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2256 - Bahnhof im Weltraum

Titel: 2256 - Bahnhof im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Fressen. Hunger...
    Er stöhnte auf, ein Laut, der wie ein Grollen durch die Dunkelheit seines Verstecks hallte und sich in der Ferne an stählernen Wänden brach, wie eine Flutwelle, die an die Klippen einer Küste brandete.
    In den letzten Stunden hatte er drei weitere Andere verzehrt, aber ihr Fleisch hatte ihn nicht gesättigt. Alle Proteine, Eiweiße und Kohlenhydrate, die er verschlang, wurden von der Brut absorbiert, und ihm blieb nur der Hunger.
    Mit seinen halbkugelförmigen Facettenaugen musterte er die Knochen, die sich um ihn türmten, die Totenschädel und Brustkästen, bis auf den letzten Fleischfetzen abgenagt und leichenweiß im Dunkeln glänzend. Er packte mit seinen mächtigen Klauen einen Oberschenkelknochen, brach ihn in der Mitte entzwei und saugte das Mark heraus, doch es sättigte ihn nicht.
    Mürrisch warf er die Knochen weg, und sie landeten klappernd im dichten Gebüsch, das ihn schützend umgab.
    Die ersten Kontraktionen verkrampften seinen Unterleib und kündigten die baldige Geburt der Brut an. Er stöhnte wieder, noch lauter diesmal, und wappnete sich gegen den Schmerz.
    Der Schmerz würde bald stärker werden.
    Groß war die Brut und wohl genährt. Sie durch die Legeröhre zu pressen würde ihn mit Qualen erfüllen, unerträglich und köstlich zugleich.
    Er lauschte in sich hinein und spürte die schlafenden Bewusstseine der Brut wie kleine Flammen in sich flackern, noch trüb und schwach, doch zum Hochlodern bereit.
    Bald würden sie erwachen.
    Und es war eine Ironie, dass ausgerechnet jetzt, in der Stunde seiner größten Verwundbarkeit, auch die Stunde höchster Gefahr angebrochen war.
    Das Raumschiff war eingetroffen. Ein riesiges Schiff, in dem es von Anderen wimmelte, ein gewaltiger hohler Berg voller frischem Fleisch. Genug Nahrung für die Brut, genug Fressen, um sie zu ihrer vollen Größe heranwachsen zu lassen. Vielleicht sogar genug, dass sie ihn am Ende verschonte und nicht verschlang, obwohl dies unwahrscheinlich war, denn etwas Derartiges hatte es in der Geschichte seines Volkes noch nie gegeben.
    Aber sein Leben war unwichtig.
    Nur das Überleben der Brut zählte.
    So war es seit Äonen gewesen, und so würde es immer sein.
    Doch die Anderen an Bord des Raumschiffs gefährdeten seinen Plan. Er hatte durch Chan-Li mit ihrem Anführer gesprochen, der sich Reginald Bull nannte, und gehofft, ihn mit seiner erfundenen Geschichte überzeugt zu haben.
    Seine Hoffnung hatte ihn getrogen.
    Bull hatte Späher in den Weltraumbahnhof geschickt, und sie schnüffelten herum und drohten sein Geheimnis zu enthüllen. Sie mussten sterben, ehe sie die Wahrheit herausfanden und alles verdarben.
    Der Brüter stöhnte und wälzte sich herum, verlagerte das Gewicht seines massigen Leibes auf das untere Beinpaar. Weitere Kontraktionen verkrampften seinen Unterleib, und die Brut regte sich im Schlaf.
    Hört ihr mich?, rief er mit der Stimme seiner Gedanken. Ich bin euer Muttervater, und ich brauche eure Hilfe. Hört ihr mich?
    Die Bewusstseine der Brut flackerten auf, als sie seinen Ruf vernahmen, und er spürte die suggestive Kraft, die in ihnen gespeichert war.
    Hört ihr mich?
    Oh, und wie sie ihn hörten. Ihre Bewusstseine brannten jetzt heller, in der Zwielichtzone zwischen Schlafen und Wachen, und ihre Geisteskräfte sprangen wie Geysire aus der Tiefe empor. Er fing sie ein und bündelte sie, machte sie zu seinem Werkzeug, einer mächtigen Waffe, der niemand widerstehen würde.
    Er dehnte seine Gedanken, bis sie vor suggestiver Kraft pulsierten, und berührte die Millionen winzigen Relais, die er überall im Weltraumbahnhof verstreut hatte. Sie wurden eins mit ihm, Verlängerungen seines Geistes, ausführende Organe seines Willens. Am Rande seines Bewusstseins spürte er die Psychen der beiden Späher und der Anderen aus dem Raumschiff, die in den Bahnhof eingedrungen waren, um Ersatzteile, Austauschaggregate und Linearkonverter für den Weiterflug an Bord zu holen.
    Er hatte gehofft, sie mit Hilfe der Relais zu übernehmen, so, wie er auch die Anderen im Weltraumbahnhof übernommen hatte, aber die Zeit lief ihm davon. Die Geburt der Brut rückte näher und näher, und wenn sie ausschwärmte und ihren Festschmaus begann, bestand die Gefahr, dass den Anderen im Raumschiff die Flucht gelang, bevor er sie kontrollieren konnte.
    Das durfte nicht geschehen.
    Das Raumschiff gehörte ihm und seiner Brut. Sie brauchten es, um den Bahnhof zu verlassen und weiterzuziehen, von Stern zu Stern, von

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