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2235 - Todesspiele

Titel: 2235 - Todesspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und versteifte sich unwillkürlich. Er hatte seit langen Jahren keine Frau mehr berührt. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte.
    „Halt mich fest", murmelte Lilien. „Bitte, halt mich fest."
    Er tat es, nahm sie in seine Arme, drückte sie an sich und wiegte sie sanft hin und her, während sie leise weinte. Erneut spürte er diesen Zorn, aus Hilflosigkeit geboren, und verfluchte die Kosmokraten und ihre Hybris, die ein ganzes Universum ins Chaos stürzte und so viel Leid über ungezählte intelligente Wesen brachte.
    Nach einer Weile ließ ihr Schluchzen nach. Sie hob ihr tränenüberströmtes Gesicht und sah ihm in die Augen.
    „Küss mich", wisperte sie.
    Kellborn zögerte.
    Er war der Kommandant, sie seine Untergebene. Es verstieß gegen die Vorschriften. Und nicht nur das. Er war ein alter Mann, sie eine junge Frau. Der Abgrund von Jahrzehnten trennte sie. „Küss mich", flüsterte sie erneut.
    Und er küsste sie.
    Scheu und ungeschickt zunächst, als wäre er eingerostet, als hätte er verlernt, wie man Zärtlichkeit schenkte, doch als sie ihren schlanken, weichen Körper an ihn drückte und ihn mit ihren Armen umschlang, wurde sein Kuss kühner, fordernder.
    Sie sanken aufs Bett und liebten sich, vergaßen für kostbare, zeitlose Momente die Hitze in der Station, den brodelnden Sonnenball, dem sie entgegenstürzten, die allgegenwärtige Verzweiflung und die Angst vor dem unausweichlichen Tod.
    Später lagen sie noch lange wach, ohne zu reden, und genossen den Trost, den ihnen die Gegenwart des anderen spendete.
    Irgendwann schliefen sie ein.
    Kellborn träumte von Glace, von den rostrot gefärbten Gletschern, die in den Klirrenden Fjord kalbten, von den verschneiten Vulkangipfeln am Horizont von Togluman und dem kühlen, blassen Fleck der Sonne am ewig bewölkten Himmel.
    Ein aufdringliches Trillern weckte ihn.
    Er fuhr hoch und sah sich schlaftrunken um. Er war allein. Lilien war fort, musste irgendwann in der Nacht in ihre Kabine zurückgekehrt sein.
    Das Trillern des Interkoms hielt an.
    Kellborn räusperte sich. „Empfang", sagte er heiser.
    Im nächsten Moment drang eine verzerrte Stimme an sein Ohr, lautes, erregtes Geschrei, unverständlich. Er brauchte einen Moment, um die Stimme zu identifizieren. Leutnant Porgork.
    Irgendetwas hatte den kühlen, leidenschaftslosen Topsider an den Rand der Hysterie getrieben. „Beruhige dich!" befahl Kellborn streng. „Und wiederhole die Meldung!" Einen Moment lang waren nur die tiefen, rasselnden Atemzüge des Topsiders zu hören.
    Dann schrie er: „Kontakt, Kommandant! Wir haben Kontakt! Wir haben Kontakt mit einem Raumschiff!
    Die Rettung ist endlich eingetroffen...!"
     
    7.
     
    8. April 1332 NGZ, 04:02 Stationszeit
     
    In der Nacht schreckte Stay Kalgandir aus unruhigem Schlaf hoch. Einen Moment lang wusste er nicht, wo er war, und nur langsam dämmerte ihm, dass er sich in seiner Kabine im Alpha-Sektor der Raumstation befand, im Wohntrakt zwischen dem Boulevarddeck und der Kommandospindel. Er atmete tief durch und spürte den Schweiß auf der Stirn.
    Es war heiß und stickig in der Kabine, aber nicht die Hitze war dafür verantwortlich, dass er schwitzte.
    Er hatte geträumt. Er erinnerte sich noch genau an den Traum, so deutlich, als wäre er eine frische Erinnerung an etwas, das er vor kurzem erst erlebt hatte.
    Ein Raumschiff hatte das CASINO UNIVERSO erreicht, die ersehnte Hilfe von einem der nahen Planeten. Doch als die Bewohner der Station an Bord des rettenden Schiffes gegangen waren, hatte es sich in ein grausiges Ungeheuer verwandelt, das alle verschlang.
    Er schauderte.
    In seinem Kopf gellten noch immer die Schreie der Sterbenden aus seinem Traum. Langsam schüttelte er den Schrecken ab, der ihn befallen hatte, und sah im Dunkeln, durchbrochen vom matten Licht der Diodenleiste an der Rückwand der Kabine, Sgarde Norte an seiner Seite liegen. Ihre helle, sommersprossige Haut schimmerte wie Elfenbein in der Dunkelheit, und ihr Haar sah im Streulicht der Dioden wie vergossenes Blut aus.
    Sie atmete tief und regelmäßig.
    Unwillkürlich verspürte er den Wunsch, sie vor den Schrecken zu beschützen, die der Traum ankündigte.
    Denn er vertraute der hellsichtigen Weisheit der Träume. Sie hatten ihn noch nie getäuscht, ebenso wenig wie seine Gefühle. Er hatte die ganze Galaxis bereist, von der Westside bis zur Eastside, und sich sogar in die wenig erforschte Southside gewagt. Er hatte sich als Spieler und Trickbetrüger durchs Leben

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