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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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reißt, um sie in alle Lüfte zu zerstreuen. Dann sind wir wieder Herren unseres Dunkels und lassen niemals mehr ein Licht in die Ruinen scheinen. Der letzte Tag des Soldes fand nicht statt, weil wir ja fern von der Yähudeh waren, und auch den nächsten werden wir versäumen, weil wir hier mit dem Ustad abzurechnen haben. Es gibt ein Rennen hier, das uns gelegen kommt. Es bietet uns den Anlaß, zu erscheinen, und doch durch unsere Zahl nicht aufzufallen. Wir bringen unsere schnellsten Renner mit und werden dieses Vorspiel unbedingt gewinnen.“
    Hier machte er eine Pause. Er verstellte seine Stimme, wobei ihn seine Larve und der dumpfe Widerhall dieses Raumes unterstützten. Auch bemühte er sich, in Beziehung auf seine Gestikulationen alles zu vermeiden, was ihn verraten könne. Aber die eigenartige, hochmutsstolze Haltung war nicht wegzubringen; auch die Figur stimmte ganz genau, und so war ich überzeugt, Ahriman vor mir zu haben. Er fuhr fort:
    „Dem Vorspiel wird sofort die Handlung folgen; wir lassen keine Zwischenzeit entstehen. Ihr kennt den Plan und seid zum Schlag bereit. Doch kann ich euch die Stunde noch nicht sagen. Ihr habt für nächsten Freitag, grad um Mitternacht, hinauf zum Dschebel Adawa zu kommen; dort fällt das letzte Wort, das Urteil, die Entscheidung. Heute aber bringe ich euch den Scheik ul Islam mit, um euch durch sein Erscheinen zu beweisen, daß wir in Wirklichkeit verbündet sind und also uns der Sieg nicht fehlen kann.“
    Er winkte. Da kam der Scheik ul Islam herbei. Sein Gesicht war nicht verhüllt, sondern frei. Er zeigte sich nicht im Geringsten durch die Situation gedrückt oder gar verlegen, sondern tat ganz so, als ob er in seinem Element sei, gütig, menschenfreundlich, salbungsvoll. Er sagte jedem einige verbindliche Worte, reichte dem Henker sogar die Hand und trat dann wieder auf die Seite. Die Vorstellung war beendet, und Ahriman Mirza sprach weiter, doch nur noch wenig:
    „Für heute sind wir nun also fertig. Zieht euer Volk so nahebei heran, daß es mit einem Marsch von zwei Tagen das Tal der Dschamikun erreichen kann; doch muß das völlig unbemerkt geschehen! Die anderen Pädärahn sind übers Land verteilt und warten nur auf hiesigen Erfolg, um ihrerseits sofort auch loszuschlagen. Jetzt geht! Ihr seid entlassen!“
    Dieser Befehl schien sie zu verwundern. Der Henker fragte:
    „Heut wir voran? Du gingst doch stets zuerst!“
    Da fuhr der Emir zornig auf:
    „Was hast du noch zu fragen, wenn ich befohlen habe! Ihr geht – – – ich bleibe noch! Soll ich dich etwa um Erlaubnis bitten? Du weißt es: Wenn ich bitte, geschieht es nur mit solchen Lippen hier!“
    Er zog eine Pistole hervor und zielte ihm nach der Stirn. Da wandte sich der Bedrohte schnell ab und griff nach seiner Kerze, um sich zu entfernen.
    „Die Lichter laßt ihr hier!“ gebot der Emir. „Ich werde sie dann später selbst verlöschen. Ihr geht wie gewöhnlich – – – in den vorgeschriebenen Pausen – – – kein Wort wird gesprochen – – – hinaus!“
    Der Henker verschwand sofort. Die anderen folgten ihm nach und nach. Erst als der letzte gegangen war, steckte der Emir die Pistole zu sich, lachte verächtlich auf und sagte:
    „Lumpenpack! Das ist nur zu gebrauchen, wenn ihm die Angst durch alle Knochen zittert!“
    „Ich halte es anders“, antwortete der Scheik ul Islam. „Bei mir regiert die Liebe!“
    „Aber was für eine! Ich kenne sie! Wir beide wollen uns doch gegenseitig nicht etwa etwas weismachen! Meine Unerbittlichkeit ist offen, ist ehrlich; die Scham verbietet ihr, sich zu verstellen. Eure Liebe ist aber der Eigennutz in allerhöchster Potenz. Sie vernichtet in einem einzigen Jahr mehr Existenzen, als ich in einem ganzen Jahrhundert zerstören könnte! Du weißt, daß ich dich kenne. Darum hast du auch niemals versucht, mir gegenüber deine heilige Maske festzuhalten!“
    Da trat ihm der Scheik ul Islam näher, richtete sich hoch auf und sprach:
    „Ja, dir gegenüber stehe ich Mann gegen Mann, Geist gegen Geist. Du bist die vernichtende Verneinung, ich bin die zerstörende Übertreibung der Bejahung. Ich bejahe nur für mich, für mich; was aus der Menschheit wird, ist mir vollständig egal. Darum haßt du mich – – – grimmig – – – zum Zerreißen!“
    „Hassen?“ lachte der Emir. „Noch mehr, noch schlimmer: Ich verachte dich! Zum Hassen ist nur Eure leutselige Liebe fähig, weiter niemand. Ich will Edles erreichen, indem ich das Gemeine

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