2215 - Der Schohaake
dämmern. Sam lief jetzt noch schneller. Skargue kam kaum nach. Obwohl kräftig und rüstig, machte ihm das Tempo allmählich zu scharfen.
Drei Tage lang waren sie nun fast ununterbrochen unterwegs. Skargue nahm noch einen Schluck aus der Flasche und beschloss, zum letzten Mal ein Nachtlager aufzuschlagen, ehe er den Rückweg antrat.
Plötzlich blieb Sam stehen. Er stand da wie versteinert, rührte sich nicht und wartete auf seinen Herrn. Skargue spürte, dass etwas Entscheidendes bevorstand. Zunächst konnte er weit und breit nichts erkennen, was sich von dem Weiß des Schnees abhob.
Doch dann, als er Sam erreichte, sah er die Spur.
Die Fährte war relativ frisch, in den harschen Schnee getreten, nachdem es zu schneien aufgehört hatte. Höchstens ein paar Stunden war das her.
Aber ... sie gehörte zu keinem Tier, das der Biologe kannte, und wenn sich einer mit der hiesigen Fauna auskannte, dann er. Selbst bei schlechteren Lichtverhältnissen hätte er das auf den ersten Blick erkannt.
Sam blickte den Wissenschaftler aus seinen halbblinden Augen abwartend, wie herausfordernd an. Er knurrte leise. Alexander Skargue ging neben ihm in die Hocke. „Was haben wir da gefunden, Sam?", fragte er murmelnd. „Sei ruhig, ganz ruhig ..."
Die Spur erinnerte an die Fußabdrücke eines Menschen ,- höchstens von Kindgröße.
Aber sie waren sicherlich nicht menschlicher Herkunft. „Nur vier Zehen, Sam", sagte Skargue. „Wer immer hier gegangen ist, besitzt nur vier Zehen vorne und eine hinten am Fuß, dort, wo ein Mensch die Ferse hat..."
Er war sich ziemlich sicher, dass kein exotisches Tier sich hierhin verirrt hatte, das diese Spuren hätte hinterlassen können. Es war nicht gänzlich auszuschließen, aber an diese Option glaubte er nicht ernsthaft.
Da war es wahrscheinlicher, dass sich ein außerirdischer Besucher in den norwegischen Wäldern herumtrieb. Skargue hatte freilich keine Ahnung, welches galaktische Volk solche Fußabdrücke hinterlassen mochte. Flugwesen nach Art der Bekassu und Geschöpfe des Wassers, wie die Solmothen sie darstellten, konnte er ebenso ausschließen wie Lemurerabkömmlinge, ebenso Hufträger wie die Cheborparner oder Wesen mit Klauen wie die Topsider oder Kartanin. Die exotischsten Wesen, die ihm einfielen, waren die Blues, doch er verwarf den Gedanken sofort wieder, als er genauer darüber nachdachte. Er hatte einmal Blues auf einer Bergtour gesehen und sie hatten - wie die meisten vernunftbegabten Lebewesen ohne entsprechende körperliche Robustheit - Schuhwerk getragen.
Es brachte nichts ein, darüber nachzudenken, zu welchem Volk der Fremde gehörte, er würde es ohnehin früh genug erfahren, wenn er ihn gefunden hatte. Was mochte das Fremdwesen hierher verschlagen haben? Eine ... Safari am Ende gar? Skargue knurrte ärgerlich. Wofür betrieben sie hier den ganzen Aufwand, wenn diese Zivilisationskrüppel einfach herkommen und wer weiß was anrichten konnten? Er richtete sich auf und tätschelte die Flanke seines Hundes. „Wir folgen der Spur, Sam."
Der Huskie verstand. Er trabte leise knurrend los, langsam und schnüffelnd. Sein Schwanz war immer noch zwischen die Hinterläufe geklemmt. Skargue folgte ihm wachsam in einigen Metern Abstand. Die Schneedecke reflektierte das Licht des inzwischen hoch am Himmel stehenden Vollmondes. Inzwischen war es fast vollkommen sternenklar. Mit dem Schnee hatte auch der Sturm nachgelassen. Es war still, unheimlich still. Nur das knirschende Geräusch der eigenen Schritte war zu hören. Kein anderer Laut. Kein einsam jagender Nachtraubvogel, kein Wolfsgeheul - nichts.
Skargue verspürte keine Müdigkeit mehr. Es war wie ein Fieber, das ihn gepackt hatte. Er versuchte wiederum sich vorzustellen, wie ein Wesen beschaffen sein mochte, das diese Fußabdrücke hinterließ. War es nackt? Wie konnte es dann der Eiseskälte widerstehen? Nur in einem war er sich noch immer sicher: Er folgte keinem ihm bekannten Tier.
Die Neugier des Wissenschaftlers trieb ihn voran. Wem oder was folgten sie? Was sonderte einen so intensiven Geruch ab, dass Sam es über Kilometer hinweg wittern konnte?
Fast eine Stunde war vergangen, als der Huskie laut knurrend stehen blieb, wenige Dutzend Meter vor einer einsam in der Schneewüste des Hügels stehenden, knorrigen Fichte. Die Spuren führten direkt darauf zu.
Skargue verlangsamte seine Schritte. Er ging an Sam vorbei, der sich wieder nicht von der Stelle rührte. Eine ihm selbst unerklärliche Aufregung hatte den
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