2283 - Zwielichtklingen
Magen zusammenzog, als er den Busch ansah. „Er kommt zurück, um uns gleich wieder zu verlassen?"
Nein, Mamor, nicht gleich. Die Uhren in Tare-Scharm gehen anders. Während dort eine Minute verstreicht, vergehen hier vielleicht Jahre. ARCHETIM wird lange genug bei euch sein, um das Fundament für einen Frieden zu legen, der dauerhaft sein wird. „Das dachte er bereits einmal", murmelte Ir'kham.
Sogar eine Superintelligenz kann Fehlermachen, Mamor. Aber sie kann daraus lernen - so, wie ihr lernen müsst.
Ir'kham holte tief Luft. Er rieb sich mit einer Hand über die Augen. Er fühlte, dass der Schmetterblüter von Dingen sprach, die sein Begriffsvermögen überstiegen. „Wann wird er hier sein?", fragte er nach einer Weile, in der er versucht hatte, seine Gedanken zu ordnen.
Schon morgen, Mamor. „Morgen ..." Der Admiral dehnte das Wort. Er nahm die Hand herab und sah wieder zum Strauch. Er glaubte, den Duft der großen Blüten riechen zu können.
Und er hatte die Boten des Friedens zu Tausenden kaltblütig vernichten lassen! Er. Der Admiral.
Nein, das war einmal gewesen.
Er war nicht mehr der Admiral. Nicht mehr der Dunkle Feldherr. Kein Führer mehr. Kein Reich Mamor. Keine Schwadron. „Eine letzte Frage noch", sagte er leise.
Ja, Mamor? „Was wird jetzt werden? Was wird aus mir?"
Darauf kann ich dir leider nicht antworten.
Er nickte. Er verstand. Nein, er verstand gar nichts.
Mamor Ir'kham verbrachte den Tag, den letzten vor ARCHETIM, in seinem Quartier und versuchte zu ordnen, was in der kurzen Zeit, die ihm blieb, noch zu ordnen war. Der blühende Strauch war verschwunden. Er hatte sich in Luft aufgelöst, war entmaterialisiert - was wusste er, wohin. Letztlich spielte es keine Rolle mehr. Er hatte getan, was er hatte tun müssen, und ihn von dem Bann befreit, der seit vielen Jahren auf ihm gelastet hatte. Dem Bann des Bösen, dem Zwang, zu kämpfen, zu zerstören und zu vernichten.
Der Gier nach Macht und Tod.
Er hatte seinen Zweck erfüllt. Nun war es an ihm, das zu tun, was getan werden musste.
Zuerst zu ihm selbst.
Es gab keinen Admiral Mamor Ir'kham mehr. Das Reich, das er nach sich benannt hatte, hatte aufgehört zu bestehen. Es war schon in dem Augenblick nur noch ein leerer Begriff gewesen, als die Schmetterblüter kamen. Und im Grunde genommen hatte es niemals wirklich gelebt.
Er leistete Abbitte bei all den Schohaaken, die er verletzt, gedemütigt oder getötet hatte; verstoßen und verraten. Er bat Sharaaya um Vergebung. Er konnte nicht erwarten, dass sie ihn auf irgendeine Art hörte, aber er musste es tun, wenn schon nicht um ihret-, dann um seinetwillen.
Er flehte ARCHETIM um Vergebung an und schwor ihm, von nun an ein treuer Diener zu sein, der büßen und wieder gutmachen wollte, was er nur konnte.
Und damit war er beim zweiten Teil.
Zuerst trat Ir'kham an die Funkgeräte und strahlte per Hyperkom eine Sendung in die Galaxis aus, in der er das Ende seines Reichs und alle Flotten für aufgelöst erklärte. Er entließ seine Anhänger aus ihrem Dienst. Es war ein offizieller Akt, faktisch hatten sie es selbst schon vollzogen. Der letzte Befehl, den er ihnen gab, war kein Befehl mehr, sondern eine Bitte: die Bitte, beim Neuaufbau der Galaxis mitzuhelfen, wo und wie sie nur konnten.
Dann wandte er sich an die, die er stets und so unsinnig als „Rebellen" bezeichnet hatte, und direkt an seinen Widersacher von gestern, an ARCHETIMS Faust. Er bot ihm den Frieden und Zusammenarbeit an. Er verzieh ihm, er ...
Verdammt, ich habe nichts zu verzeihen! Ich habe verloren! Die anderen müssen mir verzeihen! Ich bin es, der sie gequält und verletzt hat!
Es war nicht leicht für ihn, von einem Moment auf den anderen umzudenken. Er würde noch lange dazu brauchen, den „alten" Mamor Ir'kham ganz abzuschütteln; mehr Zeit, als sie ihm vermutlich lassen würden.
Nein, sie würden ihm nicht verzeihen. Was er getan hatte, war nicht mit einer Entschuldigung abzutun. Es verlangte nach den härtesten Strafen. Vielleicht nach seinem Tod. Aber selbst dieser würde die unzähligen Opfer nicht wieder lebendig machen, die durch seinen Befehl, seine Hand ihr Leben verloren hatten.
Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen. Er musste sich an einem Pult festhalten.
Wie viel Zeit blieb ihm noch? Wenige Stunden. Er versuchte, klar zu denken. Was konnte er tun, bis ARCHETIM kam?
Seine ehemaligen Anhänger
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