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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sattel berührt, ist er nicht mehr der Ustad der Dschamikun, sondern etwas ganz, ganz anderes. Er gleicht dann einem plötzlich jung gewordenen Djinn (Geist), dem jede Faser des Pferdes untertänig ist, und wer es mit ihm aufnehmen will, der wagt mehr, als er denkt! Hierbei fällt mir ein, dir zu sagen, daß der Scheik ul Islam einen Eilboten heim nach Chorremabad geschickt hat, natürlich nicht von hier, sondern von unterwegs aus, denn wir sollten höchst wahrscheinlich nichts davon erfahren. Aber dieser Bote traf auf einen unserer Pferdehirten, begann aus Rache für unser Verhalten hier ein Wortgefecht mit ihm und war dabei so unvorsichtig sich zu verraten. Er rief dem Hirten höhnisch zu, daß wir verloren seien, weil Ghulam el Multasim zum Ustad der Takikurden erhoben werde. Hältst du das für möglich oder nur für eine Lüge, um uns zu ärgern, Effendi?“
    „Ghulam el Multasim, der Bluträcher, der Ertappte und Überführte, der vollständig Ehr- und Gewissenlose – – – Ustad der frommen, korangerechten Takikurden? Warum soll das nicht möglich sein? Ich halte es sogar für sehr wahrscheinlich, nachdem ich den Scheik ul Islam kennen gelernt habe. Dergleichen Leute sind zu allem fähig. Warten wir es ruhig ab! Geschieht es wirklich, so kann es uns nur nützlich sein.“
    „Nützlich? Uns? Dieser Mensch an der Spitze unserer neidischsten Feinde?“
    „Ja. Denn wird man einmal zum Kampf gezwungen, so ist es besser, man hat den ganzen Pöbel hübsch beisammen, weil man die Hiebe dann umso dichter fallen lassen kann. Es sollte mich freuen, wenn es würde!“
    Da begann es in den buschigen Brauen des Chodj-y-Dschuna zu spielen; seine Augen leuchteten auf, und er sagte in frohem Tone:
    „Dank sei Chodeh! Ich sehe immer mehr, daß wir uns keinesfalls zu sorgen brauchen. Ich habe dir bereits gesagt, daß ich hier verschiedene Stellen bekleide. In gewissem Sinne bin ich auch so etwas ähnliches wie Sipahsalar (Kriegsminister) und weiß also genau, was es bedeutet, wenn wir das ‚Dschamikun in Massen!‘ rufen. Ich wittere Krieg. Hast du vielleicht den Wunsch, einmal Heerschau zu halten?“
    „Allerdings; aber ich versage mir seine Erfüllung. Es würde Aufsehen erregen, und ich wünsche aber sehr, daß man uns für unvorbereitet hält. Man soll unbedingt der Meinung sein, uns vollständig zu überrumpeln. Sei noch verschwiegen! Wir werden uns zur rechten Zeit besprechen, sobald ich meine, daß sie gekommen sei. Die Fäden sind bereits in meinen Händen.“
    Da kam der Peder, zur Schau leider zu spät, doch versicherte er, sich der Sache umso eifriger anzunehmen. Er war oben im Wald in seiner Jagdhütte gewesen und versprach mir in liebenswürdigster Weise, gleich neben der seinigen auch für mich eine bauen zu lassen und sie mir zu schenken.
    Hierauf trennten wir uns, und ich ging mit Schakara und Kara Ben Halef heim. Der letztere hatte seinen täglichen Übungsritt zu machen, und die erstere bat ich, von jetzt an ein Auge auf Pekala zu haben und sie zu verhindern, etwa nach den Ruinen zu gehen. Oben angekommen, besuchte ich meinen Halef und seine Hanneh. Sie hatten sich da oben auf dem ebenen Dache der Halle vortrefflich eingerichtet und freuten sich über diese meine erste Visite hier in ihrem ‚Duar‘, wie sie es nannten. Ich sage ‚sie‘, denn Halef schlief nicht, sondern war wach. Als ich mich zu ihm gesetzt hatte und ihm zärtlich über die abgemagerten Hände strich, sagte er:
    „Mein lieber, lieber Sihdi! Ich habe gehört, daß jetzt du der Herr des hohen Hauses bist. Wie kannst du das alles nur versorgen, ohne daß ich imstande bin, dir mit zu helfen!“
    Seine Stimme klang verhältnismäßig kräftig sein Atem versagte nicht mehr, und seine Augen hatten wieder Leben.
    „Sorge dich nicht!“ antwortete ich. „Ich brauche keine Hilfe.“
    „Aber du bist ja selbst noch krank und schwach!“
    „Krank nicht mehr, sondern gesund, vollständig gesund. Und was die Schwäche betrifft, so fühle ich, daß sie mit jeder Stunde geringer wird. Ich erhole mich mit einer Schnelligkeit, die zum Erstaunen ist, und hoffe, daß dies nun auch bei dir der Fall sein werde.“
    Als ich hierauf von der Pferdeschau erzählte, war es, als ob das zugleich heilende Medizin und stärkende Nahrung sei. Und das wirkte augenblicklich. Seine Wangen bekamen Farbe und seine Züge fast lebhafte Beweglichkeit. Das Wettrennen war der Punkt, an welchem für ihn die Spannkraft neu geboren zu werden schien. Darum blieb ich mit

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