2296 - In der Hölle von Whocain
sie erst recht sabotieren, was das Zeug hält. Oder sie erkennen dieses Vorhaben als das, was es ist, nämlich absolut illusorisch - dann geht der Bluff, entschuldigt mein Arkonidisch, voll in die Hose. Und zwar mit Bomben und Granaten, im wahrsten Sinn des Wortes!"
Siderip grinste ihm ungerührt ins Gesicht. „Nicht, wenn wir uns dabei so tollpatschig anstellen, dass sich die Kybb-Traken vor Lachen ihre Bäuche halten."
Nun platzte Jallon endgültig der Kragen. „Waaas?"
Er hatte von Anfang an kapiert, dass es sich hierbei um kein gewöhnliches Raumlandemanöver handeln würde.
Diesmal bestand die Aufgabe nicht darin, Brückenköpfe zu errichten; Raumhäfen, Geschützstellungen oder sonstige Widerstandsnester vom Boden aus zu eliminieren; oder eine Schlüsselfigur rechtzeitig gegen erbittertsten Widerstand an einen schier uneinnehmbaren Ort zu schaffen, wie damals Anguela Kulalin in die Festung der Inquisition.
Darum hatte ihn auch nicht verwundert, dass Atlan, wie es dem Oberkommandierenden zustand, Gorm Goya den Vorzug gegenüber ihm gegeben hatte. Jallon war nicht von ungefähr als Haudrauf verschrien. Die feinere Klinge führte garantiert Gorm.
Doch das, was der Psychoklempner allen Ernstes propagierte, hatte nichts mehr mit Schwertkampf zu tun. Höchstens mit Spiegelfechterei. Und davon hielt Jallon Hypt weniger als nichts. „Du verlangst, dass sich Raumsoldaten der LEIF ERIKSSON absichtlich lächerlich machen?"
„So drastisch würde ich es nicht ausdrücken. Aber im Prinzip: ja."
Hilfe suchend sah Jallon von Gorm, dessen Bronzegesicht keine Regung zeigte, zu Atlan. Wenigstens der alte Lordadmiral sollte gegen solch himmelschreienden Unfug immun sein. Auch wenn er an dem schmalbrüstigen Naseweis aus unerfindlichen Gründen einen Narren gefressen hatte.
Der Arkonide horchte, den Kopf leicht schief gelegt, in sich hinein. Langsam sagte er: „Ob ihr's glaubt oder nicht - mein Extrasinn vertritt die Meinung, dass Hajmos Plan funktionieren könnte."
Zwischenbemerkung: Scharade im Orbit Dir, Perry, ist das Phänomen der subjektiven Zeitwahrnehmung wohl bekannt: Zuerst, in der Vorbereitungsphase, ziehen sich die Stunden endlos dahin. Man redet und redet, skizziert und wägt ab, will nicht das kleinste Detail übersehen, gerät vom Hundertsten ins Tausendste ... und hat doch das dumpfe, lähmende Gefühl, dass überhaupt nichts passiert.
Wenn es endlich losgeht, überschlagen sich plötzlich die Ereignisse. Die Zeit verfliegt im Nu, atemlos hetzt du hinterher. Und alles kommt dann ganz anders, als man es sich vielleicht vorgestellt hat.
So war es auch an jenem 23. Mai 1333 NGZ im Tan-Jamondi-System. Erst das Desaster von Whocain, dann die unerwarteten Boten ...
Aber ich greife vor.
Die Schlussbesprechung eskalierte nicht weiter. Jallon Hypt, der so vehement das knallharte Image seiner Infanterie und Kavallerie verteidigt hatte, beruhigte sich bald wieder.
Ich glaube, es lag weniger daran, dass ich ihn bezüglich Lächerlichkeit an ein an Bord der LEIF legendäres Ständchen mit einem gewissen, sehr sangesfreudigen Kleeblatt aus Tradom erinnerte. Weißt du noch...?
Nein, letztlich schafften wir es gemeinsam, ihn zu überzeugen. Du kennst Jallon. Er ist, obgleich mit bald achtzig Jahren im reiferen Mannesalter, ein Hitzkopf geblieben.
Wir alle schätzen und respektieren ihn gerade deswegen. Weil er sich, seit er nach Recas Abgang die Verantwortung über die gesamte Abteilung Außenoperationen trägt, noch mehr für seine Leute zerreißt; und, mag er zwischendurch auch poltern und wettern, fundierten Argumenten nie lange verschließt.
Kybb-Traken, erläuterte Hajmo, besaßen durchaus einen Hang zur Schadenfreude. Sie liebten derbe Spaße auf Kosten anderer. Wenn es gelang, ihre Aggressionen dergestalt umzulenken, dass sie die „Delegation" nicht attackierten, sondern stattdessen belogen, betrogen und verhöhnten, war schon viel gewonnen.
Mein Extrasinn, ebenfalls nicht ganz unerfahren in der Beurteilung Nichthumanoider, gab Hajmo Recht. Das Selbstwertgefühl der Kyberneten war angeknackst. Es würde ihrer Psyche schmeicheln, wenn Vertreter der Besatzungsmacht für ihre Verhältnisse läppisch ungeschickt, ja stümperhaft auftraten.
Die halbherzigen Bemühungen um „Kulturaustausch" passten ebenso in dieses Bild wie die groteske Anmaßung, kurzfristig einen Kybb-Titanen „nachbauen" zu wollen - ein Trägerschlachtschiff von sechzehn Kilometern Durchmesser, dessen Konstruktion auf einer uns
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