2286 - Triptychon
und ohne jede Rechtfertigung.
Wer versuchte, Liebe logisch zu erklären, konnte nur ein unerfahrener, dummer Junge sein, der von diesem Gefühl höchstens eine theoretische Vorstellung hatte, aber kein Mensch, der schon einmal geliebt hatte.
Sie war in der MUNGO PARK in seine Kabine gekommen, auf dem Rückflug von einer Sonnenexkursion. Weshalb, wusste er bis heute nicht. Aber da war es einfach passiert. Sie beide hatten es gewollt.
Er hatte lange gegrübelt, warum Inshanin sich ausgerechnet zu ihm hingezogen fühlte, und keine Erklärung dafür gefunden. Aber da gab es nichts zu verstehen; es gab keine! Anfangs hatte er befürchtet, sie habe sich mit ihm, dem Chefwissenschaftler, eingelassen, weil sie sich davon Vorteile erhoffte, aber dann hätte sie sich anschließend anders verhalten und ihn nicht weiterhin kritisiert.
War es reiner Frust gewesen? Unsinn, den konnten sie auf andere Art und Weise bewältigen. Nein, da war einfach etwas zwischen ihnen ... er konnte nicht den Finger darauf legen, aber es war da.
Sicher, Inshanin hatte ihre Geheimnisse. Dunkle Flecken in ihrer Vergangenheit, über die sie nicht sprach. Da war irgendetwas mit Dorrian Haies gelaufen, der die INTRALUX konstruiert hatte. Aber sie schwieg weiterhin beharrlich über diese Zeit, über ihre verlorene Liebe - falls es überhaupt etwas so Schwülstiges gewesen war. Myles hatte keineswegs den Eindruck, dass unter Inshanins harter Schale ein armes, verlassenes Mädchen steckte, das sich nach Zuneigung sehnte. Wäre dem so gewesen, hätte sie ihn nicht so sehr interessiert. Er verspürte nicht den geringsten Drang, einem Mauerblümchen dringend benötigte Zuneigung zu geben.
Die Plophoserin faszinierte ihn einfach, so, wie sie war. Mit allen Widersprüchen und Ärgernissen. So einfach war das. Er verstand zwar nicht viel vom Wesen der Frauen, aber so viel wusste er, und jeder, der etwas anderes behauptete, hatte noch weniger Ahnung.
Falls das überhaupt möglich war. Obwohl er ihre Augen hinter der Brille nicht sehen konnte, hörte er in ihrer Stimme, dass die Kratzbürstigkeit und der unterschwellige Vorwurf von der Besorgnis immer weiter zurückgedrängt wurden. „Myles? Bist du in Ordnung? Hörst du mich?"
Ja, er liebte sie. Tief und innig. Wenn er nur wusste, wie er ihr das sagen sollte ...
Luna, 10. September 1170 NGZ Erschüttert starrte Myles auf die Leiche seines Vaters. Sie war körperlich unversehrt; Notkus schien einfach nur zu schlafen.
Nein, dachte Myles. Er wusste, was geschehen war. Sein Bewusstsein war nicht mehr in den Körper zurückgekehrt. Es hatte den Übergang vom Mikrokosmos in den Metalysator nicht vollzogen.
Ich stellte mir vor, ohne Behinderung durch den Kosmos zu reisen und den Atem der Unendlichkeit zu spüren, hatte Myles vor kurzem noch zu Perry Rhodan gesagt. Niemand hätte es verstehen können, ich tat es selbst nicht einmal.
Genau das hatten Enza und Notkus, seine Eltern, ihm jetzt ermöglicht. Sie hatten den Metalysator konstruiert, eine Maschine, die Körper und Bewusstsein trennen konnte. Kaum hatte er seine Reise angetreten, war er sich bewusst geworden, dass hinter dieser Sehnsucht der Wunsch nach einer körperlosen Existenz stand.
Es war eine wunderbare Erfahrung gewesen. Die freigesetzten Bewusstseine von Enza Mansoor und Notkus und Myles Kantor waren in das Innere NATHANS eingedrungen, um blockierte Dateien über eine von Ernst Ellert überbrachte Warnung zu suchen.
Das war die offizielle Begründung für den Einsatz gewesen, doch Myles war davon überzeugt, dass seine Eltern das Gerät nur geschaffen hatten, um ihm seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen.
Sie hatten damit zwar Erfolg gehabt, doch Notkus Bewusstsein war nun für immer in den Hyperfeldern der Syntronik verloren. 1 Was sollte nun werden? Notkus war tot... und das Synergistiker-Duo, das den Bau des Geräts erst ermöglicht hatte, existierte nicht mehr.
Aber ... konnte das die Antwort sein? Eine körperlose Existenz? War das nicht ein sinnloses Wunschdenken, ein hoffnungsloses Aufbäumen gegen die Natur an sich? Sollte er nicht lernen, mit den Gegebenheiten zu leben, sein Dasein als Mensch zu akzeptieren? Musste er das nicht lernen, wollte er verhindern, dass so etwas wie heute noch einmal geschah?
Dass jemand sich für ihn opferte?
Jemand, an dem ihm mehr lag als an seinem eigenen Leben?
Myles wusste nicht, wie es weitergehen sollte, doch eins war ihm klar: Er würde in nächster Zeit über vieles nachdenken müssen
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