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221 - Feindliche Übernahme

221 - Feindliche Übernahme

Titel: 221 - Feindliche Übernahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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berühren.
    Angewidert wischte Nefertari die Hände weg. Ihre Augen versprachen tausendfachen Tod.
    Aber sie beruhigte sich wieder. Vor allem, als sie die Gegenstände sah, die vor einigen Zelten standen. Da gab es ein etwa eineinhalb Speere langes Schiffsmodell aus Zedernholz, dessen Bug und Heck stark nach oben gekrümmt waren. Am Heck besaß es zwei Ruder und war von vorne bis hinten bunt bemalt.
    Ein Boot aus dem Gefolge der Königsbarke, dachte Nefertari verblüfft. Wie kommen diese Niedriggeborenen zu diesem schönen Schiff, das ganz sicher aus dem Besitz eines Edlen stammt?
    Aruula hätte es ihr sagen können, schwieg aber. Sie erinnerte sich an das Modell. Es hatte im Vorraum von Nefertaris Grabkammer gestanden, genau wie der reich verzierte Kinderthron, die goldene Frau mit Krone und Stab, die auf einem schwarzen Panther stand, oder der goldene Schrein mit den offenen Türen, der in reicher Fülle mit diesen seltsamen Figuren verziert war. Die Beduuns hatten die Vorkammer leer geräumt. Gegenstände aus der Grabkammer selbst waren rar gesät; die Explosion hatte die meisten Kostbarkeiten zerstört.
    Rüstü trat aus seinem Zelt. Der Clanchef hatte einen wunderschönen Bogen umhängen, der ebenfalls aus dem Grab stammen musste. Die kleinen Bilder auf dem Holz verrieten es.
    Auch das goldene und silberne Ankh, das mit Edelsteinen und Glas verziert war und das er an einer Schnur um den Hals trug, stammte aus dem Grabraub. Aruula spürte Erregung, ja Hass bei der Königin.
    Rüstü stemmte die Hände in die Hüften und verfolgte Nefertari eine Zeitlang mit seinen Blicken. Dabei sagte er kein Wort. Schließlich drehte er sich abrupt um und zog die Eingangsplane wieder hinter sich zu.
    Nefertari ging zu Sülayka zurück. Sie hatte inzwischen die Beduun als »Hofdame« akzeptiert und ließ es sogar zu, dass diese ihren Körper wusch.
    Zudem pflegte Nefertari nun verstärkt den Kontakt zur Vorbesitzerin dieses Körpers. Um Aruula und ihre Fähigkeiten besser einschätzen zu können, musste sie unbedingt mehr über sie erfahren. Da Nefertari aber nicht mit Gewalt zum Ziel kam, änderte sie ihre Taktik. Sie versuchte nun, das Vertrauen des unbezwingbaren Bewusstseins zu gewinnen.
    Ich möchte dir danken, dass du mich aus der ewig währenden Pein erlöst hast, indem du mir Obdach in deinem Körper gewährst, fremde Frau, sagte sie, als sie bequem auf ihrem Lager ruhte. Ihre mentale Stimme klang sanft und weich.
    Ich weiß natürlich, dass es im Moment nicht leicht für dich ist.
    Aber wenn ich überleben will, brauche ich deinen Körper so lange, bis ich einen anderen gefunden habe.
    Du willst also nicht für immer in mir bleiben? Aruulas Gegenfrage triefte geradezu vor Misstrauen.
    Dein Körper ist wunderbar, fremde Frau. Er ist für die Liebe genauso geeignet wie für den Kampf. Ich mag ihn und würde ihn unter normalen Umständen gerne auf Lebenszeit behalten. Aber du hast mich gerettet und ich bin dir zu Dank verpflichtet. So werde ich ihn dir bei nächster Gelegenheit zurückgeben. Ich bin sicher, dass ich einen ebenso geeigneten finde.
    Und was wirst du dann mit dem Bewusstsein machen, das darin wohnt?, fragte Aruula. Willst du es überfallen, wie du mich überfallen hast? Was wäre wohl mit meinem Geist passiert, wenn du meine Abschirmung durchbrochen hättest?
    Nefertari wollte aufbrausen, verkniff es sich jedoch im letzten Moment. Dass ich dich überfallen habe, fremde Frau, liegt daran, dass ich jemandem wie dir noch niemals zuvor begegnet bin. Bisher hat es kein menschlicher Geist geschafft, sich vor mir abzuschirmen, mich zurückzuweisen…
    Die Königin legte eine kleine Pause ein, in der Hoffnung, dass Aruula sich erklärte. Aber da kam nichts. Also fuhr sie fort: Ich verstehe, dass du mich nun für böse halten musst, aber das bin ich nicht. Ich war nur verwirrt, verunsichert, als ich dir begegnet bin. Natürlich auch deswegen, weil ich so unverhofft aus meinem furchtbaren Gefängnis entkommen bin, das ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünsche.
    Auch Mosa nicht?
    Was weißt du von Mosa…? Sag sofort, was du von Mosa weißt…
    Du hast ihn in deinen schlimmen Träumen verflucht. Ich weiß, dass er dein Mörder ist.
    Ja. Mosa, der Spross meiner Lenden, hat mich heimtückisch umgebracht. Aber er ahnte nicht, dass ich ein Liebling der Götter bin und sie mir deswegen die Unsterblichkeit geschenkt haben. Seit vielen Jahrhunderten wandere ich von einem Körper zum nächsten, wenn der alte stirbt.

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