2200 - Der Sternenbastard
erwies sich als unverwüstlich. Unter mechanischer Last verhielt es sich wie ein Körperpanzer. Während der Dagor-Lektionen wurde die Jacke nicht zugelassen, weil sie als Defensiv-Waffe galt, in Mal Detairs 101 Tierklinik jedoch leistete sie mir nützliche Dienste. „Thereme hat den Geburtstag erwähnt", keuchte Detair, als wir ein tonnenschweres Raubtier zu seiner Box bugsierten. „Erinner mich dran, dass ich auch noch eine Kleinigkeit für dich hab."
Ein Hieb mit der Tatze traf mich an der Schulter.
Die Wucht riss mich beinahe um, doch die Krallen glitten wirkungslos am Leder ab. „Was für 'ne Kleinigkeit denn?"
Detair versetzte dem Vieh einen Klaps aufs Hinterteil und schlug die Tür zu. Schnaubend lehnte er dagegen und grinste. „Ein Tarox-Marder."
„Bitte was?"
„Du hörst schon richtig. Komm mal mit!"
Mal Detair führte mich durch die halbe Anlage, zu einer Baracke nah am Eingang. Durch ein Luk blickte ich auf ein kleines braunes Bündel Pelz, so lang und so dick wie ein arkonoider Unterarm. Der Marder wusste genau, dass er beobachtet wurde.
Tatsächlich ein Tarox. Die Spezies war nicht sehr bekannt; ich aber wusste um die Gefahr, die das unscheinbare Tier darstellte. „Das ist Kehmi. Er war halb tot, als man ihn fand.
Schwer misshandelt, wahrscheinlich aus einem Wettbüro."
„Arenakämpfe?"
„Möglich. Ich hab ihn zwar aufgepäppelt, aber jetzt ... Ich weiß niemand außer dir, der mit einem neurotischen Tarox klarkommt. Entweder du nimmst ihn, oder ..." Detair ließ den Rest offen.
Ich stellte mich vor das Luk und betrachtete den un-102 scheinbaren, mörderischen Tarox. Winzig kleine Augen, eine Sekunde lang gebleckte Zähne, die blitzten wie Klingen. Ich saugte mich an den Augen des Marders fest, und ich stieß Geräusche aus, die ich an mir selbst nicht kannte.
Als der Magnetismus einsetzte, öffnete ich die Tür.
Mal Detair sog scharf die Luft ein.
Ich kniete vorn an der Schwelle und sah den Burschen ruhig an. Ich bin dein Freund. Es war bloß ein Gedanke, doch ich war sicher, dass er mich auf geheimnisvolle Weise verstand. Ich bin dein Meister und sorge für dich. Du wirst nie mehr Hunger leiden. Der Tarox näherte sich mit gespanntem Rückgrat. Aber er sprang nicht. Er schnupperte an Fingern und Stiefeln, und ich wusste, dass er meine Kennung aufnahm.
Vorsichtig kam ich hoch, um ihm meine Größe zu zeigen. Über die Schwelle wich ich in den Gang zurück, schloss die Tür und atmete auf.
Detair meinte trocken: „Bei dir ist das wohl Telepathie."
*
Kehmis Haltung war nur möglich, weil ich ein Einzelzimmer bewohnte. Als künstliche Höhle kam ein Korb zum Einsatz, auf Thartems altem Bett in der Paragetha. Unter dem Holo meiner Eltern, das sich wie ein Fenster in die Wand fügte. Der Kern des Korbs war mit natürlicher Wolle gepolstert. Alle paar Tage, wenn ich nachts bei Thereme war, 103 streunte Kehmi über Khilurs Anwesen. Die Tage verschlief er. Anfangs plagten mich Gewissensbisse, und ich dachte dran, ihn Detair zurückzugeben.
Doch der Rhythmus entsprach in etwa den natürlichen Gewohnheiten eines Tarox.
Ich brachte ihm bei, still über meiner Schulter zu liegen. Wie ein dicker Schal oder ein Kragen aus Pelz.
Kehmi störte nicht die Abläufe in der Paragetha, und darauf kam es an.
Den weitaus größten Part meines Lebens beanspruchte die Schule. Über die gegnerischen Schiffstypen wussten wir so gut Bescheid wie über die eigenen. Galaktopolitik rückte mehr und mehr ins Zentrum. Das Reich Tradom war Geschichte; das Kristallimperium gedieh; Arkon hatte seit tausend Jahren nicht diese Macht besessen, während Terra sich selbst schwächte. „Der Imperator wird wieder in den Krieg ziehen", sagte Keiphos prophetisch voraus, vor der großen Runde in der Aula. „Bostich ist ein Mann, der Chancen zu nutzen weiß. Ihr werdet alle zu Siegern ausgebildet, die neue Generation Offiziere. Nutzt eure Zeit in der Paragetha! Wissen wird mal eure Lebensversicherung sein."
Ich hob mit einem fragenden Zeichen die Hand.
Keiphos neigte mir genervt sein Vogelgesicht zu. „Kantiran?"
„Man hat uns einen Ausflug zum Mascanten Kraschyn angekündigt. Steht der Termin bereits?"
„Ihr erhaltet rechtzeitig Bescheid. Diese Fragen sind sinnlos, Kadett."
104 Keiphos entließ uns zu den Lektionen.
Draußen im Korridor schob sich Latista, die Glatze, an meine Seite. „Ich hörte, du gehörst sowieso zum auserlesenen Kreis", schnappte er. „Eingeladen beim höchsten Admiral des
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