23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV
weiß!“
„Das mag sie immerhin! Sie weiß von mir nur Gutes. Ich habe eine Mission vom Schah und bin sein Diener, bin sein Auserwählter. Als Bote seiner Liebe und auch zugleich der wahren Menschenliebe, bin ich gekommen –“
„Um deine eigentliche Absicht zu verstecken“, fiel ich ein, „hier Jahre lang von unsrer dummen Pekala zu leben und dann den Frieden deines falschen Schah uns mit dem Messer vorzuschreiben!“
„Meines falschen Schah?“ fragte er. „Ich verstehe dich nicht!“
„Wenn du mich nicht verständest, wärest du sogar noch dümmer als Pekala, die es gewiß und wahrhaftig glaubt, daß ihr Aschyk imstande sei, ihr bei dem Schah die Wonnen aller Paradiese zu vermitteln. Doch mich betrügst du nicht mit dieser deiner Seligkeit! Uns ist der Schah in Wirklichkeit bekannt, doch in den Löchern Teherans, in denen du und deinesgleichen stecken, lernt man ihn niemals kennen. Dich schickt der Scheik ul Islam, doch nicht der Schah-in-Schah!“
Da reichte seine ganze Frechheit nicht aus, den Schreck zu verbergen, der über sein Gesicht zuckte.
„Der – Scheik – ul – Islam –!“ wiederholte er. „Wie kommst du auf diesen Gedanken?“
„Ich habe es aus seinem eignen Mund, und wenn ich dir das sage, so ist es wahr! Willst du es eingestehen?“
„Nein, denn es ist Lüge!“ schrie er zornig auf.
„Es ist wahr! Und ich sage dir: Nur kurze Zeit, so wirst du mich auf deinen Knien bitten, die Beichte anzuhören, welche du mir jetzt verweigerst. Für hier und jetzt bin ich mit dir fertig!“
Kara hatte ihn derart gefesselt, daß an einen Fluchtversuch gar nicht zu denken war. Dieser Verführer unserer strahlenden ‚Festjungfrau‘ versuchte zwar noch immer, uns zu einem andern Verhalten gegen ihn zu bereden, doch vergeblich. Er wurde zwischen die hier liegenden, hohen Steinhaufen gesteckt, und dann gingen wir. Als wir dann draußen im Freien standen, sagte Schakara, indem sie mich fast ängstlich anschaute:
„Wie streng du sein kannst, Effendi, wie unerbittlich kalt und streng! Das wußte ich noch nicht.“
„Meine Freundin, es handelt sich hier nicht um mich, sondern um das Wohl und Wehe vieler, vieler Menschenkinder“, antwortete ich. „Da hat etwas ganz anderes zu sprechen, als das, was man ‚das Herz‘ zu nennen pflegt. Auch ist das Schicksal dieses Mannes ja noch nicht fest bestimmt. Es steht in seiner Hand. Er kam sich retten, wenn er Reue zeigt. Und grad das, was ich mit ihm vorhabe, ist geeignet, ihn am schnellsten zu dieser Reue zu führen.“
„Was wird das sein?“
„Ich gebe ihm ein Gefängnis, wo er sich zu entscheiden hat: Wahnsinn oder Reue. Weiter gibt es dort nichts.“
„Wo?“
„Unten im Bassin, im finsteren Bergesinnern, ein kalter, nasser Sitz auf jenem Stein, auf dem wir das Skelett gefunden haben. In solcher Art Gesellschaft wird man mürbe!“
„Entsetzlich, entsetzlich! Effendi, bist du ein Mensch?“
„Schakara, Schakara! Ich will ihn retten. Und wer den Ausweg aus der innern Hölle nur durch die äußere Hölle finden kann, dem muß man diese öffnen. Mit Baklawa (Zuckerbrot) das Raubtier zähmen wollen, ist Unsinn und bringt doppelte Gefahr. Wir lassen ihn bis nachts im Turm liegen und schaffen ihn sodann an Ort und Stelle. Ich wette, daß es gar nicht lange dauert, so tut er das, was ich ihm voraussagte: Er bittet mich um die Genehmigung mir seine ganze Schuld gestehen zu dürfen. – – – Was sehe ich da unten im Duar? Ist etwa Pferdemarkt?“
„Nicht Markt, doch aber Schau, und zwar für unser Rennen. Der Chodj-y-Dschuna hat sie anbefohlen. Ein jeder Dschamiki, der sich beteiligen will, muß sich mit seinem Pferd bei ihm melden. Hierauf wird dann die Rennbahn abgesteckt, und jeder kann sich üben nach Gefallen.“
„So gehen wir hinab! Ich möchte sehen, was sich für Kräfte stellen.“
„Wird dich das nicht zu sehr anstrengen?“ fragte Schakara.
„Keinesfalls. Ich fühle, daß ich neues Blut besitze, und neues Blut bringt immer neue Kraft, im Körper wie im Geist. Ich fand noch nie bei einem andern Kranken, daß die Genesung sich so wunderbar beeilte, wie sie bei mir es tut. Was ich noch vor drei Tagen für ganz unmöglich hielt, das kommt mir jetzt, wo ich die Fläche überblicke, die vielen Pferde unten stehen sehe und rechts da drüben meinen Assil schaue, in meiner Stimmung recht gut möglich vor – – – ihn gegen unsre Feinde selbst zu reiten.“
„Effendi, welch ein Gedanke!“ rief Kara aus, indem
Weitere Kostenlose Bücher