225 - Kalis Kinder
eigentlich ein? Sie konnte es kaum ertragen, dass ausgerechnet diese Frau ihr das Leben gerettet hatte.
»Karadan«, stellte die Kriegerin sich vor, als sei nichts gewesen. Dabei sah sie nur Matt an. »Träum von mir. Blond und Blond, das passt.« Sie ließ Matt stehen und gab auf Induu den Befehl, die Leiche des einzigen Gefallenen wegzuschaffen.
Wieder erklangen Hornrufe, doch dieses Mal zeigten sie Entwarnung an. Die Männer um Karadan steckten ihre Säbel in die Gürtel. Sie trugen Lederrüstungen, waren also Wachen.
Nur einer von ihnen war verletzt.
Aruula klaubte ihr Schwert aus dem Sand und schob es in ihre Rückenkralle. Sie musste sich mühsam beherrschen, damit nicht auf die Blonde loszugehen, aber Maddrax bedeutete ihr, keinen weiteren Streit zu provozieren.
Die fremde Frau wies herrisch auf die fünf toten Tyger. Sie gab harte Befehle. Aruula begriff, dass ihre Leute die Kadaver in einen Innenhof bringen sollten. Anscheinend wollte die blonde Braut die schwarzgoldenen Felle haben.
Maddrax begutachtete Aruulas Beinwunden. »Töte Karadan nicht gleich, wir wollen hier noch zu Mittag essen.«
Sie rang sich ein Lächeln ab. »Nur weil du es bist. Jeden anderen würde ich lieber verhungern lassen.«
Atta und ihre Frauen trauten sich wieder näher heran.
Erstere wandte sich dankbar an Aruula und Matt. Ihr Lauschsinn ließ Aruula halbwegs verstehen, was Atta meinte: Sie bedankte sich für die Hilfe gegen Kalis Tyger. Sie würde einem Heiler namens Swamui davon berichten, aber jetzt bat sie die Gäste erst einmal die Stufen hinauf.
»Oja-Oja.« Atta ging auf Yann zu und zog energisch an ihm.
Der Seher feixte. »Eine solche Pflegerin aktiviert doch ungeahnte Kräfte.« Er stand auf und ließ sich von der schönen Frau führen.
Maddrax bot Aruula den Arm. »Darf ich?«
Die Kriegerin von den dreizehn Inseln sah noch ein letztes Mal mit bissiger Miene zu Karadan hinüber, die gerade ihre Leute zusammenpfiff. Blut klebte an ihrem weißen Tygerfell.
»Aber gern.« Sie drückte sich eng an ihren Geliebten und zeigte damit deutlich, zu wem er gehörte.
Gemeinsam folgten sie Atta und Yann in das riesige weiße Haus.
***
Vergangenheit
Februar 2483 ff, Kovlam
»Ich glaube, ich geb’s auf. Dieses Geschäft ist einfach nichts für mich.« Swamui, der gerade erst das neunzehnte Lebensjahr erreicht hatte, seufzte schwer. Der junge Mann mit der schulterlangen schwarzen Mähne, den glutvollen Augen und dem für sein Alter bereits beträchtlichen Bauchansatz zog ein Gesicht, das vor Selbstmitleid nur so troff und das sein bester Freund Mahar ums Tygermelken nicht ausstehen konnte.
Dann nahm er einen Schluck von dem Bier namens Namaste, das nicht unerheblich für diesen Bauchansatz verantwortlich war.
»Bist du verrückt?«, fragte Mahar und sprang zornentbrannt hoch. »Wir haben ja noch nicht mal richtig damit angefangen. Und du willst schon wieder aufhören? Und mich im Stich lassen? Natürlich, ich hätte es wissen müssen. Du taugst zu nichts, scheust die Arbeit und säufst den ganzen Tag. Die Götter müssen mich mit Blindheit geschlagen haben, dass ich mit dir ein Geschäft angefangen habe. Auch wenn du mein bester Freund bist.«
Sie hatten abgemacht, künftig Mineralien aus dem Dschungel zu holen und sie den Hilars in der Gegend teuer zu verkaufen. Aber bereits beim ersten Ausflug in die Berge waren sie mit einer Snaak aneinander geraten. Mahar hatte sie erledigt, während sich Swamui vornehm im Hintergrund gehalten hatte.
Warum überhaupt arbeiten, wenn man einer reichen Familie angehörte?
Swamui, der Charme besaß, wickelte seinen Freund um den Finger, indem er ihm versprach, es sich noch einmal zu überlegen. »Aber jetzt muss ich nach Hause, mir ist schlecht und mein Schädel brummt.« Er erhob sich und ging durch Kovlam zur Siedlung der Reichen, die an einem Hang inmitten von üppigem Grün und prächtigen Palmen lag. Natal und Vamana kamen ihm Hand in Hand entgegen. Swamuis Laune sank schlagartig in den Keller, denn die hübsche Vamana hätte er selbst gerne gehabt. Aber Natal, dieses Stück Efrantenscheiße, hatte sie ihm weggeschnappt, denn der Kerl stammte ebenfalls aus einer reichen Familie, vielleicht sogar reicher als seine. Swamui wich den beiden aus, indem er seinen Weg änderte und zwischen den Bambushütten verschwand. Die Schmach der direkten Begegnung wollte er sich ersparen.
Wenn ich hier in der Siedlung etwas zu sagen hätte, würde ich das Aas direkt in die Verbannung schicken.
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