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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Nachricht nur unsern persischen Anzügen zu verdanken hatten.
    Nun kam es darauf an, den Gefahren des Gesehenwerdens für uns vorzubeugen. Die Helligkeit erlaubte es nicht, uns etwaigen Beobachtungen vom Dschebel Adawa aus zu entziehen. Unser einziger Schutz bestand in der Vortäuschung, daß wir vom Lager der Takikurden nach dem Berg kämen. Daher umritten wir ihn in einem weiten Bogen, bis wir an seine westliche Seite gelangten, wo auch das Wasser floß, an dem sich Ibn el Idrak einstellen wollte. Dieser Bach war weit hinaus mit Buschwerk besetzt und bot uns also die beste Gelegenheit, uns unter guter Deckung anzunähern. Das glückte uns aufs Beste. Wir folgten den Windungen des Wassers und kamen also auch an diejenige, wo die Unterredung mit Ibn el Idrak stattfinden sollte. Es stimmte, daß ein einzelner, hoher Baum da stand. Nun brauchte der Ustad diesen Ort nicht später erst zu suchen.
    Jetzt handelte es sich zunächst um eine verborgene Stelle für unsere Pferde, bei denen ich zu bleiben hatte, weil Kara mit hinauf mußte, um dem Ustad den hohlen Holunderbaum zu zeigen. Sie sollte sich bald finden. Als wir eine Strecke längs der Südseite des Berges geritten waren, schnitt eine schmale Schlucht tief in die Felsenmassen ein. Sie war nicht offen, sondern durch eine hohe, starke, uralte Mauer abgesperrt, deren obere Kante höchst unregelmäßig verlief, weil die Werkstücke von dort herabgestürzt waren und nun unten wirr durcheinander lagen. Diese Mauer hatte zu ebener Erde eine schmale Toröffnung, auf welche der Ustad zuritt, indem er sagte:
    „Das ist die Diwar-y-Mugasa (Mauer der Vergeltung). Weshalb sie so genannt wird, weiß ich nicht. Wahrscheinlich hat sie einst als eine Art von Talsperre gedient. Jetzt ist dieser Ort so verrufen, daß man ihn am hellen Tage meidet, wieviel mehr also jetzt, des Nachts. Du wirst hier ungestörter sein als an jeder andern Stelle, Effendi. Man behauptet, wenn der Teufel eine Seele hole, so schaffe er sie des Nachts hierher, um sie zu zerreißen.“
    „Angenehme Wartestation!“ lachte ich. „Bei der bekannten Leichtgläubigkeit der frommen Taki-Kurden bin ich da allerdings im höchsten Grade vor menschliche Besuchen sicher. Andere aber können mich nicht stören.“
    Wir stiegen ab, führten unsere Pferde zwischen den Steinen hindurch dem Tor zu und befanden uns, als wir dasselbe passiert hatten, zunächst in einem oben zugebauten Raum, in dem es vollständig dunkel war.
    „Daran habe ich nicht gedacht“, fuhr der Ustad fort. „Wir hätten Licht mitnehmen sollen.“
    „Habe ich“, sagte ich, indem ich eines aus der Tasche nahm und anbrannte.
    Man hatte einen viereckigen, mit einem Dach versehenen Anbau an die Mauer gefügt. Hinten ging eine Öffnung in die Schlucht; sie war von außen dicht verwachsen. In der Mitte der Dunkelkammer lag eine große Steinplatte. Weiter war nichts zu sehen. Da uns die Vorsicht verbot, die Pferde gleich hier unterzubringen, wo es im unerwünschten Fall weder ein Verbergen noch ein Entrinnen gab, versuchten wir, durch die Öffnung hinaus in das Freie zu dringen, doch ohne die hindernden Büsche, welche diese Tür verstopften, in auffälliger Weise zu verletzen. Es gelang. Draußen war es halbdunkel, denn die Sterne fehlten in dieser schmalen Schlucht, deren Felsenwände ganz beträchtlich in die Höhe stiegen. Es war keineswegs ein einladender Ort, an dem wir uns befanden. Seine Düsterheit stimmte ganz zu der teuflischen Idee, von welcher der Ustad gesprochen hatte. Wir führten die Pferde ein beträchtliches Stück in die Enge hinein und ließen sie sich niederlegen. Dann wurde es für Kara und den Ustad Zeit, ihren Gang nach der Bergeshöhe anzutreten. Ich bat sie, das Gebüsch an der Tür zu schonen, damit wir nicht durch abgebrochene Zweige verraten würden; dann entfernten sie sich. Ich aber setzte mich zu Syrr, doch so, daß ich jeden Nahenden eher bemerken konnte als er mich.
    Es verging Viertelstunde um Viertelstunde. Die Mitternacht kam. Also befanden sich meine beiden Kameraden jetzt wahrscheinlich oben auf ihrem Lauscherposten. War es ihnen gelungen, den Ort der Zusammenkunft zu entdecken? Eben legte ich mir diese Frage vor, da sah ich zwei Gestalten, welche langsamen Schrittes von der Mauer her nach hinten kamen – – – persisch gekleidet; sie waren es. Da stand ich auf.
    „Bleib ruhig sitzen!“ sagte der Ustad. „Wir haben über eine Stunde zu warten, ehe ich nach dem Bach gehen kann.“
    „Eure Absicht ist

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