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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn das? Der setzte sich ganz ruhig auf den nächsten Stein, putzte die Schuppen von den Kerzen und sagte in einem Ton, als ob er ein höchst gleichgültiges Gespräch fortzusetzen habe:
    „Es ist also nicht nötig, daß ich dir hier noch etwas zeige?“
    „Nein, keineswegs!“ antwortete der andere, noch immer scharf.
    „Dann könnte ich ja gehen!“
    „Allerdings!“
    „So möchte ich vorher wissen, wie diese deine Leute hier hereingekommen sind! Wir ließen sie am Bach zurück, wo unsere Pferde jetzt noch stehen!“
    „Ich liebe die Geheimniskrämerei ebenso wie du. Darum sage ich dir: Ich verwandelte sie in Geister und rief sie durch die Mauern“, antworte der Scheik ul Islam höhnisch.
    „Das klingt sehr leicht begreiflich. Du treibst also als Scheik ul Islam Hokuspokus! Eine neue, sehr interessante Seite von dir! Jedenfalls bist du ein außerordentlich begabter Mensch! Wahrscheinlich läßt du sie ganz in derselben Weise, wie sie gekommen sind, auch wieder gehen?“
    „Ja.“
    „Und was geschieht mit dir selbst?“
    „Nichts anderes. Ich werde Geist und lasse mich verschwinden.“
    „Darf man das sehen?“
    „Nein, denn du bist noch nicht so unsterblich wie wir. Für euch Irdische ist so etwas nicht!“
    „Wirklich nicht? Solltest du dich da nicht irren? Auch wir Irdische verstehen etwas von eurer Magie, wenn auch nicht alles. Ich habe es zwar nicht so weit gebracht, mich selbst verschwinden zu lassen, aber mit anderen bringe ich es doch schon fertig. Und ich verfahre dabei nicht so geheimnisvoll wie du. Wenn ich nächstens einmal meinen Zauberstab schwingen werde, so lade ich dich dazu ein. Ja, ich bin sogar sehr gern bereit, dich selbst verschwinden zu lassen. Zunächst aber haben wir uns morgen bei den Taki drüben zu treffen?“
    „So wurde ausgemacht, und so hat es zu bleiben!“
    „Und Freitag auf den Dschebel Adawa?“
    „Auch da. Du natürlich als Emir!“
    „Den du aber nicht kennst?“
    „Sei unbesorgt! Es liegt in meinem eigenen Interesse, keinen Menschen erfahren zu lassen, daß ich dich entlarvte.“
    „Und diese Leute hier?“
    „Sind verschwiegen!“
    „So gehe ich jetzt!“
    Er stand vom Stein auf.
    „Meine Pistole!“ gebot er, die Hand ausstreckend.
    Der, welcher sie noch in der Hand hielt, gab sie ihm.
    „Hier liegt meine Maske und dort meine Peitsche. Soll ein Kaiser sich bücken?“
    Das klang so zwingend, daß man beide aufhob und ihm gab. Er steckte Larve und Waffe zu sich, hieb mit der Peitsche verächtlich hinter sich und sagte:
    „Also nun los mit dem Hokuspokus! Hier und überall! Ich aber liebe den festen Weg zum Pferd. Wollen sehen, wer eher in den Sattel kommt, ihr oder ich! Vergeßt aber nicht, die Lichter zu entfernen! Ihr seid ja Dunkelmänner. Und wenn auch nur der geringste Schimmer zurückbleibt, entdeckt man euer Tun und Treiben und klopft euch auf die Finger. Also macht es finster – finster – – – finster!“
    Er schwippte noch einmal mit der Peitsche und ging.
    „Nun schnell diese Tür wieder auf!“ gebot der Scheik ul Islam. „Wir wollen ihm doch zeigen, daß wir noch eher bei den Pferden sind als er; ich sehe nach, ob er sich auch wirklich entfernt.“
    Bei diesen Worten eilte er hinter dem Emir her. Wir hörten unter uns dasselbe Steinschlürfen und sahen die drei Männer nicht mehr. Sie standen unter der Empore bei der Bundeslade. Da kam er wieder herein und berichtete:
    „Er ist wirklich fort; ich sehe ihn schon nicht mehr. Merkt euch hier folgendes! Die Dschamikun werden natürlich glauben, daß wir von außen kommen. Demzufolge besetzen sie die Zugänge zu dem Tal. Wir aber dringen durch diesen Gang heimlich zu den Ruinen, verbreiten uns da leise, bis alle beisammen sind, und fallen dann über sie her. Nun weg mit den Kerzen, und rasch fort durch den heiligen Stein! Wer weiß, wie vielen er schon als letzte Ausflucht diente, wenn sich die Menschen hier von Zeit zu Zeit die Auserwählten Allahs nicht mehr gefallen lassen wollten!“
    Es wurde dunkel; die Steine schliffen wieder, und dann war nichts mehr zu hören. Die Vorsicht gebot mir, noch zu warten.
    „Effendi, es ist vorbei. Wollen wir nicht gehen?“ fragte der Aschyk halblaut herüber.
    „Nein“, antwortete ich. „Der Emir verhielt sich zuletzt derart, daß ich seine Rückkehr vermute. Also still!“
    Es verging nach meiner Schätzung wohl über eine halbe Stunde, und schon griff ich in meine Tasche, um die Kerze herauszunehmen und anzubrennen. Da gab es draußen

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