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228 - Crows Schatten

228 - Crows Schatten

Titel: 228 - Crows Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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eine Blutspur hinter die Mauerreste eines ehemaligen Viehstalls. Rev’rend Sweat folgte ihr. In einem Distelfeld lag reglos der Neubekehrte. Seine Augen waren weit aus den Höhlen getreten. Der wolkige Nachmittagshimmel spiegelte sich in ihrem feuchten Weiß. Seine Lippen waren violett, sein Gesicht blau. Die Bronzekette, an der – gut sichtbar – das Kreuz hing, hatte sich so tief ins fahle Fleisch seines Halses eingegraben, dass sie teilweise darin verschwand. Der Dämon hatte den jungen Mann erwürgt.
    Der Rev’rend nahm seinen Stahlhelm ab, murmelte ein Gebet und bekreuzigte sich dreimal. Danach machte er kehrt und rannte zu seiner Maschine. Großer Schmerz und ein heiliger Zorn erfüllten ihn. Er sprang in den Sattel, warf den Motor an und preschte über den Ranchhof und an der Hauptruine vorbei in die Richtung, die fünf Minuten zuvor Rev’rend Ripper genommen hatte. Die Spuren seiner Maschine waren deutlich im feuchten Grasboden zu erkennen.
    Eine halbe Meile entfernt sah der Bischof plötzlich Rauch aufsteigen. Er gab Gas und hielt darauf zu. Von weitem sah es aus wie eine lang gezogene Ruine, was da brannte. Das Gelände stieg an, Rev’rend Sweat fuhr auf einen von Gras überwucherten Bahndamm zu. Auf ihm stand ein komplett von Moos, Flechten und Rankengewächsen eingesponnener Zug, etwa hundertfünfzig Meter lang. Irgendwo hinter ihm stieg die Rauchsäule auf.
    Rev’rend Sweat riss seine Maschine herum und steuerte die Lokomotive an, um den Zug zu umfahren und auf die andere Seite der Gleistraße zu gelangen. Er pflügte den Bahndamm hinauf und bremste scharf, als er einen leblosen Körper in einem Dornbusch neben der Lokomotive hängen sah.
    Sein Herz klopfte, als er aus dem Sattel stieg. Er ließ den Motor laufen und ging zu dem Dornbusch. Es war der zweite Novize, der dort bäuchlings im Geäst lag, Rev’rend Rippers Begleiter.
    Rev’rend Sweat packte ihn an den Beinen, zerrte ihn aus dem Gehölz und drehte ihn auf den Rücken. Entsetzt wich er zurück – das Gesicht des armen Burschen war eine dampfende, feuchte, schwarz-rote Masse.
    Rev’rend Sweat bekreuzigte sich. »Das hat das Höllenfeuer Orguudoos getan!«, zischte er. Er packte beide Waffen, richtete die Läufe auf die Spitze des Zuges und ging an der Lokomotive entlang. Blitzschnell sprang er ins Gras zwischen den Gleisen. Niemand hatte ihm aufgelauert.
    Er blickte zurück. Niemand war auf der linken Seite des Zuges zu sehen, weder der Dämon, noch Rev’rend Ripper. Nur seine eigene Maschine stand dort und bebte unter dem Stampfen des arbeitenden Zylinderkolbens.
    Rev’rend Sweat machte einen Schritt nach rechts, sodass er im Gestrüpp auf der anderen Seite des Bahndamms neben den Gleisen stand. Schwarzer Rauch stieg dort aus lodernden Flammen. Es war Rev’rend Rippers Maschine, die achtzig Schritte entfernt lichterloh brannte.
    Der Mund des Bischofs wurde trocken, er schluckte. Nirgendwo eine Spur des anderen. »Rev’rend Ripper?« Lauernd blickte er sich um. »Bist du hier irgendwo, Bruder?« Keine Antwort. Rev’rend Sweat stapfte den Bahndamm hinunter. Nach allen Seiten sichernd und sich um sich selbst drehend, näherte er sich dem brennenden Dreirad. »Rev’rend Ripper…?«
    Ein Windstoß fuhr in das Feuer und lichtete für Sekunden den schwarzen Rauch. In diesem Moment sah der Bischof den anderen Rev’rend – seine Gestalt hing über dem Motorradsattel und kopfüber im Beiwagen. Sie war schon halb verkohlt und krümmte sich in den Flammen.
    »Allmächtiger Gott…« Rev’rend Sweat bekreuzigte sich. Plötzlich merkte er, dass die Waffenläufe in seinen Händen zitterten. Er sah an sich hinunter: Seine Knie schlotterten. »Heilige Jungfrau…«
    Auf der anderen Seite des Zuges brüllte ein Motor auf. Ein Eiszapfen bohrte sich in Rev’rend Sweats Herz – er fuhr herum. Sein Maschine rollte über die Gleistraße, donnerte den Bahndamm hinunter und raste auf ihn zu. Im Sattel hockte eine schwarz-weiß gefiederte Gestalt mit dem Schädel eines Ziegenbocks…
    ***
    In der ersten Abenddämmerung trat Mr. Black auf die Vortreppe des Capitols. Sigur Bosh, Miss Honeybutt Hardy und Mr. Collyn Hacker waren bei ihm. Im Foyer des alten Prachtbaus pflegte er seit fast zwei Jahren Recht zu sprechen. Von hier aus wollte er auch den Angriff auf die Enklave der Theokraten kommandieren.
    Sieben Gestalten lösten sich ungefähr dreihundert Meter entfernt aus dem Eingang eines größeren Gebäudes. Ohne Eile kamen sie zum Capitol. Vier

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