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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unsere Ansicht hierüber gefragt zu haben.“
    „Will das der Ustad dulden?“
    „Er wartet noch. Kommt seine Zeit, so wird er zu handeln wissen. Und nun schau dort hinaus, jenseits des Sees! Da baut man ein drittes, großes Zelt. Das ist für Ahriman Mirza. Er hat, auch ohne zu fragen, diese Stelle gewählt, weil seine Schatten und Massaban von jener Seite heranziehen werden. Der Anfang zu der Umzingelung wird also schon heut gemacht. Aber ebenso von heute an sind auch schon unsere nahen und fernen Posten ausgestellt, welche dafür sorgen, daß wir jede feindliche Annäherung rechtzeitig erfahren. Die sämtlichen Dschamikun stehen bereits unter Waffen, wenn sie es auch nicht sehen lassen, die hiesigen wie auch die auswärtigen. Ebenso auch die Kalhuran, mit denen wir verbündet sind. Sie haben bereits ihre besten Reiter und Rennpferde gesandt. Da schau hinab, wie sie schon üben! Was der Ustad für einen Verteidigungsplan entworfen hat, das weiß ich nicht; aber er sagte mir, ich solle Marah Durimeh nicht um Hilfe bitten; wir seien stark genug. Diese Zuversicht ist höchst beruhigend. Ich habe aber trotzdem einen Boten an sie gesandt, und ihre noch nie besiegten, wohlgewappneten Reiter werden zur rechten Zeit erscheinen. Du weißt ja“, fügte sie lächelnd hinzu, „die Seele ist selbst dann noch gern für den Geist besorgt, wenn er meint, seiner Sache vollständig sicher zu sein!“
    Eben als sie dies sagte, bemerkten wir eine lebhafte Bewegung, welche sich schnell über den ganzen Duar verbreitete. Die Ursache war ein jetzt aus dem Osten angekommener Reiter, welcher allen, die es hören wollten, eine Neuigkeit verkündete und dann herauf zum hohen Haus lenkte. Als er durch das Tor kam, erkannten wir ihn. Es war der Reitknecht unseres Dschafar Mirza. Er hatte der Hilfe des Schah als Führer gedient und war ihr eine Strecke vorausgeritten, um zu melden, daß hundert Mann der Ghulman-i-Schahi (kaiserliche Leibgardisten) im Anzug seien. Er brachte das Pferd des Hauptmanns mit. Zu gleicher Zeit kam die Gul-i-Schiras mit ihrem Hofstaat auf unserm gestrigen Weg links heraufgeritten, und in kurzem Abstand folgte ihr der Scheik ul Islam mit seinem hochtrabenden weltlichen und geistlichen Stab. Sie ritten direkt nach den Ruinen, von denen sie Besitz ergriffen, als ob sie da zu Hause seien. Ihre Rennpferde wurden ihnen nachgeführt.
    Schon nach einigen Minuten schien sich zwischen den beiden Parteien ein Streit über den Platz entspinnen zu wollen, kam aber für dieses Mal nicht ganz zum Ausbruch, weil die Aufmerksamkeit der sich Entzweienden nach Osten abgelenkt wurde, wo jetzt die Leibwache auf der Bildfläche erschien. Diese außerordentlich gut berittenen und bewaffneten, glänzend uniformierten Hundert erregten Verwunderung. Wie kam der Ustad zu der noch nie dagewesenen Auszeichnung, vom Kaiser eine so direkte Unterstützung zu empfangen?! Aber diese Verwunderung verwandelte sich wohl gar in Schreck, als hinter dieser Leibkavallerie noch ein Artilleriezug von zwanzig Zambureks (Kamelkanonen) erschien, dem eine ganze Reihe Bagage und Munition tragender Kamele folgte. Zwanzig Kanonen! Wenn auch nur so kleine! Wenn solche Abwehrmittel den Dschamikun zur Verfügung standen, so war es doch wohl nicht so leicht, mit ihnen anzubinden, wie man gedacht hatte! Und wozu oder warum waren dem Ustad diese Truppen geschickt worden? Er wußte doch nicht das Geringste von dem geplanten Angriff gegen ihn! Er sollte doch vollständig überrascht werden! Sollte er doch vielleicht etwas erfahren haben? Aber von wem? Es galt vorsichtig zu sein! Vor allen Dingen gegen die eigenen Verbündeten!
    Jetzt stieg der Hauptmann hier oben zu Pferd, um hinabzureiten und die zwar kleine, aber kriegerisch gewichtige Schar zu empfangen und seinen Absichten gemäß unterzubringen. Ihre Ankunft hatte auch da draußen bei Ahriman Mirza Aufsehen erregt. Er kam am See herbeigeritten, anscheinend um der Prinzessin seinen ersten Besuch in ihrer neuen Wohnung zu machen, denn er hatte sein Gefolge bei sich, genau dieselben Personen, die am Sonntag voriger Woche drüben am Beit-y-Chodeh mit ihm unser Fest gestört hatten. Das war eine Art von Demonstration, die wir ihm gönnen konnten, da er uns unvorsichtigerweise durch sie verriet, daß seine Unteranführer bei ihm angekommen seien. Er ritt, ohne im Duar anzuhalten, direkt nach den Ruinen. Als er vor dem Zelt abstieg, kam die Gul heraus, ihn zu begrüßen. Hierbei sah ich sie zum ersten Mal. Sie führte ihn

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