2223 - Die Gotteskriegerin
dass strahlender Sonnenschein herrschte. Ein starker Wind wehte, der den salzigen Geruch des Meeres herantrug.
Sie hatte kein Gepäck, das sie abholen musste, denn alles, was sie benötigte, trug sie am Körper - darunter auch den Nadler, der Adams das Leben kosten sollte.
Ein riesiger Fuhrpark mit Robottaxis breitete sich vor ihr aus. Sie verzichtete darauf, eines zu nehmen. Die Gleiter standen in ständiger Funkverbindung mit der Zentrale, sodass ihr Weg leicht nachvollziehbar gewesen wäre. Sie wechselte lieber das Transportband und ließ sich zu einer kleinen Firma tragen, die Antigravskater vermietete.
Minuten später flog sie auf einer Plattform, die gerade groß genug für ihre Füße war, in westliche Richtung. Der Wind hatte aufgefrischt, und sie steuerte das Gerät mit Hilfe des Bügels, an dem sie sich festhielt, quer über eine kilometerbreite Bucht.
Auf der anderen Seite der anschließenden Landzunge lag das Kongresszentrum.
Zog man die Bucht östlich der Hafenstadt, in die der Blackwater mündete, mit in Betracht, konnte man schon beinahe von einer Halbinsel reden. Jähe Felsstürze bildeten im Süden die Begrenzung zur Youghal Bay, die irgendwo am Horizont in den Atlantik überging.
Als Bre das letzte Mal hier gewesen war, hatte es auf der Halbinsel gerade einmal zwei kleine Dörfer mit einigen wenigen Häusern gegeben, fünf oder sechs an der Zahl: Moord und Cabin Point. Es war eine unberührte Gegend an der Küste gewesen, und genau deshalb hatte die terranische Regierung an dieser Stelle ein Ausweichquartier errichtet. Im unweit gelegenen Dublin fanden des Öfteren Konferenzen statt. Von daher handelte es sich um den idealen Ort, um zwischen den Sitzungen eine ungestörte Erholungspause einzulegen.
Als eine Rohrbahnverbindung nach Le Havre auf dem europäischen Kontinent angekündigt wurde, hatte Youghal - oder Eochaill, wie die Gälisch sprechenden Terra-Nostalgiker ihre Stadt nannten -den Zuschlag bekommen.
Geschickte Parteipolitik hatte diese Entscheidung herbeigeführt, und andere potenzielle Kandidaten wie Galway oder Cork hatten das Nachsehen gehabt. In der Folge war Youghal zu einem bedeutenden planetaren Warenumschlagplatz für den transatlantischen Frachtverkehr zum ehemaligen Nordamerika geworden. Die terranische Regierung hatte mitgezogen und auf der Halbinsel, hoch über der gischtenden Brandung, ein Kongresszentrum errichtet. Genau an der Stelle von Cabin Point, in dem nur noch eine Person gelebt hatte, ein Einsiedler, der früher als Seanachaidhen, als Geschichtenerzähler, die ganze Insel bereist hatte. Man hatte ihm großzügig eine verglaste Villa mit allen Schikanen erbaut, mit Klimaanlage und Blick aufs Meer.
Die Iren hatten die mündlichen Überlieferer ihrer Historie schon immer verehrt, und Walty Eirnstin war der Letzte seiner aussterbenden Zunft gewesen.
Bre konnte die Villa jetzt schemenhaft am Horizont erkennen, ein vager Umriss vor dem gleißenden Spiegel des Meeres. Östlich davon erhob sich ein gewaltiges Gebäude, das wie ein liegendes vierblättriges Klettblatt geformt war, zwanzig Stockwerke hoch und rundum verglast, dessen gebogener und überdachter Stiel über die Klippen aufs Meer hinausragte. Ovale Blätter an diesem Stiel bildeten Landeplattformen.
Hoffentlich komme ich nicht zu spät!, dachte sie.
Es war durchaus möglich, dass der Wirtschaftsgipfel in eine heiße Endphase getreten war und Homer G. Adams den Tag und die Nacht durchdiskutierte. Immerhin war das einer seiner großen Vorteile: Als Unsterblicher konnte er notfalls unbegrenzt körperliche und mentale Kräfte mobilisieren, die seinen Verhandlungspartnern nicht zur Verfügung standen.
Nein, entschied sie, das wird er aus diplomatischen Erwägungen nicht tun. Es ist nicht vorteilhaft, wenn man die Schwächen seiner Geschäftspartner ausnutzt.
Eine Bö brachte ihren Antigravskater zum Schaukeln, und sie umklammerte den Bügel der Plattform fester. Ein Blick auf das Chronometer sagte ihr, dass schon später Nachmittag war und damit die Aufwinde vom Meer über das Plateau zu fegen begannen.
Es wurde Ernst. Sie musste herausfinden, ob Adams sich noch in einer Sitzung befand oder die verglaste Villa gerade zu einer Ruhepause aufgesucht hatte.
Mit der Linken tastete sie nach einer Tasche auf ihrem wärmeisolierenden Overall und zog einen Individualorter heraus, ein kleines Gerät, das sich wie ein mehrteiliges Fernrohr ausziehen ließ und von ihr auf die Hirnwellenfrequenz von Adams eingestellt
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