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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zum Reden ungeschickt, während Halef sich um so gesprächiger zeigte. Seit er gesehen hatte, wie arm diese Leute waren, stand sein Entschluß, ihnen zu helfen, fester als vorher. Das ganze, jetzt von ihm geleitete Gespräch hatte den Zweck, sich zu informieren. Er warf eine Menge Fragen auf, von denen keine einzige überflüssig war, und zeigte sich dabei so überlegsam und bedacht, wie ich ihn nur ganz selten gesehen hatte. Ich wußte nicht, was ich denken sollte, und wurde fast irr an mir selbst. Er aß mit dem größten Appetit, doppelt so viel wie ich, und trank keinen Schluck Wasser dazu. War das Fieber? Die von ihm gestellten Fragen verrieten zwar eine fast zudringliche Wißbegierde; aber Nafar Ben Schuri schien sie für ganz selbstverständlich zu halten, nahm sie ihm nicht im geringsten übel und beantwortete sie mit solcher Bereitwilligkeit, als ob er nur darauf gewartet habe, daß sie ausgesprochen würden.
    Inzwischen hatten sich die sämtlichen anwesenden Dinarun auch zum Essen gelagert. Es ging bei den verschiedenen Gruppen, welche sich bildeten, sehr lebhaft zu, und allerlei zu uns herüberklingende laute Bemerkungen verrieten mir die allgemeine Überzeugung, daß noch heut zum Zuge gegen die Dschamikun aufgebrochen werden sollte. Als auch Halef eine dieser Interjektionen hörte, stieß er ein vergnügtes Lachen aus und sagte zu Nafar Ben Schuri:
    „Deine Krieger scheinen sich auf dieses Unternehmen zu freuen, o Scheik der Dinarun, und das ist ein gutes Zeichen. Denn nur das, was das Herz erfreut, wird mit dem Arm und mit dem Verstand vortrefflich ausgeführt. Wir sind bereit, dir beizustehen. Nur darum habe ich dir so viele Fragen vorgelegt. Wir wollen das, was du mir antwortest, noch einmal kurz zusammenfassen, damit nicht nur ich, sondern auch mein Sihdi weiß, was er zu denken hat.“
    Das war wieder einmal einer seiner kleinen diplomatischen Kniffe. Er pflegte gern den eigenen Wunsch mit fremden Wünschen zu maskieren. Nun fuhr er fort:
    „Also ihr seid nicht etwa der ganze Stamm, sondern nur ein kleiner Abzweig der Dinarun?“
    „So habe ich gesagt, und so ist es wirklich“, antwortete Nafar.
    „Ihr weidetet hier in der Nähe und wurdet von den Dschamikun überfallen und derart ausgeraubt, daß von euren Herden und Zelten fast gar nichts übrig geblieben ist?“
    „Ja.“
    „Ihr wollt sie verfolgen und ihnen das Geraubte wieder abnehmen. Das muß schnell geschehen, und darum könnt ihr nicht auf die Hilfe eures Stammes rechnen, weil eure Genossen sich so weit von hier befinden, daß eine lange Zeit vergehen würde, ehe es ihnen möglich wäre, sich hier zusammenzufinden?“
    „Das ist es, was ich dir sagte. Die Dschamikun zählten vielleicht zweihundert Mann, als sie unser Lager überfielen. Ich habe euch schon erzählt, daß wir nicht daheim, sondern auf einem Fest abwesend waren, sonst wäre ihnen der Raub gewißlich nicht gelungen. Wir können ihnen das uns Gestohlene nur dann wieder abnehmen, wenn wir ihnen sofort nachjagen, um sie einzuholen, bevor es ihnen gelungen ist, ihren eigenen, großen Stamm zu erreichen. Kommen wir zu spät, so ist alles für uns verloren. Darum wollten wir schon heut früh aufbrechen. Dies wäre ganz gewiß geschehen, wenn wir nicht gestern euch getroffen hätten. Dadurch haben wir einen halben Tag verloren. Jetzt aber essen wir, und dann werden wir aufbrechen. Ich hoffe, ihr seht ein, daß wir nicht länger warten können.“
    „Natürlich sehen wir das ein, aber ehe ihr diesen Ort verlaßt, gibt es noch mehr zu tun, als bloß zu essen.“
    „Was?“
    „Willst du denn nicht an unsere Gefangenen denken?“
    „Maschallah! Das ist richtig. Die können wir doch unmöglich mit uns schleppen!“
    „Nein. Sie würden nur hinderlich sein und uns wohl gar entschlüpfen und zu Verrätern werden. Also essen wir vorerst; dann halten wir Gericht über sie, und dann wird sofort von hier aufgebrochen!“
    Das klang alles so glatt und selbstverständlich, daß ich es für an der Zeit hielt, nun endlich auch einmal das Wort zu ergreifen.
    „Lieber Halef, erlaubst du, daß auch ich mitsprechen darf?“ fragte ich.
    „Was fällt dir ein, Sihdi!“ rief er aus. „Seit wann hast du erst um Erlaubnis zu bitten, bevor du reden darfst?“
    „Seit ich höre, daß du der Pascha dieser ganzen Gegend und aller derer bist, die sich in ihr befinden!“
    „Ich? Pascha? Fällt mir gar nicht ein! Ich habe nur deshalb so drauflos bestimmt, weil du deinen Mund nur für den

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