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2265 - Die Krone von Roewis

Titel: 2265 - Die Krone von Roewis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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lehnte sich über den knorrig versteinerten Wurzeltisch, der seit Gurradgedenken als Symbol der Unvergänglichkeit galt. „Nein", entgegnete Al Arroin vorsichtig, „niemand verdächtigt dich."
    Der Kolonial-Gurrad, der unmittelbar neben ihm saß, repräsentierte den Vertreter einer neuen, ungezähmten Generation. Seine physische Präsenz und Wildheit war überdeutlich zu spüren. Einem Jungspund wie diesem konnte man nur auf dem diplomatischen Parkett die Zähne ziehen - und das würde Al Arroin gewiss tun. Wenn die Zeit dafür reif war. „Ich möchte eine möglichst entemotionalisierte und vor allem rasche Untersuchung", sagte er. „Es wäre mir am liebsten, wenn sie von einem Außenstehenden vorgenommen werden würde ..."
    „Hast du jemand Besonderen für diese Aufgabe im Auge?", unterbrach ihn Grisch Ablaub, nach wie vor auf Konfrontationskurs aus.
    Al Arroin antwortete rasch: „Was haltet ihr von einem Telepathen? Was haltet ihr von Gucky?"
    Die Antwort war ein einziges gemeinsames Aufbrüllen, dann einzelne Zurufe. „Niemals!" - „Wie kannst du es nur wagen?" - „Ein Gedankenschnüffler, der in unserem Kopf herumwühlt?"
    „Schon gut, schon gut!", sagte Al Arroin beschwichtigend. Er hob abwehrend beide Arme. „Jeder von uns hat seine kleinen Handelsgeheimnisse, das verstehe ich. Wie ich sehe, tragt ihr alle aktivierte Anti-Psi-Schutzschirme ..."
    „Nicht nur wir!"
    „Selbstverständlich ist mir der Gedanke nicht angenehm, jemandem mein Innerstes zu offenbaren.
    Aber würde der Zweck die Mittel nicht heiligen? Ist es nicht unsere Pflicht, nach der Schande, die der Krone von Roewis widerfahren ist, den Täter schnellstens ausfindig zu machen?"
    „Damit du deinen geliebten Laerros so rasch wie möglich wieder unter der Achsel lecken kannst?", rief Ablaub zornig. „Was erlaubst du dir?" Al Arroin sprang auf, fühlte, wie ihm das Blut ins Gehirn schoss, wie lange unterdrücktes Wunschdenken in ihm wuchs, wie eine bösartige kleine Stimme flüsterte: „Schlag ihm die Zähne aus dem Gesicht!", wie sie eine andere übertönte, die „Bleib vernünftig, er ist stärker und jünger als du!", sagte ... „Niemand nennt mich Laerros' Achsellecker!", brüllte er.
    Etwas explodierte. Der Lärm betäubte ihn nahezu, eine Druckwelle fegte ihn nach hinten weg, er kippte über den Stuhl. Geschmolzene Plastteile schössen an ihm vorbei. Andere Patriarchen lagen gleich ihm auf dem Boden, hatten ihre Münder geöffnet und schrien ...
    Eine grausam verstärkte Stimme, so laut, dass sie mühelos seine Beinahe-Taubheit durchschnitt, sagte: „Einen Kretin wie dich würde ich niemals an meinen Körper heranlassen!"
    Laerros, der Patriarch des Mantoll-Imperiums, stand breitbeinig über ihm und zielte mit einer feuerbereiten Strahlwaffe auf seinen Kopf.
     
    17.
     
    Lisch Entber Die Krone war in Aufruhr. Von überall her erreichten ihn Anrufe, Beschwerden, Hilfegesuche.
    Ein vergleichsweise kleiner Funken hatte genügt, um alles, was die Krone als Symbol bislang repräsentiert hatte, in Schutt und Asche zu verwandeln. Jahrtausendealte Tabus wurden gebrochen.
    Man verdächtigte und beschimpfte einander, man stellte das Eigenwohl über das der Gemeinschaft.
    Irgendwann wurde es Lisch zu viel. Er schlich traurig aus der Zentrale, hinab in Richtung des Gerüstes. Er konnte sich selbst nicht von Schuld freisprechen. Er hatte eitle Freude daran empfunden, dass Al Arroin mit seiner Konferenz zu scheitern drohte. Gelacht hatte er darüber - und er schämte sich dafür.
    Die Gänge und Räumlichkeiten, von tausenden Architekten und Bauherren in ebenso vielen Jahren geplant und gebaut, allesamt besondere Kunstwerke auf ihre Art, erschienen ihm plötzlich öde und leer. Entseelt.
    Immer wieder begegneten ihm Gurrads, Shanganten, Karibäen oder Baramos. Niemand achtete auf ihn, den Hausmeister. Seine Bekleidung und sein Rang machten ihn unsichtbar. Für die hochwohlgeborenen Diplomaten existierte er nicht, wurde nur dann zu einem lebendigen Wesen, wenn sie einen Wunsch hatten, den kein Robo erfüllen konnte. Erst dann tauchte Lisch Entber in ihrem Bewusstsein auf. Wie eine Erinnerung, die man beliebig ein- und wieder ausblenden konnte.
    Bislang hatte er sich wohl gefühlt in dieser seiner Rolle. Hatte all die kleinen Schweinereien, die Skandälchen und Schiebereien, die ungeniert vor seinen Augen passierten, stillschweigend akzeptiert.
    Hatte sie mitgemacht, manchmal sogar forciert. Ohne die schleichende Korrumpierung, die sich wie

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