2251 - Das Land unter dem Teich
Einige Jahre später, die Umformungsarbeiten an der Planetenoberfläche waren längst in vollem Gange, kehrte das Artefakt unvermittelt wieder zurück. Und da man es nun in Ruhe ließ, blieb es auch dort. Zur feierlichen Eröffnung des neuen Teils des Anwesens lud man auch namhafte Philosophen und Naturwissenschaftler ein."
Laokim blinzelte. Es sah amüsiert aus. „Die Ergebnisse ihrer denkerischen Bemühungen sind später zu einer Festschrift mit dem Titel Sieben Versuche über das Artefakt zu Fan-Too zusammengefasst worden. Nicht einmal zehntausend Exemplare sind davon hergestellt worden, und die meisten der geladenen Gäste haben ihres wahrscheinlich gleich nach Erhalt weggeworfen. Ist heute eine Rarität ersten Ranges!" (Eine Rarität ist wohl etwas, das es nicht mehr oft gibt und für das manche Leute darum viel Geld ausgeben. Nicht weil es besonders gut wäre, sondern bloß darum.) „Nun ja, und weil mein Vorfahr keine anderen Bemühungen als denkerische mehr zulassen wollte und lediglich eine Alarmanlage installierte, geriet das Artefakt über die Jahre praktisch in Vergessenheit. Wie das ungepflegte Grabmahl eines Adelssprösslings, der vor langer Zeit Schande über die Familie gebracht hat, so lag es in einem nur mehr abgelegenen Teil des Gartens versteckt. Bis eines Tages eine nicht mehr ganz so junge Präsidententochter aus dem Haupttransmitter getreten kam, enttäuscht von der Liebe und also in Stimmung für düstere Familiengeheimnisse. Ich habe mich von dem Artefakt so angezogen gefühlt, dass ich es später zum gartenarchitektonischen Mittelpunkt meiner Skulpturensammlung gemacht habe. Und als mir dann Die automatische Herde angeboten wurde, habe ich die hässliche alte Überwachungsvorrichtung meines Urahns entfernen und durch diese hinreißenden Geschöpfe ersetzen lassen. Und da kommen sie nun."
Wir sahen ihnen zu. Mir schwirrte der Kopf von Laokims wortgewaltiger Rede. (Sie war wahrscheinlich gerade wieder auf Tikooeim-Kopf. Dieses Zeug lässt einen mehr als geistreich werden - und sprachverliebt.) „Laokim", sagte ich nach einer Weile. „Warum hast du dich von dem Artefakt so angezogen gefühlt?"
„Oh, das kann ich gar nicht recht sagen. Ich habe immer eine vage weibliche Präsenz in seinem Inneren gespürt. Eine schlummernde Kraft. Ich habe mich immer gefragt, wie es wäre, sie eines Tages kennen zu lernen." Sie lachte. Es klang hilflos. Vielleicht auch verlegen.
Die Aufziehtiere waren inzwischen heran und blieben eines nach dem anderen stehen.
Der Hüter stakste zwischen ihnen hindurch auf Laokim zu, den Flügelschlüssel in der Hand. „Dass er sich auch selbst aufzieht, finde ich ein bisschen zu viel des Guten", sagte ich.
Und stutzte. „Wie hat er sich überhaupt das erste Mal aufziehen können?"
„Sein Oberteil ist atomgetrieben", sagte Laokim. „Die Beine kann er nur bewegen, wenn er sie vorher aufzieht."
Er legte einen der Schalter auf seiner Brust um und verbeugte sich vor ihr. Funken sprühten aus seinem Hinterteil.
Ich lachte auf. Endlich einmal Kunst nach meinem Geschmack.
Starr stand er da, immer noch vorgebeugt. Nur sein Kopf fuhr an einem Kugelgelenk in die Waagerechte. Sein Gesicht wandte sich zwischen Laokim und mir hin und her. Dann fuhren zwei seiner Augen Röhren aus. „Schau hindurch", sagte Laokim und hielt ihr Altauge an die eine Röhre.
Wie durch ein Fernrohr war darin das Artefakt zu sehen. Es handelte sich um eine Aufzeichnung. Am Bildrand war die Uhrzeit eingeblendet.
Direkt auf Bodenhöhe faltete si.ch eine Türöffnung auf. Darin war Licht zu sehen, und als die Kamera näher zoomte, ein riesiges Kettenfahrzeug, das ganz und gar nichts von der Verspieltheit lebensgroßer Aufziehtiere hatte. Es sah aus wie eine Baumaschine.
Das Bild ruckte, die Zeiger sprangen vor. In der Türöffnung des angeblich uralten Artefakts standen übergangslos Wesen, die keinen Flügelschlüssel brauchten. Lebewesen.
Und damit ging der ganze Mist los.
Solche Wesen hatte ich noch nie gesehen. Aber sie waren beide humanoid. „Mach mal Platz, Kind", sagte Laokim und berührte mich bei der Schulter. Ich richtete mich widerstrebend auf.
Sie packte den Mund und ein Ohr des Hüters und löste sie von seinem Kopf. „Scho Tschai?", fragte sie in das Ohr.
Ich konnte die quäkende Antwort mithören. Sie kam aus dem Mund, den Laokim sich ans Ohr hielt. „Das Artefakt, ja?"
„Das Artefakt", bestätigte Laokim. „Nun ratet mal, was sich dort tut. Zwei Lebewesen sind
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