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2267 - Ich, Gon-Orbhon

Titel: 2267 - Ich, Gon-Orbhon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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noch weiter von meiner bescheidenen Zuflucht entfernen?
    Die Entscheidung wurde mir abgenommen: Nick kam über mich, viel erbarmungsloser als zuvor. „Glaub mir, das tut mir mehr weh als dir", bellte er, während er auf mich eindrosch. „Ich gebe auf!", schrie ich, eingedenk der Kritik nach dem letzten Mal. „Ach ja? Und was ändert das?"
    Er nahm mich buchstäblich auseinander. Zerlegte mich in Einzelteile, wobei er mich kunstvoll bei Bewusstsein hielt. „Du bist immer noch viel zu gutgläubig, Kleiner", tadelte er, während er Muskelgewebe zerfetzte und Knochen zerschlug. „Später einmal wirst du mir dankbar sein dafür."
    Irgendwann, nach langer, langer Zeit, ließ er mich sterben.
    Ich war schon tot, dennoch vernahm ich seine abschließende Botschaft: „Wir sehen uns wieder, mein Junge. Und dann wird's richtig hart."
     
    5.
     
    Der Sinn des Höheren Lebens Madam Emili Bronce päppelte mich wieder auf; beileibe nicht zum letzten Mal übrigens.
    Wie ich in mein so genanntes Zuhause gelangt war, entzog sich meiner Kenntnis. Ich heilte unter Schmerzen und Fieberschauern.
    War ich hinterher schlauer geworden? Meiner selbst und dessen, was die XIX. Kosmität von mir forderte, bewusster?
    Ein wenig. Ich hatte die Grundregeln gelernt und lernte weiter. Lernte vor allem, mit den immer wiederkehrenden Erniedrigungen zu leben. Und mit der Einsamkeit. Denn ich begegnete im Verlauf der nächsten Studienjahre zwar außer dem Rektor allen insgesamt 144 Mitgliedern des Lehrkörpers, doch traf ich keine anderen Studenten. In welche Räume, zu welchen exotischen Fächern und verschrobenen Instruktoren mich die Kristalle auch beförderten, überall gab es ausschließlich Einzelunterricht. Man hielt uns Auszubildende strikt getrennt. Solidarisierung war definitiv nicht im Lehrplan vorgesehen.
    Umso mehr verzehrte ich mich nach der Gesellschaft Gleichartiger. Nach Freundschaft. Nach Liebe.
    Ich kannte diese Begriffe. Sie waren in meinem Gedächtnis enthalten, eingespeichert, programmiert worden.
    Von wem, ergründete ich bis zum Schluss nicht. Genauso wenig wie, wo, wann und weshalb.
    Dass ich keines Vaters und keiner Mutter Sohn war, sondern ein Kunstgeschöpf, das Produkt einer Genschmiede, diese nahe liegende Vermutung bestätigte mir Pyr It.
    Es war mir gelungen, sie allein abzupassen, in einem Labor, wo Koppa selten auftauchte, obwohl es zu seiner Fakultät gehörte.
    Die Assistentin des ekelhaften Kosmologie-Professors tat zuerst, als hörte sie meine Klagen und Fragen nicht.
    Sie floh vor mir, doch ich drängte sie in eine Ecke, sodass sie mir nicht länger ausweichen konnte.
    Ich hätte es nicht übers Herz gebracht, sie zu schlagen. Trotzdem hob ich drohend die Hand; das arme, geknechtete Ding war nichts anderes gewohnt. „Wo komme ich her? Wer oder was bin ich? Gib Antwort!", fuhr ich sie an. „Wohin werde ich versetzt, falls ich die letzte Prüfung bestehe und den Wettstreit gewinne?"
    „Darf ... nicht", würgte sie mit vor Schreck geweiteten Pupillen hervor. „Koppa brächte mich ..."
    Um ihr klar zu machen, dass ihr kein besseres Schicksal bevorstand, wenn sie mir die gewünschte Aufklärung verweigerte, packte ich ihren Arm und wendete einen Foltergriff an, den ich Nick abgeguckt hatte. „Wie lautet meine Berufung?", fauchte ich ihr ins Ohr. „Worin besteht mein Daseinszweck? Was zum Chaotarchen will eure verdammte Kosmität von mir? Weshalb martert ihr mich tagaus, tagein, vollkommen isoliert von den Kommilitonen?" Sie erschlaffte in meinen Armen. Wimmerte: „Es ist zu deinem Besten, Gon-Orbhon. Du wirst, wenn wir siegen, später für sehr, sehr lange Zeit auf dich allein gestellt sein. Wirst ohne ein Gegenüber auskommen müssen, es sei denn, du kreierst dir eines aus dir selbst. Verstehst du?"
    „Nein." Ich wollte nicht verstehen; weigerte mich hinzunehmen, dass ich eine animierte Puppe war und ein Spielball, ein willenloser Strohmann ungleich Mächtigerer werden sollte. „Wieso ausgerechnet ich? Wieso nicht ein anderer, begabterer eurer Studenten?"
    „Hast du das denn immer noch nicht durchschaut?", hauchte Pyr It. „Es gibt keine anderen. Du bist der einzige."
    „Eine kleine Kosmität wie die Neunzehnte", flüsterte sie, „kann sich nur einen Studenten leisten. Schon für diese eine, einmalige Teilnahme am Wettstreit mussten wir uns nahezu unrettbar verschulden. Du hast ja keine Ahnung, wie hoch der Tribut ist, die Anmeldegebühr, wie unermesslich der Preis für einen Rohling deiner Qualität.

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