2213 - Der Traum von Gon-Orbhon
Zeichens für Unendlichkeit, einer Figur ohne Anfang und ohne Ende.
Später hatte Carlosch Imberlock die Erde verlassen, um ziellos durch die Galaxis zu ziehen. Dabei war er mit dem Passagierschiff IMPRESSION in einen Hypersturm geraten. Die meisten Passagiere an Bord waren getötet worden. Er hatte zu den wenigen Überlebenden gehört.
Mit seinen Predigten auf der Erde hatte er nach dem Hyperimpedanz-Schock am 11. September 1331 NGZ begonnen. Zunächst unbeachtet. Später mit wachsender Aufmerksamkeit. „Ich verkünde die reine, mir von Gon-Orbhon eingegebene Wahrheit", hörte Mondra Diamond ihn rufen. „Ihr werdet mir folgen. Ihr werdet die Jünger des Gottes Gon-Orbhon sein."
Jemand schob sich, an ihr vorbei. Ein kleiner, dunkelhaariger Junge mit einer farbenprächtigen Duggu-Feder auf dem Kopf. Die etwa dreißig Zentimeter lange Feder steckte senkrecht in seiner Kopfhaut, wo sie sich mühelos hielt, obwohl der Junge rhythmisch mit dem Kopf wackelte.
Mondra legte ihm rasch die Hand auf die Schulter. „Jordo Alpha, was machst du hier?"
Der Junge drehte sich um und schielte an den Mini-Sichtfeldern vorbei, die vor seinen Augen schwebten. „Mondra, alte Tante", grinste er. „Bist du auch hier, um fazze Musik zu hören?" Die Feder auf seinem Kopf wackelte bedenklich. Mondra wusste, dass sie nicht herabfallen würde. Sie hatte sich in seiner Kopfhaut festgesaugt und war nur mit Hilfe einer Spezialtinktur zu entfernen. Die jugendlichen Anhänger dieser Mode störte das nicht. Im Gegenteil. Sie feixten meist, wenn sie merkten, dass sie Erwachsene auf diese Weise provozierten. „Ich bin enttäuscht. Ist nicht so fazze, wie ich hoffte. Und für dich ist das schon gar nix. Bist zu alt."
„Du wirst noch mal in dein Unglück laufen, wenn du ständig MusiTops in den Ohren und diese dämlichen Sichtfelder vor den Augen hast", ermahnte sie den zwölfjährigen Jungen.
Jordo tauchte immer mal wieder in ihrer Nachbarschaft auf, wo er Freunde hatte. Sie war ihm einige Male begegnet. Er war einer der wenigen seines Alters, die nicht nur höflich, sondern stets hilfsbereit waren. Allerdings war es nicht ganz leicht, mit ihm zu reden, weil er -wann immer es ihm möglich war - Musik hörte und die dazu passenden Videos sah. Er ließ die Arme hängen, stand still vor ihr und sah entsetzlich enttäuscht aus. Mondra blickte ihn überrascht an. Nie zuvor hatte er ihr ein derartiges Bild des Jammers geboten. Sie kannte ihn eigentlich nur als einen etwas aufmüpfigen, frechen Jungen, der verrückt nach Musik war. „Ich höre nichts", klagte er und zeigte müde auf sein Steuergerät. „Das Mistding fazzt nicht mehr mit Syntronik."
„Oh, das tut mir Leid."
„Ach, pfeif drauf!", rief er, wobei er die Hände in seinen schier endlos tiefen Hosentaschen versenkte. „Ich pfeife mir meine eigene Musik."
Lautlos bewegten sich seine Lippen im Rhythmus der Musik, die seine Phantasie in seinem Kopf abspielen ließ. „Hast du meine Kumpels gesehen?", fragte er. „Wir wollten uns eigentlich hier treffen. Oh, Mann! MUSS dieser Quasselheini so laut sabbeln?"
Damit spielte er auf Carlosch Imberlock an, der in seiner Predigt fortfuhr und seine Helfer offenbar angewiesen hatte, die Lautstärkeregler seiner Anlage weiter aufzudrehen. Jordo Alpha winkte Mondra grüßend zu, hüpfte ausgelassen von einem Bein aufs andere und entfernte sich unter Verrenkungen, die bei der Jugend dieser Tage als Tanz angesagt waren.
Mondra blickte lächelnd hinter ihm her, bis er in der Menge verschwand. Sie mochte Jordo. Seine Eltern hatten ihn Alpha genannt, weil er ihr Erstgeborener war; viele weitere hatten folgen sollen. Bedauerlicherweise war es nie zu Beta, Gamma, Delta oder weiteren gekommen.
Die flache Hand Homer G. Adams' klatschte auf die Tischplatte. „Das sollten wir verbieten!", rief er mit einem bei ihm selten erlebten Gefühlsausbruch. „Das können wir nicht", stellte Julian Tifflor nüchtern fest, „Tut mir Leid. Wir wissen ja nicht, ob diese Leute nicht doch Recht haben."
„Es sind Betrüger. Lumpengesindel, das arglose Bürger übervorteilt", behauptete der kleine, bucklige Mann, der die wirtschaftliche Entwicklung der Menschheit wie kein anderer bestimmt hatte. „Diese Geschäftemacher verführen die Leute dazu, in Syntronikwerten zu spekulieren, und als Argument führen sie an, die Hyperimpedanz werde zu ihrem alten Wert zurückkehren. Sie behaupten, dass diejenigen das Geschäft ihres Lebens machen, die dann die Kontrolle über
Weitere Kostenlose Bücher