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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eingeschlossen und können nicht heraus! Wir haben gar nichts zu tun, als zu warten, bis sie um Gnade bitten!“
    „Sie können es länger aushalten als wir, denn die euch geraubten Tiere geben ihnen für längere Zeit Fleisch, als wir haben.“
    „Aber das Wasser fehlt ihnen! Das Flußbett ist vollständig trocken.“
    „So müssen ja auch wir dürsten!“
    Da rief er ungeduldig aus:
    „Sihdi, ich habe geglaubt, du seist ein tapferer Mann, und nun machst du solche Einwände! Denkst du denn gar nicht auch an eure Gewehre?“
    „Ah – – –! Unsere Gewehre – – – Du rechnest auf sie?“
    „Natürlich! Ich weiß, daß ihr sehr viele Male schießen könnt, ohne laden zu müssen, und daß eure Kugeln wenigstens fünfmal weiter gehen als die unserigen. Wir können den Dschamikun also so fern bleiben, daß ihr Blei uns gar nicht erreicht, während sie aber von euch alle nach und nach erschossen werden.“
    Sein Gesicht hatte während dieser Worte den Ausdruck einer Pfiffigkeit angenommen, welcher mir nicht gefiel. Ich hatte schon das Wort auf den Lippen, ihm dies verstehen zu geben, aber da kam Halef mir zuvor:
    „Sihdi, erlaube, daß ich dich nicht begreife! Bist du plötzlich undankbar geworden? Dieser unser Freund Nafar Ben Schuri hat uns einen großen Dienst geleistet. Wir sind seine Gäste, seine Brüder. Er rechnet auf die Überlegenheit unserer Gewehre. Weißt du, was uns die Pflicht des Dankes und der Gastfreundschaft gebietet?“
    „Halef!“ warnte ich ihn. „Willst du mich beleidigen?“
    „Nein! Aber du beleidigst mich! Du bist der beste und der tapferste Mann der ganzen Welt; aber dein Geburtsland ist Dschermanistan und wird es immer bleiben. Ich aber wurde in der Wüste geboren; ich bin ein echter Ibn el Arab (Araber) und kann es nicht anhören, daß du plötzlich solche Bedenken trägst, die Gesetze der Wüste zu befolgen!“
    „Hamdullillah – Hamdullillah!“ rief da der Scheik, indem er aufsprang und die Hände zustimmend zusammenschlug. „Das ist ein Wort, wie ich es von einem Mann erwartet habe! Ich höre, daß du Hadschi Halef Omar bist, der berühmte, unüberwindliche Scheik der Haddedihn vom tapferen Stamm der Schammar!“
    Das wirkte geradezu elektrisierend auf meinen kleinen, ehrgeizigen Hadschi. Es sprang auch auf und erklärte in seinem bestimmtesten Ton:
    „Ja, der bin ich allerdings, und du wirst sogleich hören, was ich beschlossen habe: Wir reiten fort, jetzt, gleich! Wir folgen den Dschamikun bis in das ‚Tal des Sackes‘ und zwingen sie dort, sich uns zu ergeben. Das sagte ich, und mein Sihdi sagte es auch. Darauf gebe ich dir mein Wort, mein Ehrenwort!“
    „Halef!“ rief ich ihm zu, indem ich nun auch aufsprang. „Was fällt dir ein! Gib deinen Puls! Das Fieber spricht aus dir!“
    Er trat einen Schritt zurück und antwortete:
    „Ob Fieber oder nicht, ich hab's gesagt und werde es auch halten. Mein Puls ging ruhig, wie er immer geht; aber wenn du zauderst, zu tun, was uns die Pflicht und die Ehre gebietet, so muß er freilich schneller gehen! Ich bin mit dir gereist, so weit, so weit! Und ich bin auch bereit, mit dir zu gehen bis an das Ende der Erde. Du aber willst mir nicht einmal den Gefallen tun, den ich unsern Freunden, den Dinarun, zu erweisen habe! Darum gab ich so schnell mein Ehrenwort, um dich zu zwingen. Jetzt tue, was dir beliebt! Ich reite mit, sogleich! Wirst du mich, deinen Halef, verlassen können?“
    Der Fakir war von uns der einzige, der noch saß. Jetzt stand er auf, ergriff Halefs Hand und dann die meine, legte beide ineinander und sagte, sich an mich wendend:
    „Halte deinen Freund und Bruder nicht zurück! Der Tod steht an seiner Seite und streckt die Hand nach ihm aus; du aber siehst es nicht. Reite gern und schnell mit ihm nach dem Daraeh-y-Dschib! Dort wird er Rettung finden; hier aber müßte er sterben. Glaub es mir! Es ist so gut, als hätte Allah selbst es dir gesagt!“
    Nach diesen Worten wandte er sich ab und ging von uns weg.
    „Das ist die Wahrheit“, erklärte der Scheik. „Er sieht Dinge, die kein anderer sehen kann, auch den Tod!“
    „Kennst du diesen Fakir so genau?“ fragte ich.
    „Ja.“
    „Seit wann?“
    „Gehört habe ich seit langer Zeit von ihm. Gesehen habe ich ihn erst gestern früh, als er in unser Lager kam. Er ist bald hier, bald dort.“
    „Wie lange bleibt er bei euch?“
    Der Fakir hatte sich schon so weit von uns entfernt, daß er diese meine Frage unmöglich gehört haben konnte. Und

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