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2220 - Tote leben länger

Titel: 2220 - Tote leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wovon ich spreche, schließlich war ich selbst für einige Jahre an einen Schwebestuhl gefesselt. Es war kein Vergnügen für mich, aber so wenig wie auf mich damals kann Terra im Augenblick auf deine psychischen Wehwehchen Rücksicht nehmen. Denk darüber nach, Malcolm!"
    „So viel Zeit bleibt ihm nicht." Adams hustete gequält. „Die Menschheit braucht dich, Malcolm. Verschieb dein verdammtes Selbstmitleid auf später und pack mit an, so, wie alle anderen es ebenfalls tun!"
    „Herr Adams ..." Daellians künstliche Stimme klang dumpf. „Und Doktor Kantor. Eure plumpe Art missfällt mir. Ich hatte gehofft, ihr würdet von euch aus begreifen, worauf es ankommt. Ihr wisst sehr genau, dass ich ein USO-Spezialist war und bin. Jegliche plumpe Vertraulichkeit ist fehl am Platz. Sie ist die korrekte Anrede für mich."
    Adams' Gesichtsausdruck, die Kinnlade halb heruntergeklappt, sprach Bände. Myles Kantor tat so, als kämpfe er gegen seine widerspenstige Haarsträhne. Sie fühlten sich beide bloßgestellt und zum Narren gehalten.
     
    7.
     
    ... es war eine andächtige Atmosphäre, mit Worten schwer zu beschreiben. Tausende Menschen standen dicht an dicht und schauten schweigend zum Himmel empor. Der Wind war nahezu eingeschlafen, das Riffelmuster der Cirrocumuluswolken, die in breiten Bändern Terrania City überspannten, veränderte sein Aussehen nicht mehr.
    Als wäre die Zeit stehen geblieben.
    Sekundenlang schloss er die Augen und ließ die Stimmung auf sich einwirken. Er fühlte sich leicht und frei wie lange nicht mehr und glaubte, die Erwartung der anderen zu spüren, ihren Wunsch, diesen Moment für immer festhalten zu können.
    Seine Gedanken trieben dahin. Er sah sich eingekeilt in der Menge, die sich monoton im Rhythmus einer unhörbaren Melodie wiegte. Ein ätherischer Klang hing über der Stadt - der Gesang der Sterne, ihr Lied vom Entstehen und Vergehen dieses Universums. Überall standen Menschen. Auch Angehörige anderer Völker. Sie warteten. Nicht weit entfernt die Waringer-Akademie, ein Lichtermeer vor dem Hintergrund von Atlan Village. Gleißend zeichnete sich der Regenbogen-Dom ab, Symbol terranischer Innovation ...
    Urplötzlich ein helles Licht, dort, wo Sol hinter den Wolkenbänken verborgen stand. Innerhalb von Sekunden weitete es sich nahezu über das halbe Firmament aus. Ein Raunen ging durch die Menge, ein Ausdruck von Staunen und Zufriedenheit.
    Er hörte sich ebenfalls murmeln ... ... aber dann war das alles wie weggewischt.
    Aus verklebten Augen blinzelte er über ineinander verlaufende Farbmuster hinweg. Hinter ihnen ragten düstere Schemen auf: Gebäudesilhouetten, daneben der matt gewordene Schliff etlicher Speicherkristalle. Die Erhöhung der Hyperimpedanz hatte sie geradezu ausgebrannt. Warum sie immer noch neben den Modellabgüssen der Akademie standen? Nostalgie? Vielleicht. Gewohnheit? Auch das.
    Roghard Shebenyer hob den Kopf. Sein Nacken, die Schultern und der Rücken - alles war verspannt und schmerzte, weil er über der Arbeitsplatte eingeschlafen war. Steif richtete er sich auf und schaltete die Leerlaufprojektion ab. Ihr Flackern hatte seinen Schlaf unruhig werden lassen.
    Er fühlte sich müde und zerschlagen, wischte sich fahrig das angetrocknete Sekret aus den Augenwinkeln und ließ sich im Sessel zurücksinken. Über Terrania ging soeben die Sonne auf. Blutrot und riesig überzog Sol den Himmel mit verwaschener Glut.
    Shebenyer schwang mitsamt dem Sessel herum, schnellte auf die Füße und tippte sich am Versorgungsautomaten einen Kaffee. Den dampfenden Becher in der Linken, trat er bis dicht vor die Panoramascheibe und ließ den Blick schweifen.
    Seit Monaten lag sein provisorisches Büro in den zentralen Labors mit Blick über den Kalup-See. Nacht wurde es über dem Areal schon lange nicht mehr, schwebende Scheinwerferbatterien erschienen mit Beginn der Abenddämmerung über allen Baustellen. Gearbeitet wurde in drei Schichten rund um die Uhr. Einzelne Komplexe waren inzwischen fertig gestellt und erhielten den letzten Schliff bei der Innenausstattung ebenso wie im Außenbereich. Gleichzeitig wuchsen die Parkanlagen, die den Anschein erweckten, als wären ihre Baumriesen schon vor fünfzig Jahren und mehr gepflanzt worden.
    Dabei hatte das Areal vor der Grundsteinlegung am 1. Juni 1330 den Eindruck kahler Wildnis erweckt, als gehöre es nicht nach Terrania, sondern sei Teil irgendeines Hinterwäldlerplaneten. Schon Monate zuvor waren Altgebäude abgerissen und

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