225 - Kalis Kinder
Schönheits-Hilar in Kovlam. Damit hatte der junge Mann eine echte Marktlücke entdeckt. Von seinem Vater zunächst belächelt, erarbeitete er sich innerhalb nur eines Jahres einen fast schon legendären Ruf. Frauen aller Kasten und Altersklassen suchten ihn auf und ließen sich behandeln. Sie reisten aus Srila und aus Nord-Induu nach Kovlam, selbst aus Pakstaan trafen hin und wieder kleine Karawanen ein. Swamui musste Personal einstellen und die Salbe in großem Umfang herstellen lassen. Das Schöne dabei war, dass er selbst kaum etwas zu tun hatte – außer die Hände aufzuhalten und zu kassieren. Schon bald besaß er beträchtliche Reichtümer, denn vor allem die Leute aus Nord-Induu und aus Pakstaan bezahlten zum Teil mit purem Gold, in welche Form auch immer gegossen. Swamui war schlau und wusste, dass er sich nun schützen musste. Um seinen Freund Mahar baute er sich eine persönliche Leibwache auf, die er fürstlich entlohnte, um sie bei Laune zu halten.
Eines Morgens tauchte eine Frau aus Pakstaan bei ihm auf.
Sie hatte bei einem Brand schwere Hautverletzungen erlitten, die die Salbe allerdings langsam aber sicher wieder glättete.
Selbst derart schwere Verletzungen!
»Ich danke dir, Guhru Swamui«, sagte die Frau voller Ehrfurcht. »Dank deiner Wundersalbe hast du mich zu neuem Leben erweckt. Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, muss ich sie immer wieder auftragen, damit dieser Zustand erhalten bleibt.«
Swamui nickte gewichtig. »Da hast du richtig verstanden, Punja. Am besten im Abstand von einem halben Jahr.«
»Es ist ein weiter Weg von Pakstaan hierher, Guhru«, seufzte die Frau, »und ein gefährlicher dazu. Was hältst du davon, wenn ich mich hier niederlasse? Um ehrlich zu sein, zieht mich nichts in die Heimat zurück, wo Neider und Bittsteller um meinen Reichtum schwirren wie die Lischetten um das Licht. Spricht etwas dagegen, wenn ich mir einen Wohnsitz auf dem Gelände deiner Klinik errichten lasse? Ich zahle gut dafür!«
Swamui horchte auf. Dass er darauf noch nicht selbst gekommen war! »Wir werden eine Möglichkeit finden«, versprach er.
In den nächsten Jahren ließ er die ehemaligen Ayveeda-Häuser zu Behandlungsräumen und Wohneinheiten umbauen.
Gleichzeitig kaufte er Häuser dazu. Irgendwann entstanden in sich abgeschlossene Wohnsiedlungen mit prächtigen Gärten und Brunnen und ausgeklügelten Wellness-Anlagen.
Swamui hatte es geschafft. Mitte 2498 war er einer der mächtigsten Männer Induus, wurde von vielen Schönheitsjüngern sogar als Halbgott verehrt. Aber das interessierte ihn kaum. Zu viel Macht war mit zu viel Arbeit verbunden. Es reichte ihm völlig, dass er in Kovlam und Umgebung das uneingeschränkte Sagen hatte.
Längst hatte er seine Leibwache weiter aufgestockt und einen Sicherheitsdienst mit Polizeigewalt daraus gemacht. Dass sein Rivale Natal und die hübsche Vamana irgendwann spurlos verschwanden, registrierte er mit großer Befriedigung. Aber er fragte niemals nach, was Mahars Männer mit ihnen gemacht hatten.
***
10. September 2524, Palast des Hilar Swamui, Kovlam
Matt, Aruula und Yann folgten Atta in einen weitläufigen Saal hinein, in dem es unwiderstehlich nach Reis und Gewürzen roch. Die hübsche Frau im Sari hatte sie bereits durch das exklusive Hotel geführt und schien nun am Bestimmungsort angekommen zu sein.
Matt sah sich in dem hohen Raum mit den breiten Fensterfronten links und rechts um. Das Glas war verunreinigt und nicht an allen Stellen gleich dick, aber es war Glas! Die Induus mussten die Gebäude vor einigen Jahren renoviert und ausgebaut hatten. An den Wänden hingen mit glitzernden Schmucksteinen versehene Stoffbilder in hölzernen Rahmen.
Sie zeigten indische Prinzessinnen in von Wakudas gezogenen, zweirädrigen Wagen. Auch Pfaue, Efranten und turtelnde Paare in prächtigen Gärten waren abgebildet. Doch mehr noch als der prachtvoll ausgestattete Innenraum begeisterte Matt die Aussicht.
Fasziniert blickte er aus dem riesigen Fenster, das vom Teppichboden bis zur Decke reichte. Unter ihm breitete sich Kovlam aus, wie Atta die Siedlung genannt hatte.
»Prachtvoll, nicht wahr?«, erklang eine tiefe Stimme neben ihm. »Ich habe gar nicht so viele Jahre gebraucht, um das alles zu erschaffen.«
Matt fuhr herum und sah sich einem dicklichen Induu von vielleicht sechzig Jahren gegenüber, in prachtvolle Stoffe gehüllt. Auf seinem Kopf mit den schulterlangen grauschwarzen Haaren saß eine reich verzierte Kappa, in die mehrere
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