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2267 - Ich, Gon-Orbhon

Titel: 2267 - Ich, Gon-Orbhon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Der gesamte Lehrkörper hat über einen Zeitraum, der anderswo in Jahrzehntausenden gemessen wird, darauf hingearbeitet."
    Ich war perplex. „Aber was zu gewinnen steht, lohnt diesen irrwitzigen Einsatz?"
    Pyr It nickte, schniefte dankbar, da ich meinen Griff gelockert hatte. „Die Mächte, die den Wettstreit der Kosmitäten ausgelobt haben ..."
    „Die Kosmokraten, wer sonst?", warf ich ein.
    Sie starrte mich erschrocken an, stammelte: „Das darf ich nicht ... habe schon viel zu viel..."
    Ich ließ sie los, brachte meine Hand zu ihrem Kopf. Sie zuckte zusammen, entspannte sich aber, als ich ihr sanft übers Haar strich. „Professor Koppa hält mich zwar für einen Volltrottel, doch ich kann eins und eins zusammenzählen", raunte ich leise und begütigend.
    Schlacke, der Pedell, hatte mich als kosmokratische Brut tituliert, Koppa schimpfte mich Genmüll. Nun begann langsam alles einen Sinn zu ergeben. „Die Siegesprämie der ... Auftraggeber", fragte ich, „rechtfertigt das extreme Risiko?"
    Pyr It nickte kaum merklich. Ich schüttelte den Kopf. „Das ist verrückt. Ihr setzt alles auf eine Karte: auf mich.
    Und dann behandelt ihr mich derart?"
    „Gerade deshalb. Du bist dem gewachsen, hältst das aus, reifst daran; glaube mir. Die gesamte Kosmität wurde auf dich abgestimmt, für dich maßgeschneidert. Alles hier dient ausschließlich dir und deiner Veredelung."
    Sie legte ihre feingliedrige Hand auf meinen Unterarm. „Du bist unsere eine, einzige Chance. Wir haben nur diesen Versuch. Enttäusche uns nicht, Gon-Orbhon. - Bitte", fügte sie nach einer Pause hinzu. Es klang so flehentlich, dass ich in Tränen ausbrach.
    Pyr It weinte mit mir. Wir hielten einander eng umschlungen. Unbeholfen kauerten wir uns zusammen, spendeten uns gegenseitig Trost.
    Lange lehnten wir so da, heulend, bebend, geschüttelt von Kummer und Mitleid. Aufgestaute Frustrationen brachen sich endlich Bahn, lösten sich in krampfartigem Schluchzen.
    Nie zuvor hatte ich mich so befreit gefühlt, so gereinigt, so geläutert wie nach diesem Zusammenbruch. Ich küsste Pyr die Tränen von den Wangen. Sie tat es mir nach.
    Dann fanden sich unsere Lippen.
    Unser gemeinsames Unglück verwandelte sich jählings in Begehren. Wilde, animalische Lust schoss mir ein, und ich gab ihr nach, gab mich ihr hin.
    Wir rissen uns die Kleider vom Leib, fielen über einander her wie halb verhungerte Raubtiere über unverhoffte Beute. Liebten uns, wieder und wieder.
    Damals kam mir nicht in den Sinn, dass auch dieses Ereignis Teil des Lehrplans sein könnte ...
     
    6.
     
    Die Offenbarung Ich benötigte einige Zeit, um Pyrs Geständnis zu verarbeiten, und noch bedeutend länger, bis ich mich endgültig in die mir zugedachte Rolle fügte.
    Zwar war mir klar, dass Rebellion nichts gebracht hätte. Dennoch vermochte ich mich nicht zu entscheiden, ob ich dem Kollegium der XIX. Kosmität zürnen oder sie für die Raffinesse ihres „pädagogischen Konzeptes" bewundern sollte.
    War es wirklich so falsch, mir zuallererst Demut beizubringen? Ich versuchte, mich in die Lage des Rektors zu versetzen, von dem ich nach wie vor nur die kühle, unpersönliche Stimme kannte.
    Wie würde ich an seiner Stelle agieren, um möglichst sicherzugehen, dass die Investition Früchte trug? Worin bestand die größte Gefahr eines Versagens des einen, so ungemein wertvollen Zöglings? In Hybris, gab ich mir zur Antwort, in Selbstüberhebung und Eitelkeit.
    Das wusste ich mittlerweile aus dem Geschichtsunterricht: Hochmut hatte weit mehr galaktische Reiche zu Fall gebracht als alle Truppen des Chaos zusammen.
    Und barg nicht gerade die Ausnahmesituation, in der ich mich befand, den Keim einer solchen charakterlichen Fehlentwicklung in sich? Wenn man mich wie ein rohes Ei behandelt hätte, mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen und mich von Anfang an darüber in Kenntnis gesetzt hätte, welch immense Bedeutung ich für die XIX. Kosmität besaß - wäre ich da nicht sehr schnell in Narzissmus und Arroganz verfallen?
    Ich hielt meine Lehrer ebenso in der Hand wie sie mich. Wäre mir das schon viel früher bewusst geworden - hätte ich da nicht auf die kleinste mir zugemutete Unbequemlichkeit störrisch und aufmüpfig reagiert?
    Wäre ich bloß durch freundliches Zureden gleichermaßen zu motivieren gewesen wie durch die Torturen, die sie mir hatten angedeihen lassen? Oder hätte ich mich nicht eher der Faulheit hingegeben, im sicheren Wissen, dass mir nichts passieren konnte - da doch

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