2250 - Zeuge der Zeit
niemand sah mich kommen. Warum ist es wichtig?"
Ani Orthun kam plötzlich hoch. So geschmeidig, als stünde sie in der Blüte ihrer Jugend. „Wir haben ein Geheimnis, Majestät Kischmeide. Wir wollen dich ins Vertrauen ziehen, weil wir hoffen, dass du auf unserer Seite stehst."
Das flaue Gefühl in ihrem Magen verstärkte sich zu Bauchschmerzen. „Ich höre."
„Dieser Konvent", trug Ani Orthun mit schwerer Stimme vor, „kommt zusammen, um eine wichtige Entscheidung zu treffen. Der Konvent zeichnet die Zukunft unseres Volkes für Generationen vor. Wir machen jedoch eine Strömung aus, die für die Motana sehr gefährlich ist."
„Welche Strömung?"
„Zephyda", sprach Orthun einfach. „Sie wird keine Mehrheit bekommen, wenn wir uns gegen sie einig sind."
„Davon sind wir nicht überzeugt. Wer weiß, wie sich dieser Terraner und der Arkonide verhalten? Was ist mit der Schildwache Lyressea?"
„Die Entscheidung", erinnerte Kischmeide, „wird von Motana getroffen. Nicht von unseren Gästen."
Keine der sieben Majestäten in der Kammer gab darauf eine Antwort, doch sie alle richteten bleischwere Blicke auf Kischmeide. „Das war noch nicht alles!", erriet sie.
Ani Orthun sagte: „Nein. Wir kommen hier zusammen, um in unserem Kreis ebenfalls eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung über Zephyda."
„Die da wäre?"
„Wir sind der Meinung, dass wir Zephyda töten müssen. Und wir hätten dich gern auf unserer Seite, bevor wir es durchführen."
Kischmeide fühlte aus ihrem Gesicht die Farbe weichen, ihre Fingerspitzen wurden taub, und sie starrte die sieben in der Kammer an, als hätten sie eben Kischmeides eigenes Ende verkündet. „Ihr seid verrückt ...", flüsterte sie. Kischmeide war keine Freundin von Zephyda. Aber eine Todfeindin war sie genauso wenig.
Tordhene fingerte nervös an ihrem Lumpenleder. „Es muss sein. Bevor sie unser Volk in den Untergang treibt."
„Kaum eine Majestät will für den Krieg stimmen. Zephyda hat keine Chance, sich mit ihrer Idee durchzusetzen!"
Tordhene und Ani Orthun starrten sie an, mit einer plötzlichen Intensität, als habe sie sich in eine Verräterin verwandelt. Kischmeide begriff, dass die beiden fest mit ihr gerechnet hatten. „Heißt das etwa, du willst sie am Leben lassen?"
„Sind wir Motana etwa Mörder geworden?", blaffte Kischmeide zurück. „Es wäre kein Mord!", wehrte sich Ani Orthun kühl. „Sondern eine notwendige Handlung zum Schutz. Eine Hinrichtung, wenn du so willst."
Eine Weile herrschte Schweigen.
Kischmeide senkte die Stimme, sie starrte mit hypnotischer Schwere die sieben Majestäten an, dann flüsterte sie wie zu Verschwörern: „Hört mir alle gut zu. Es kommt niemals in Frage. Vergesst es und denkt nie wieder dran."
Tordhene und die anderen senkten die Blicke. Nur nicht Ani Orthun. „Kind in meinen Armen: Vor Äonen und Äonen ging in der letzten Schlacht die letzte Stellare Majestät der Motana unter. Eine tapfere Frau war sie zweifellos, die Majestät der Sterne, deren Name uns nicht überliefert ist. Doch was zählte die Tapferkeit gegen die Hinterlist der Kyberneten?
Seitdem herrscht Dunkelheit im Sternenozean von Jamondi."
„Hat es denn nie wieder eine Majestät gegeben, Mutter?"
„Oh doch. Planetare Majestäten werden von den Weisen Frauen immer wieder ausgewählt, auf allen Welten der Motana, jedes Jahr. - Eine Stellare Majestät aber, mein Kind, muss dem Volke geboren werden."
„Wurde denn nie, ich meine ...?"
„Nie."
„Und wenn es doch geschieht? Woran erkennen wir diese Geburt?"
„Kind in meinen Armen, horche, wenn in Stille Klang ist. Siehe, wenn im Herzen Licht wird, denn das sind die Zeichen." (Gesänge der Motana)
3.
„Meine Galaxis lebte einst in Sklaverei, unter der Herrschaft des Konzils der Sieben. Mein terranisches Volk lag in Ketten, und die Flüchtlinge verbargen sich in der Dunkelheit der Provcon-Faust.
Ich habe mein Volk an dem Tag zum Krieg gerufen. Manchmal muss man aufstehen und eine Herrschaft zertrümmern. Wenn die alte Ordnung eine Kultur der Unterdrückung ist, eine Knechtschaft oder eine Despotie der kleinen Geister.
Aber mein Volk war vom Kämpfen müde geworden, und die Terraner wollten mir in diesen Krieg nicht folgen.
Der freie Wille besitzt jedoch eine eigene Beharrungskraft. Keine Unterdrückung überdauert die Ewigkeit; und so endete auch die Herrschaft des Konzils.
Ich versuche, meinen Weg gerade zu gehen. Wenn aber ein anderer es vorzieht, einem
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