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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mensch bin, der sich Unwahres ersinnt, um sich zu retten, und wirst mich dann, wenn ich es nicht tue, nur um so höher schätzen. Ich habe mit dem Scheik ul Islam wirklich nichts zu tun. Nimm mich jetzt wieder mit, und führe mich in dein Haus, so werde ich dir die Beweise geben, daß ich nur zu Euerm Glück zu Euch gekommen bin. Ich teile dir alle Geheimnisse dieser Ruinen und sämtliche Absichten eurer Feinde mit. Ihr wandelt schnurgerad in das Verderben. Ich aber zeige Euch den Rettungsweg! Die Faust ist hoch erhoben, die Euch treffen soll. Wenn nicht schon heut, so fällt sie doch ganz sicher morgen auf Euch nieder. Ich aber, der ich alles weiß, werde als Euer Beschützer bei Euch wohnen und – – –“
    „Und dann mit deiner Pekala beim neuen Schah in Isfahan erscheinen!“ fiel ich da ein. „Du Narr! Das war die letzte deiner falschen Karten. Zu denken, daß wir diesem Trumpf glauben, nachdem wir alle andern schon als falsch erkannten, ist nicht mehr Wahnsinn, ist Vermessenheit! Fort, Kara, nur fort!“
    Uns von ihm abwendend, senkten wir die Ruder. Einige kräftige Schläge und der Stein lag schon im tiefsten Dunkel.
    „Halt, halt! Ich will gestehen, gestehen – – – gestehen!“ schrie es hinter uns, und alle Säulen hallten es wider.
    Wir kehrten uns nicht daran und überließen ihn der Finsternis, die nicht nur um ihn, nein, auch in ihm gähnte. – – –

DRITTES KAPITEL
    Vor dem Rennen
    Am nächsten Morgen vermaß ich mit Karas Hilfe die Ruinen, so unauffällig wie möglich. Die Aufmerksamkeit der Dschamikun war derart auf den Rennplatz gerichtet, daß sie uns gar nicht beachteten. Ich fand, daß meine Vermutungen mich nicht getäuscht hatten. Die Seitenkanäle lagen genau unter den sich amphitheatralisch erhebenden einzelnen Stockwerken. Und das Alabasterzelt stand, allerdings in viel größerer Höhe, ebenso genau über der Nische des hintern Bassins.
    Nachdem ich dieses festgestellt hatte, machte ich einen Spazierritt, ja, einen Spazierritt, freiwillig ohne daß ich vom Pferd dazu gezwungen wurde. Es ging vortrefflich, rund um den See, hübsch langsam und bedächtig bis Assil auf den Gedanken kam, doch auch mal einen Trab mit mir zu versuchen. Das schuckerte ein bißchen, und ich kam einige Male etwas schief auf die Seite; aber ich konnte mich doch unmöglich vor meinem eignen Pferd blamieren und so hielt ich es nolens volens aus. Da kam mir eine Schar von Jungen entgegen, welche, hier wie überall, den künftigen Ereignissen vorzugreifen suchten. Die kleineren saßen auf alten Ziegenböcken, die größeren auf Eseln. Laut schreiend, lachend, jubelnd kam mir diese Bande entgegen, mit allen Beinen zappelnd und mit allen Händen in der Luft. Sie füllten den ganzen Weg und keinem fiel es ein, mir auszuweichen. Das sah Assil ebenso gut wie ich. Er wollte sie nicht über den Haufen rennen, prallte mitten im Trab auf die Seite und stand fest. Das gab für mich zwei ganz unerwartete Stöße, die mich allerdings nicht im geringsten geniert hätten, wenn ich schon wieder bei vollen Kräften gewesen wäre. So aber war ich nicht stark genug mich in den Bügeln zu halten. Ich verlor die Balance und wäre wohl herabgestürzt, wenn ich nicht schnell den zweiten Stoß benutzt hätte, in möglichst unlächerlicher Weise aus dem Sattel zu kommen. Ich schwang mich auf den Sattelknopf stützend, das eine Bein über das Kreuz des Pferdes auf die andere Seite herüber, um der Sache den Anschein zu geben, als ob ich absichtlich habe hinabgleiten wollen, doch hatte ich diesem Schwung trotz meiner Entkräftung oder noch wahrscheinlicher grad wegen derselben zu viel Kraft gegeben und kam darum nicht nur ganz elegant vom Pferde herab, sondern setzte mich noch viel eleganter auf den Boden nieder.
    Für einen Augenblick war ich ganz starr darüber, daß mir, mir, mir so etwas hatte geschehen können. Auch Assil drehte den Kopf herum, hob sehr verwundert den Schweif und spielte mit den Ohren, als ob er diese ganze, kolossale Fatalität für gar nicht wahr, sondern nur für eine ausgesonnene Geschichte halte. Dann stand ich auf und gab mir Mühe, ein möglichst unbefangenes Gesicht zu machen, ungefähr so, wie ein Pudel, der beim heimlichen Milchtrinken ertappt worden ist und sich noch schnell den weißen Schnurbart abwischen will, aber doch nicht kann. Es verfing auch nicht im geringsten. Die Zeugen meiner ‚öffentlichen Sitzung‘ waren halten geblieben, und alle Ziegenböcke, Esel und Jungens richteten

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