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2235 - Todesspiele

Titel: 2235 - Todesspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Dunkelheit.
     
    8.
     
    8. April 1332 NGZ, 04:32 Stationszeit
     
    Als Kommandant Kellborn in die Zentrale der Raumstation stürzte, trunken vom Schlaf und neu erwachter Hoffnung, war die Temperatur auf 38 Grad Celsius gestiegen, aber er spürte die Hitze nicht einmal.
    Die Rettung war eingetroffen.
    Das war alles, was zählte.
    Die Mitglieder der Zentralecrew hatten sich bei seinem Eintreten mit ihren Kontursesseln zu ihm umgedreht, müde Gesichter, blass und hohlwangig, Augen, die wie erloschene Kohlenfeuer waren.
    Leutnant Porgork stand auf und nickte ihm knapp zu. Seine Reptilienzüge verrieten nichts von seinen Gefühlen oder Gedanken.
    „Wo ist das Schiff?", stieß Kellborn hervor. „Habt ihr bereits Funkkontakt hergestellt? Wann wird es andocken? Wann können wir die Station evakuieren?"
    Die Crew-Mitglieder schwiegen betreten, und irritiert nahm Kellborn die Hoffnungslosigkeit wahr, die sich fast greifbar in der Zentrale ballte. Er blieb abrupt stehen. Hoffnungslosigkeit war nicht die Reaktion, die er erwartet hatte. Eigentlich musste die Zentrale von Euphorie erfüllt sein, von ausgelassener Freude nach den langen Monaten des Wartens und Bangens.
    Porgork wies auf das Holodisplay. „Das Schiff hat das Bremsmanöver eingeleitet", sagte er mit seiner rauen, fast krächzenden Stimme. „In zwei Stunden wird es die Station erreichen." Kellborn runzelte die Stirn.
    Ein Bremsmanöver, das zwei Stunden dauerte?
    Er trat näher an das Holofeld heran und betrachtete den Ortungsreflex am äußeren Bereich der schematischen Systemdarstellung. In der Mitte befand sich der stilisierte Sonnenball, in einem engen, spiralförmigen Orbit umkreist von der Raumstation.
    Dem Ortungsreflex war nicht anzusehen, um was für ein Schiff es sich handelte.
    Um Energie zu sparen, waren die hoch empfindlichen Detektoren der Station abgeschaltet worden. „Ferntastung aktivieren!", befahl er Porgork.
    Der Topsider strich sich nervös über die Schuppenhaut seines Kinns. Die Mitglieder der Zentralecrew wechselten düstere Blicke, die Kellborn nicht entgingen.
    Irgendetwas stimmt nicht, dachte er. Irgendetwas läuft ganz und gar schief...
    „Ich habe mir bereits erlaubt, die Detektorsysteme hochzufahren und ein Profil des fremden Schiffes zu erstellen", erwiderte Porgork.
    „Und?", fragte Kellborn ungeduldig.
    Porgork drückte einen Knopf. „Sieh selbst."
    Ein kleineres Drei-D-Fenster wurde in das Holodisplay eingeblendet. Es zeigte ein walzenförmiges Raumschiff mit kuppelförmigen Aufbauten, ein vertrautes Design.
    Springer, dachte Kellborn. Ein Schiff der Springer!
    Sein Blick glitt tiefer zu den Daten, die im Holodisplay flimmerten, und ein Stöhnen entwich ihm.
    Entsetzt starrte er die Zahlen an, und einen Moment lang hoffte er, dass es ein Irrtum war, ein Fehler des veralteten Rechners, falsche Messwerte der Detektoren.
    Aber natürlich waren die Daten richtig.
    Das Raumschiff der Springer hatte eine Länge von 80 und einen Durchmesser von 20 Metern. Es war ein Beiboot, mehr nicht.
    Eine Nussschale, gerade groß genug, um ein paar Dutzend Passagiere aufzunehmen, hundert im Höchstfall, wenn jeder verfügbare Raum genutzt wurde.
    Doch im CASINO UNIVERSO befanden sich über eintausendzweihundert Terraner und Angehörige anderer galaktischer Völker.
    „Es ist die TENKIM-III-C", drang Porgorks krächzende Stimme in seine Gedanken. „Heimathafen Lepso. Sie steht unter dem Kommando von Patriarch Tenkim. Er wünscht, dich sofort nach dem Andocken zu sprechen. Er hat ein Angebot für dich."
    Kellborn ging mit schweren, langsamen Schritten zu seinem Kommandositz. Er bewegte sich wie in Trance. Alle Gefühle, die ihn soeben noch beherrscht hatten – Freude, Hoffnung, Entsetzen, Verzweiflung –, waren erstorben.
    Er fühlte ... nichts.
    Nur diese große Leere, größer und kälter und schrecklicher als die Leerräume zwischen den Galaxien. Das war alles? Das war die Hilfe, die man ihnen schickte? Ein lächerliches kleines Beiboot, das nicht einmal zehn Prozent der Stationsbevölkerung aufnehmen konnte? Dies war nicht die Rettung, sondern eine Verhöhnung des Notrufs, ein furchtbarer, grausiger Treppenwitz ...
    Er spürte die Blicke seiner Crew auf sich ruhen und riss sich zusammen. Er war noch immer der Kommandant. Seine Leute vertrauten ihm, verließen sich auf ihn. So ausweglos die Lage auch war, er durfte sie nicht enttäuschen, nicht noch mehr entmutigen.
    „In Ordnung", sagte er und wunderte sich, wie fest seine Stimme klang.

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