl eine Stufe tiefer.
    „Ich stehe nicht, sondern ich gehe!“ rief der Rittmeister zornig aus.
    „Wohin?“ fragte der Peder.
    „Fort!“
    „Wenn du deine Leute im Stich lassen willst, so kannst du es ja tun. Ich halte dich nicht, sondern ich erlaube dir, ‚im Namen des Schah-in-Schah‘ feig die Flucht zu ergreifen. Es werden zwei meiner Dschamikun mitgehen, um dich zum Duar hinauszuführen. Das

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