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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Agraffe dazu, so kann man jede Gefahr in ihr gerades Gegenteil verwandeln, indem man sich für den Emir-y-Sillan ausgibt. Meinst du nicht auch?“
    „Welch eine Idee! Woher mag sie dir gekommen sein? Derartige Gedanken sind niemals Sondergeburten irgendeines menschlichen Gehirns, sondern sie stammen aus einem verborgenen Zusammenhang, in welchem ihre Resultate vorherberechnet werden und dann einzufügen sind. Tue es, mein Freund, tue es! Ich bin überzeugt, daß du damit einer Absicht folgst, die weiter schaut als wir.“
    Er ging, und ich stieg zu mir hinauf. Wie kam es doch nur, daß ich nun während des Tages so oft an diese unsere Verkleidung denken mußte? Ich legte sie an und wieder ab – – – um sie zu probieren, redete ich mir ein. Der Mensch sieht eben nicht weiter, als er kann! Als Schakara mir das Abendessen brachte, lächelte sie mich verständnisvoll an. Ich hatte mich nämlich schon umgezogen, und sie kannte den Grund, der ihr vom Ustad mitgeteilt war.
    „Sobald du gegessen hast, wird er kommen, um dich abzuholen“, sagte sie. „Die Pferde werden von Kara heimlich gesattelt.“
    „Mein Syrr aber nicht“, fiel ich ein. „Sage ihm das! Ich tue es selbst. Bereithalten mag er das Zeug; angelegt wird es nur von mir.“
    Ich hatte meine geladenen Revolver bereitgelegt. Als der Ustad kam, steckte ich sie zu mir. Er war der Verabredung nach gekleidet und hatte den langen Bart unter den Anzug geknöpft und das Haupthaar unter die Lammfellmütze emporgekämmt, so daß beides nicht zu sehen war. Die Reitpeitsche des Mirza steckte im Gürtel. Eben wollten wir gehen, da erschien der Aschyk unter der Tür. Er erschrak, als er uns stehen sah, denn er hielt uns im ersten Augenblick für wirkliche Perser. Als er uns aber erkannte, rief er aus:
    „Allah sei Dank! Fast glaubte ich, Ahriman Mirza sei mit hier! Warum tragt ihr diese Kleidung, Effendi?“
    „Um nicht erkannt zu werden, falls man uns sehen sollte“, antwortete ich. „Wir wollen nach dem Dschebel Adawa hinüber.“
    „Und ich komme geraden Wegs von dorther! Ich bringe zwei wichtige Neuigkeiten, eine schriftliche und eine mündliche. Der Scheik ul Islam glaubt, ich sei hier Euer Gast und komme nur zu ihm, um Euch zu verraten. Ich besitze darum sein Vertrauen und habe Euch aufgezeichnet, was ich heut von ihm erfuhr. Es sind die Orte, an denen losgeschlagen werden soll, sobald der Streich gegen Euch gelungen ist. Auch die Namen der Anführer stehen dabei, lauter fromme, hochangesehene Männer.“
    Er reichte auf meinen Wink das Verzeichnis dem Ustad hin und fuhr dann fort:
    „Die andere Nachricht wird Euch wahrscheinlich noch mehr erfreuen. Ist Euch ein junger Taki-Kurde bekannt, welcher Ibn el Idrak (Sohn des Verstandes) heißt?“
    „Sehr gut sogar“, antwortete der Ustad. „Du nennst ihn jung, er sitzt aber schon seit Jahren in der Dschema. Sein Vater, der reichste Mann des Stamms, ließ ihn in Teheran studieren und dann weite Reisen machen. Er ist unterrichtet, klug und ehrlich. Man sagt, daß er ein heimlicher Gegner des Scheik ul Islam sei und unter den Taki einen nicht unbedeutenden Anhang besitzt. Er war schon einigemale hier mein Gast, und ich meine, daß wir beide Wohlgefallen aneinander gefunden haben.“
    „Hältst du ihn einer Hinterlist für fähig?“
    „Nein, auf keinen Fall.“
    „So kann ich dir sagen, daß er eine Unterredung mit dir wünscht.“
    „Wann?“
    „Heute.“
    „Wo? Hier bei mir?“
    „Nein. Dazu hat er keine Zeit, wegen der wichtigen Sitzungen, welche die Dschema jetzt fortwährend hat, sogar heut noch um Mitternacht. Auch soll diese Unterredung eine heimliche sein. Er läßt dich bitten, zwei Stunden nach Mitternacht an den Bach des Dschebel Adawa zu kommen, du allein und er allein. Von der Quelle an zählst du die fünfte große Windung des Wassers. Dort steht ein einzelner hoher Baum, unter dem er dich erwarten wird.“
    „Sonderbar! Wie kommst du zu diesem Mann? Wäre es ein anderer, so würde ich einen Hinterhalt befürchten, obgleich ich nicht wüßte, wozu ihm das nützen sollte!“
    „Ich kann dir nicht zürnen, wenn du an mir zweifelst. Aber ich darf dir auch nicht antworten, denn ich habe Ibn el Idrak Verschwiegenheit geloben müssen, um Euch nützen zu können. Behalte mich hier, und gib Befehl, daß ich erschossen werde, wenn dir etwas geschieht!“
    „Daß ich ein Tor wäre! Ich glaube dir und ihm und werde also kommen.“
    „Ich danke dir! Auch dein jetziger Anzug paßt. Es gibt

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