2226 - Zwischen den Äonen
setzt, folgt sie dir.
Du führst sie zu deiner Unterkunft. Dabei gestehst du dir ein, dass du diesen Ort aus einer unbestimmten Sehnsucht heraus wählst. Du warst schon lange nicht mehr mit einer Frau deines Volkes zusammen, überhaupt mit einem Wesen außer den Herren. Du empfindest eine unbestimmte Sehnsucht.
Zu kommunizieren, eine fremde Stimme zu hören.
Nun weist du den Gedanken, dass deine lange Abstinenz Auswirkungen auf dein Gefühlsleben hat, nicht mehr zurück.
Natürlich unterhaltet ihr euch schon auf dem Weg zu deinem Quartier. Es ist ganz seltsam; schon nach wenigen Mikrozeiteinheiten scheint die Frau sich nicht mehr bedroht zu fühlen. Als wäre ein Damm gebrochen, tauscht ihr Informationen aus. Du hast das Gefühl, mit einer alten Freundin zusammen zu sein.
Aber du achtest darauf, dass du mehr über die Fremde erfährst als sie über dich.
Und du stellst erfreut fest, dass du den Geist der Frau völlig richtig eingeschätzt hast. Sie nennt sich Lyra Morgen, ist eine so genannte Terranerin und begreift erstaunlich schnell. Bereitwillig erklärt sie dir, weshalb sie und ihre beiden Begleiter hier sind.
Und du bist schockiert.
„Die Hyperkokons stürzen in den Normalraum zurück?", wiederholst du ihre Aussage. „Du bist dir völlig sicher?"
„Natürlich."
Da ist sie wieder, diese Aggressivität, die daher rührt, dass Lyra sich nicht akzeptiert vorkommt, für eine Ausgestoßene hält. Dass sie glaubt, sich stets verteidigen zu müssen. Das Aussehen scheint bei den Terranern sehr wichtig zu sein. Lyra ist zutiefst verletzt, weil man sie wohl ihr Leben lang nicht nur nach ihren intellektuellen Fähigkeiten Und ihrer Gefühlstiefe, sondern auch nach Äußerlichkeiten beurteilt hat.
Doch du bist überzeugt, diese Wunde heilen zu können.
Du verdrängst den Gedanken. Du kannst, du wirst sie heilen, doch zuvor musst du dich um dringende Angelegenheiten kümmern.
„Und deshalb benötigen wir dringend eine Silberkugel„, fährt sie fort, „mit der wir Perry Rhodan, Atlan und Lotho Keraete aus dem Sternenozean bergen können. Es besteht die Gefahr, dass sie bei dem Rücksturz sterben werden."
„Euer Einsatz gilt also der Rettung dreier verschollener Personen eures Volkes?" Sie sieht dich an, als wärest du geistig zurückgeblieben.
„Ich verstehe", kommst du ihrem Tadel zuvor.
Du kannst sie heilen.
„Verzeih mir", fährst du schnell fort, „aber ich muss mich erst auf die für mich neue Lage einstellen."
Sie schweigt. Und nickt dann.
Nachdem du aus dem Ewigen Schlaf erwacht bist, hast du dich mit den Eindringlingen beschäftigt. Du hast noch keine Zeit gehabt, dich mit der aktuellen Situation vertraut zu machen.
Du glaubst Lyra. Du vertraust ihr. Doch du kannst nicht ausschließen, dass deine Gefühle dich auf einen Irrweg führen. So anziehend du sie auch findest, du musst zunächst ihre Aussagen überprüfen. Du kennst dich nicht bis ins Letzte mit den Einrichtungen der Station der Herren aus. Deine Aufgaben waren die eines Dieners. Doch du weißt genug, um anhand der Messgeräte festzustellen, dass Lyra die Wahrheit spricht.
Du siehst sie an, versinkst wieder in den Teichen ihrer Augen. Und reißt dich zusammen. „Die Zapfstationen in den Spendersonnen, die für die Hyperkokon-Lagerung des Sternhaufens unverzichtbar sind, sind dem Untergang geweiht." Du sprichst eher zu dir selbst als zu ihr. „Jede einzelne. Ich kann sie nicht retten."
„Also ... haben Trim und Startac Recht gehabt."
Du siehst sie fragend an, und sie erklärt dir, was die beiden Mutanten vor über drei Monaten terranischer Zeitrechnung auf Anarimt – der Welt, die Lyra Hayok nennt – herausgefunden haben.
Du betrachtest die Daten, die die Instrumente dir anzeigen. „Der Zeitablauf im Hyperkokon hat sich bereits annähernd dem Standarduniversum angeglichen", bestätigst du. „Das heißt..."
Du nickst. „Ja. Im Hyperkokon verging die Zeit eigentlich langsamer, doch die beiden Abläufe dürften inzwischen nahezu synchron verlaufen. Und das wiederum bedeutet, dass der Sternenozean von Jamondi in der Tat in den Normalraum zurückfallen wird."
Lyra räuspert sich, wendet den Blick kurz ab, bevor sie ihn wieder hebt und dich ansieht. Ihre Reaktion verrät dir, dass sie begriffen hat.
Du hast nichts anderes erwartet.
„Ja", bestätigst du. „Es wird bald nichts mehr geben, was ich hier zu bewachen habe."
6.
12. Januar 1332 NGZ
„Tetiaroa." Reginald Bull reichte dem Kommandanten der
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