2246 - Kavuron der Spieler
Datenträger über die Tischplatte zu. „Begebt euch sofort zu dieser Adresse!", krächzte er. „Vorgehensweise wie üblich. In spätestens zwei Tontas will ich eine Vollzugsmeldung hören, klar? - Und danach kehrt ihr auf schnellstem Wege zurück. Keine Extratouren, verstanden?"
„Sowohl akustisch.als auch inhaltlich, Hochedler. Du kannst dich wie immer voll und ganz auf uns verlassen", versicherte Oltran würdevoll.
Kavuron stierte ihn mit einer Mischung aus Zweifel und Abscheu an. Seine Zungenspitze fuhr blitzschnell zwischen den Mundwinkeln hin und her, was das Zucken und Zittern reizvoll ergänzte. „Falls wir unterwegs zufällig auf Schleimschnecken stoßen, sollen wir dir welche mitbringen?", fragte Stentral treuherzig. „Sie stellen überaus lohnende Studienobjekte dar, und ein Terrarium voller schmatzender, schlankschnuckeliger Schleimschnecken würde sich in deinem Büro gewiss ..."
„Raus!", brüllte Kavuron. „Er ist schrecklich überreizt", täuschte Sten scheinheilig Mitgefühl vor. „Vielleicht sollte er sich wirklich ein Haustier zulegen. Das beruhigt."
Oltran grinste nur.
Sie hatten das Institut diesmal an der Flussseite verlassen, wo das Gefährt parkte, das sie mit einiger Mühe requiriert hatten. Einsatzfähige Gleiter waren nach wie vor Mangelware. Daher mussten die beiden offiziell in Ungnade gefallenen Celistas sich wohl oder übel mit einem Prallfeld-Mofa begnügen.
Aber mit was für einem!
Früher hatte der Kufenbob als Kinderspielzeug gedient. Reiche Gören waren damit über den Akalyn-See gebrettert. Die annähernd stromlinienförmige Verkleidung der einfachen, doch robusten Maschine war dem Korpus einer Zurud-Hyäne nachgebildet und grau und knallgelb gefleckt. Man kauerte rittlings auf dem Rücken des sechsbeinigen Kunststoff-Raubtiers und lenkte, beschleunigte und bremste mit dessen spitzen, abstehenden Ohren.
Oltran hasste das Ding inbrünstig. Er schämte sich in Grund und Boden damit.
Doch blieb ihm keine andere Wahl, zumal sie zu Fuß beziehungsweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln einen guten halben Prago bis zu ihrem Ziel benötigt hätten. Wenigstens hatte er, trotz lautstarker Proteste seines Partners, den langen, mit bunten Wimpeln geschmückten Schwanz abmontiert...
Sie saßen auf, starteten und folgten dem Verlauf des Vhalite in südwestlicher Richtung, etwa eine halbe Tonta lang.
Die Adresse, die ihnen Kavuron gegeben hatte, lag in einem der vielen heruntergekommenen und noch nicht revitalisierten Industriegebiete unweit des Raumhafens.
Keine gute Gegend.
In den ehemals prosperierenden Fabriken und Großhandelsniederlassungen für syntronisch gesteuerte Gebrauchsgüter hatte sich, bald nachdem praktisch der gesamte Wirtschaftszweig Bankrott gegangen war, allerlei dubioses Gelichter eingenistet. Kleine Werkstätten, nicht selten Einmannbetriebe, versuchten vom plötzlichen, in diesem extremen Ausmaß unerwarteten Positronik-Engpass zu profitieren. Mit allen, keineswegs immer legalen Mitteln.
Dies war „Splitterland", das Ghetto der Computer-Desperados - moderner Glücksritter, die, was sie in ihre flinken Finger bekamen, auf Teufel komm raus modifizierten und optimierten. Ein Gutteil der von ihnen verwendeten Soft- und Hardware, einschließlich der meist minderwertigen Hyperkristalle, war im Umfeld des Raumhafens „aus dem Transmitter gefallen", wie man so sagte, obwohl längst keine Transmitter mehr in Betrieb waren. Und vertrieben wurden ihre Produkte über mindestens ebenso obskure Kanäle.
Mit anderen Worten: Hier regierte weder Tato noch Terra, sondern das organisierte Verbrechen - die SENTENZA.
Stentral und Oltran hatten bereits dreimal Aufträge in Splitterland ausgeführt. Mittlerweile kannten sie die örtlichen Sitten und Gebräuche.
Sie stellten ihren Prallfeld-Bob vor einer Spelunke ab, die „Zur rosalila gepunkteten Kreatur der exotischen Ausschweifung" hieß und von einem Gataser betrieben wurde, den es aus unbekannten Gründen nach Hayok verschlagen hatte. Auf dem dreckigen Trottoir vor dem Lokal waren angesichts des schönen Wetters einige windschiefe Tische und Stühle aufgestellt worden. Wenig Vertrauen erweckende Gestalten musterten die beiden Neuankömmlinge und ihr alles andere als unauffälliges Gefährt. „Kneift mich, ich glaube, ich halluziniere! Habe ich versehentlich etwas Verbotenes eingeworfen, oder soll das da allen Ernstes eine Zurud-Hyäne darstellen?", fragte eine Zaliterin, deren Profession sich unschwer an ihrer
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