Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2220 - Tote leben länger

Titel: 2220 - Tote leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
kaum hörbar. „Mir ist ... kalt. Ich ..." Die Lider zitterten. „Ich gehe hier weg."
    „Unsinn", erwiderte Daellian heftig. „Sieh mich an, Junge! Sieh her!"
    „Sir, Sie ..."
    „Was siehst du? Schau mich an! Von mir ist nichts übrig außer dem Gehirn. Ich habe schlimmer ausgesehen als du. Und ich bin noch immer hier."
    Der Blick des Technikers flackerte unstet, doch er richtete sich jetzt auf das durchschimmernde Gehäuse. „Der Sarg", murmelte er. „Sie ... leben in einem ..."
    Daellian lachte trocken. „Sarg. Ja, ich existiere in einer Art Sarg. Ich habe nicht aufgegeben, obwohl es nichts mehr für mich zu gewinnen gab. Und du - du wirst auch nicht aufgeben. Solange du nicht so bist wie ich, kannst du nur gewinnen. Dein Leben, Junge, liegt noch vor dir."
    „Clerk", hauchten die aufgerissenen, verbrannten Lippen. „Mein Name... ist Clerk, Sir." Langsam, zögernd beinahe, schlössen sich die Augen. „Der Patient schläft jetzt", erklärte der Medorob. So etwas wie Verwirrung klang aus der ansonsten menschlich modulierten Stimme. „Seine Erregung ist deutlich abgesunken." 7.05 Uhr. Wohncenter Ambush.
    Reflexe der Morgensonne auf der leicht bewegten Oberfläche des Sees. Verwaschen schimmern die Schatten der Wohnblöcke im trägen Dunst des Ufersaums. Stimmen erklingen aus der Ferne, dazu das Dröhnen schwerer Maschinen; im Osten ein hell erstrahlender Stern, der auf Flammensäulen in den Himmel steigt und mit der Sonne verschmilzt. Ein Vogel streicht lautlos über den See, taucht ein und strebt mit schwerem Flügelschlag wieder in die Höhe. Silberschuppig zappelt es in seinen Fängen, Wasser perlt ab.
    Das ist eine flüchtige Idylle, die für wenige Augenblicke alle Hektik Lügen straft.
    Aber dieses Bild verwischt. Unruhe und Schmerzen treten in den Vordergrund. Malcolm Daellian hat sich lange dagegen gesträubt - zu lange. Er weiß, dass seine Kräfte nicht unerschöpflich sind, dass er wie jeder Mensch eine Erholungsphase braucht. Das war nie anders.
    Er reagiert unkonzentriert, seine Bewegungen entgleiten der bewussten Kontrolle, unmerklich erst, aber es wird schlimmer, der Sarkophag bewegt sich ruckartig. In diesem Zustand schwinden seine Zugriffsmöglichkeiten auf den Medotank zusehends. Die sensiblen Kontrollen geben ein Medikament in die Nährflüssigkeit ab, es wird ihn für kurze Zeit schlafen lassen. Aber davon weiß niemand außer ihm, einigen Medikern und den Konstrukteuren des Tanks. Sarg. Er lacht lautlos, hat alle Akustikfelder ausgeschaltet.
    Er hat eines der noch leer stehenden Wohngebäude zum Ziel. Die Einrichtung wurde schon angeliefert, nur fehlt der Anschluss an das Energienetz. Deshalb sind alle Räume zugänglich. Es sind geräumige Wohneinheiten.
    Der Medotank schwebt bis in die oberste Etage. Malcolm S. Daellian weiß, dass hier die Arbeiten erst am frühen Nachmittag fortgesetzt werden. Sollte dennoch jemand die unteren Etagen betreten, wird der Betreffende nicht sofort über den Medotank stolpern.
    Daellian wird zum Gefangenen seines Sargs, seine mentale Kontrolle über die SERT-Haube erlischt. Diesmal nur für die Dauer von zwei Stunden, aber das ändert nichts daran, dass er diese Phasen hasst.
    Im Schlaf wälzt sich der Körpertorso in der Nährflüssigkeit, er bäumt sich auf und giert danach, wieder frei zu sein. Frei oder tot. Für ihn ist beides dasselbe: Flucht aus dem bedrückenden Gefängnis. Hätte er jetzt noch die Kontrolle über den Medotank, er würde für sich selbst und andere zur Bedrohung werden.
    Im Schlaf überfallen ihn die Träume. Seine Erinnerung ist eine ewige Qual. ... der Alarm heult durch das Schiff. Das Experiment ist fehlgeschlagen, die Energien des Hyperraums sind in dieser Situation nicht mehr zu kontrollieren. Aus dem flackernden Transmitterfeld dringen Laute, für die es keine Erklärung gibt.
    Wir haben uns zu weit vorgewagt. Das erkennt er in dem Moment. Wir rütteln an unserer Existenz.
    Rücksturz!
    Verschwommen erscheinen einige wenige Sterne in den Holos. Sind sie wirklich, hier und heute - und vor allem: Gehören diese Sonnen zur Milchstraße? Die fremden Energien verschleiern jede Wahrnehmung... ...sie dringen in das Schiff ein. Ausfall der Schirmfelder. Kein Antrieb. Notfallalarm von den Reaktoren, sie werden kritisch. Der Kommandant ordnet die Evakuierung an. Aber es muss einen Weg geben, die Katastrophe zu verhindern; er muss die Vorrangschaltung aktivieren, er allein: Quin-Tech Malcolm Scott Daellian. Die unglaublichen

Weitere Kostenlose Bücher