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2220 - Tote leben länger

Titel: 2220 - Tote leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Schuttberge für den Abtransport zur Wiederverwertung angehäuft worden. Teils gewaltige Schlünde, von ausgedehnten Fundamenten zeugend, hatten sich langsam mit Wasser gefüllt. Und als hätte die Natur ihre Chance erkannt, verlorenes Terrain zurückzuerobern, hatte sich eine vielfältige Flora mit unglaublicher Geschwindigkeit etabliert.
    Nichts von alldem war geblieben. Die Waringer-Akademie sollte zum Aushängeschild Terras werden.
    Ein bissiges Lächeln kerbte Shebenyers Mundwinkel ein. Solange die raumfahrenden Völker nahezu isoliert blieben, verpuffte jede Außenwirkung. „Ich wünsche dir einen guten Morgen, Ressortleiter Shebenyer", sagte eine weibliche Stimme. „Die Außentemperatur beträgt aktuell zwölf Grad Celsius; wir erwarten einen sonnigen und nur leicht bewölkten Tag mit Wind aus Nord bis Nordwest. Da du dein Büro während der Nacht nicht verlassen hast, darf ich mich nach besonderen Wünschen erkundigen..."
    „Keine!", sagte Shebenyer schroff. „Welche Termine stehen an?"
    Obwohl er danach gefragt hatte, hörte er nur mit halbem Ohr hin, was die Automatik herunterbetete. Dass sein Tag mit Terminen voll gestopft war, wusste er ohnehin. Zwei Hearings im Arbeitsfeld „Lineartechnologie und ihre Synergie" standen an.
    Von wirklichem Lehrbetrieb konnte noch lange nicht die Rede sein. Es gab zwei kleine Gruppen, die schon in den Labors arbeiteten, doch das war eher als Test aufzufassen und aus der Zwangslage heraus geboren. Rund zweieinhalb Monate nach dem Hyperimpedanz-Schock vom
     
    10.
     
    auf den 11. September war der Ruf nach Triebwerksspezialisten unüberhörbar laut.
    Im Anschluss an den totalen Energie-Blackout, ohne funktionsfähige Roboter und mit schrottreifen syntrongesteuerten Baumaschinen hatten sich die Baustellen für geraume Zeit in Geisterstädte verwandelt. Allzu deutlich sah Shebenyer die deprimierenden Szenen noch vor sich: tausende Arbeiter, die in den begonnenen Gebäuden campiert hatten. Ohne Lebensmittel, jedoch mit notdürftig gefiltertem Wasser aus den künstlichen Seen. Große Lagerfeuer als Schutz gegen die nachts extrem gewordene Kälte hatten nahezu alles brennbare Material verschlungen. Einige total verrußte Anlagen waren bis heute noch nicht gereinigt worden. Wenigstens hatte es mit den sanitären Vorrichtungen keine nennenswerten Probleme gegeben.
    Inzwischen war die Akademie zum Bienenstock geworden. Shebenyer hatte den Überblick bereits verloren -nach seiner Schätzung schufteten gut zehntausend Personen mehr als zuvor auf dem weitläufigen Gelände. Alle hatten die Zeichen der Zeit erkannt und wollten ihren Beitrag dazu leisten, Terra wieder nach vorne zu bringen.
    Die Positronik hatte ihre Aufzählung abgeschlossen. „Dein erster Termin beginnt in vierzig Minuten!"
    „Schon gut", erwiderte Shebenyer gereizt. „Ich leide nicht an Gedächtnisproblemen."
    „Verzeihung, aber mir war nur daran gelegen ..."
    „Aus!", kommandierte der Ressortleitergereizt. Sein Gesicht verkrampfte sich, beide Hände zuckten hoch und massierten die schmerzenden Schläfen.
    Starr blickte er hinüber zum fast eineinhalb Kilometer entfernten Rainbow Dome. In den letzten Tagen war das Bauwerk fertig gestellt worden - mit einer Meisterleistung des zuständigen Bauleiters, die niemand mehr für möglich gehalten hätte.
    Roghard Shebenyer presste die Lippen zusammen. Die beiden fallenden Wassertropfen schienen schwerelos über der in den See ragenden Landzunge zu hängen. Funkelnd brach sich die Morgensonne auf ihrer chromglänzenden Außenfassade. Darunter die aufspritzende Zackenkrone, weite Bereich, in hellem Blau wie aufgewühltes Wasser, die Außenkugeln in einem scheinbar höchst labilen Balanceakt eingefangen.
    Nicht das Gebäude selbst, sondern die Ausstattung der Auditorien fiel in seinen Zuständigkeitsbereich. Trotzdem hatte er sich um viele andere Dinge ebenfalls gekümmert.
    Roghard Shebenyer war im Begriff, sein Büro zu verlassen, als die Positronik sich wieder meldete: „Soeben traf eine Terminfestlegung erster Priorität ein. Der Residenz-Koordinator für Wirtschaft, Finanzen und Strukturwandel ..."
    „Nur das Wichtige!", unterbrach Shebenyer.
    Der positronischen Stimme war keinerlei Veränderung anzuhören. Freundlich unverbindlich fuhr sie fort: „Die Aktivierung des Rainbow Dome ist für den 1. Dezember festgelegt. Kann ich dein Erscheinen bestätigen?"
    Ein Leuchten huschte über Shebenyers Gesicht. Die Aktivierung sollte einhergehen mit der überfälligen

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