2200 - Der Sternenbastard
und ein kräftiger, lang gestreckter Schwanz, der halb vom Tisch hing. Besonders eindrucksvoll war das Reptilienmaul mit den gewaltigen Backenmuskeln. „Thereme! Sag deinem Freund, er soll den Mund zumachen. Zu essen gibt's hier nur für Tiere."
Thereme nahm meinen Arm und wollte mich wegzerren.
Ich bewegte mich keinen Millimeter. „Dieses Tier ist ein Croche", sagte ich.
Mal Detair blickte überrascht von seinem Patienten auf. „Bitte was?"
„Ein Croche. Nach wie vor."
„Nichts gefunden über die Sorte", brummelte Detair. „Woher kommen die?"
„Vom Planeten Creiff. Das liegt beim Sternenarchipel Hayok, ungefähr 24.000 Lichtjahre. Sie sind fast ausgestorben. Was ist mit ihm passiert?"
„Irgendein Edler hielt den Kleinen zum Spaß. Als er seiner überdrüssig wurde, hat er ihn ausgesetzt. Passiert oft bei unseren hohen Herren in den Villenvierteln." Die Augen des Crochen standen halb offen.
Doch das Licht in ihnen war kein Glühen mehr, höchstens ein Schimmer. „Es gibt Würgemale. Von einer Elektrofalle. Seine Zähne sind abgeschliffen, die Kiefermuskeln wurden bis auf wenige Fasern durchtrennt. Er kann schlucken, aber nicht beißen.
Das Seltsamste aber ..."
Detair aktivierte einen Körpertaster. Ein Holo in zerfranster Herzform zeichnete sich ab. „Das da. Ein Organ, das gezielt abgeödet wurde. Es ist über ungewöhnliche Nervenstränge mit dem Hirn verbunden.
Die Menge der Nervenzellen ist größer als im Hirn.
Auf der anderen Seite gibt's keinerlei Stoffwechselfunktion, die ich ..."
„Das Levitationsorgan", fiel mir ein. „Ich könnte wetten, dass ... Crochen laufen nicht oft. Sie schweben, eine Art Psi-Fähigkeit. Der Schwanz dient zum Abstoßen im Unterholz. So jagen sie. Was meinst du, kannst du ihn retten?"
„Weiß nicht. Ich glaub, er will gar nicht leben. Manche Kreaturen beschließen zu sterben, und dann sterben sie. Hat auch was mit Würde zu tun."
Mal Detair schob dem Crochen einen Schlauch zwischen die Kiefer, schüttelte wie ein Terraner den Kopf, dann pumpte er ihm Brei in die Speiseröhre. „Das hat jedenfalls keine Würde."
Er richtete sich auf, zurück zum ersten Tisch, strich mit seinen Pranken über das braune Fell des Possonkals und streifte aufmunternd mit einem Blick Thereme. „So, wollen mal sehen. Mal was anderes als die Kahtodos deines Herrn Khilur. Ist wohl deiner, was?"
„Ja."
„Hatte er besonderes Futter?"
„Nicht dass ich ..."
Detair hob behutsam die Lider des Possonkals und inspizierte erst links, dann rechts die bläulich angelaufenen Bindehäute. Er schnüffelte misstrauisch am After und verzog das Gesicht. „Gibt's in den Gärten deines Herrn Albon-Sträuche?"
„Ja, aber ..."
„Er hat Albon gekaut. Duftet gut, bricht Männerherzen, ist aber giftig für Possonkals. Und riecht ganz abscheulich, wenn's verdaut ist." Er musterte Thereme mit einem strengen Blick. „Sie machen das bloß, wenn sie Langeweile haben. Du vernachlässigst ihn, Thereme. So viel ist mal sicher."
„Das stimmt nicht!", rief sie empört und verstummte kleinlaut, mit einem vorwurfsvollen Seitenblick auf mich.
Detair öffnete eine Art Tresor, in dem sich Flaschen, Fässchen und Chemikalienröhren türmten. Mit einer kryptisch beschrifteten Ampulle kehrte er zurück, hob Raffids Kopf und träufelte eine Spur auf die Zunge des Possonkals. „Das wär's. Wenn er heute Abend noch lebt, wird er wieder der Alte."
*
Kurz vor Sonnenuntergang humpelte ich in Detairs Hospital zurück; im Grunde stolz auf mich, denn ich hatte Shallowains Tricks perfekt gekontert. Unglücklicherweise hatte er ein paar neue gekannt.
Ich grinste schief, als Thereme auf mich zueilte und mir um den Hals fiel. Am liebsten hätte ich mich auf den nächsten Medotisch gelegt und um die Notschlachtung gebeten.
Mein Blick fiel auf Raffid, der in einer Ecke auf Decken friedlich schlummerte, und auf Mal Detair, der mich und Thereme im Auge behielt. Er musste geschlafen haben, denn sein Blick wirkte klarer als am Morgen. „Wie geht's dem Crochen?", fragte ich den Heiler. „Gestorben."
So einfach. Die Auskunft schockierte mich. Ich hatte an Torm gedacht, an Weigel und Arachya, sogar an Valizon und seine Schockersticks, und nun war der Croche tot.
Stattdessen lag ein neuer Patient auf dem Medotisch: ein pelziges Tier, das alle paar Sekunden zuckte und geruchloses Erbrochenes aus dem Maul würgte. „Ein Quatus", erklärte Detair beiläufig. „Gesunde Tiere haben Wolle, mit der man Mehinda-Seide
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