2223 - Die Gotteskriegerin
Racheengel an den Jüngern vorbeieilte und schließlich in einem Büro verschwand, das den Adjunkten vorbehalten war.
Schwer atmend lehnte sie sich mit dem Rücken an die Tür. Gon-Orbhons Blick hatte sie mit einer Energie und einer Hast erfüllt, die ihr allmählich Probleme bereiteten. Zorn loderte in ihr. Sie brauchte unglaubliche Konzentration, um der permanenten Versuchung zu widerstehen, diesem Zorn einfach nachzugeben.
Was ist mit mir geschehen?, dachte sie. Ich erkenne mich nicht wieder.
Aber dann wurde ihr klar, dass es die Erkenntnis war, die Einsicht, ihr Leben lang belogen worden zu sein, von den Machthabern vorgegaukelt bekommen zu haben, dass sie nur das Beste für die Menschheit, für das ganze Universum wollten.
Sie haben uns an der Nase herumgeführt, dachte sie wütend. Sie sind unwissend. Sie sehen nicht.
Der Zorn wurde immer größer. Lange würde sie ihn mehr zurückhalten können. Und wenn sie in sich hineinlauschte, freute sie sich eigentlich schon darauf, diesem Zorn endlich freien Lauf lassen zu dürfen und alles auf einen Schlag zu beenden.
Mein nutzloses Leben wird einen Sinn erhalten!
Sie glaubte nicht daran, dass sie Adams' Hinrichtung in der Solaren Residenz vollstrecken konnte. Selbst ohne Syntrons, selbst bei reduzierter Tätigkeit von Sensoren war die Residenz immer noch ein ausgezeichnet geschützter Bereich - und sie selbst war als Jüngerin des Gottes Gon-Orbhon in der Residenz bekannt.
Ganz abgesehen davon, dass man wahrscheinlich ihre Zugangsberechtigung gelöscht hatte.
Nein, in der Residenz war für sie nichts zu machen.
Aber vielleicht an einem anderen Ort?
Deshalb war sie hier, im Presseraum des Tempels, und setzte sich an das Eingabepult der kircheneigenen Positronik. Ein altmodischer Bildschirm flimmerte.
Vielleicht hat dieses Hyperchaos auch sein Gutes, dachte sie. In einem Zeitalter ohne Syntrons, mit positronischer Steuerung, werden nicht alle meine Zugangsberechtigungen gelöscht sein. Ich bin noch immer eine Regierungsbeauftragte.
Sie nickte entschlossen, während sie einen Kode eingab, der sie als Adjunktin auswies. Die Positronik schaltete einen Zugangskanal zum Grid, dem wieder im Entstehen begriffenen Informationsnetzwerk Terras. Die Tastatur klackerte leise, die Bildschirmdarstellung veränderte sich; vorsintflutliche Technik. TLD und Sicherheitsdienst der Residenz haben bestimmt mehr und anderes zu tun, als sich mit einer scheinbar harmlosen Konvertierten zu befassen.
Sie schleuste sich durch mehrere SubNetze, bis sie im „Promikalender Politik" in der alphabetischen Listung auf Homer G. Adams stieß. Sein gesamter Fahrplan für den Januar 1332 war aufgeführt. Nett von der Pressestelle der Solaren Residenz.
Bre zog den Cursor nach unten, so dass die Einträge für die ersten drei Wochen des laufenden Monats am oberen Bildrand verschwanden. 22. Januar: Festrede anlässlich des 100. Geburtstages des Hyperphysikers Frenk Fastah. 23. Januar: Feierliche Eröffnung der Rohrbahnverbindung Asien-Afrika. 25. Januar: Ordensvergabe an den Vorsitzenden des Vereins „Eine Welt" für besondere Verdienste beim Wiederaufbau Terranias.
27.
bis 30. Januar: Wirtschaftsgipfel in Irland.
Adams war offensichtlich ein viel beschäftigter Mensch. Bre hatte nichts anderes erwartet. Beinahe erfüllte sie so etwas wie Frohsinn, als sie an die vielen Möglichkeiten dachte, ihn außerhalb der Residenz anzutreffen - weit mehr, als sie erwartet hatte.
Heute war der 29. Januar, der dritte Tag des Wirtschaftsgipfels.
Sie hatte nicht vor, das Attentat lange hinauszuschieben, und so suchte sie in den zur Verfügung stehenden Sub - Netzen nach Hintergründen der Konferenz. Es drehte sich um Strategien und Präferenzen des Wiederaufbaus.
Die News waren randvoll mit Berichten und ergingen sich über die Bedeutung des Gipfels und die Fortschritte, die bereits erzielt worden waren.
Die Mammutkonferenz schien für Adams und die am höchsten gestellten Wirtschaftsführer der nördlichen Hemisphäre ein großer Erfolg zu werden.
Bre knirschte verärgert mit den Zähnen, während sie sich durch ein Dokument nach dem anderen klickte.
Schließlich fand sie die genauen Daten - Tagesordnungspunkte, Uhrzeiten, Anschriften und Räumlichkeiten ...
Es lebe die Transparenz, dachte Bre zynisch. Was tun die Unsterblichen nicht alles, um den Terranern Mitbestimmung und Demokratie vorzugaukeln ...
Die Konferenz lief schon den dritten Tag, einen würde sie noch andauern. Ohne
Weitere Kostenlose Bücher